Politik

Biosimilars: Experten kritisieren automatische Substitution in der Apotheke

  • Mittwoch, 16. Februar 2022
/hafakot, stock.adobe.com
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Berlin – Bei einem Symposium haben Fachleute aus verschiedenen Bereichen des Gesundheitswesens den vorgesehenen automatischen Austausch von Biologika durch Biosimilars in der Apotheke kritisiert.

Sowohl Vertreter von Ärzte- und Apothekerschaft als auch von Patienten und der pharmazeutischen Industrie waren sich darin einig, dass eine solche automatische Substitution in der Apotheke für die Therapie der Patienten problematisch sein könnte.

„Eine ganz wesentliche Voraussetzung für eine gute Therapie mit Biosimilars ist, dass die Patienten sehr gründlich über diese Arzneimittel informiert werden“, betonte der Vorsitzende der Arzneimittelkommis­sionen der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ), Wolf-Dieter Ludwig, gestern auf einem Symposium der AG Pro Biosimilars.

„In der Apotheke besteht das Risiko, dass der Informationsfluss nicht so gut funktioniert wie beim Arzt.“ Wenn der Patient in der Apotheke höre, dass er aus wirtschaftlichen Gründen ein anderes Arzneimittel bekommen solle, werde er es vielleicht nicht nehmen.

Primär ärztliche Aufgabe

Grundsätzlich befürwortet die Akdä den Einsatz von Biosimilars bereits seit langem. „Biosimilars unter­scheiden sich in ihrer pharmazeutischen Qualität, Wirksamkeit und Sicherheit nicht von ihrem Referenz­arzneimittel“, hatte Ludwig unter anderem im Januar 2019 auf einem Kongress des Bundesverbandes Managed Care (BMC) erklärt. Um Arzneimittelkosten zu sparen, sollten Patienten, die auf ein Biologikum eingestellt sind, deshalb auf ein Biosimilar umgestellt werden.

Da es sich bei Biologika und Biosimilars jedoch um eine sehr sensible Gruppe von Medikamenten han­dele, müssten die Patienten ausführlich über deren Wirkweise informiert werden, sagte Ludwig jetzt: „Das sehe ich als primär ärztliche Aufgabe an.“ Ärztinnen und Ärzten kennen die individuelle Situation der Patienten. Sie könnten deren Ängste beurteilen und sie besser aufklären, als es Apotheker in der Apotheke könnten.

Einsparungen in Milliardenhöhe

Zum Hintergrund: Im Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) hat die große Koalition den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) im Jahr 2018 damit beauftragt, spätestens bis zum 16. August 2022 die Austauschbarkeit von Biosimilars in der Apotheke zu regeln. Ähnlich wie beim auto­matischen Austausch von Generika in Apotheken verspricht sich der Gesetzgeber dadurch Einsparungen bei den Arzneimittelkosten.

Walter Röhrer, Vorsitzender der AG Pro Biosimilars, betonte, dass die Einsparungen durch den Wettbewerb zwischen den Biosimilars bereits so hoch seien, dass sie die Forderungen der Politik nach Einsparungen erfüllten. Demnach hätten sich die Einsparungen durch Biosimilars von 659 Millionen Euro im Jahr 2019 auf 1,1 Milliarden Euro im Jahr 2020 erhöht. Und im ersten Halbjahr 2021 hätten sie bei 704 Millionen Euro gelegen.

Kritik von Apothekern und Patientenvertretern

Auch die Präsidentin der Apothekerkammer Berlin, Kerstin Kemmritz, kritisierte die vorgesehene automa­tische Substitution von Biologika in der Apotheke. „Biologika sind keine Generika“, betonte sie. „Es sind ganz spezielle Arzneimittel mit einem besonderen Herstellungsprozess.“ Diese Arzneimittel müssten erklärt werden. Nur, wenn dies gewährleistet werden könne, sei die Medikation auch sicher.

Der Bundesgeschäftsführer der BAG Selbsthilfe, Martin Danner, sagte: „Eine automatische Substitution in der Apotheke sehen wir absolut kritisch. Natürlich sind wir dafür, Wirtschaftlichkeitsreserven zu haben. Bei Rabattverträgen ist das aber problematisch, weil immer die Gefahr besteht, dass dabei über vertrag­liche Regularien in die medizinische Versorgung eingegriffen wird, die nicht immer mit der medizi­nischen Sichtweise kompatibel sind.“

Danner betonte, dass der Gesetzgeber dem G-BA einen klaren Auftrag gegeben habe. „Der G-BA kann jetzt nicht entscheiden, diesen Auftrag nicht auszuführen“, so Danner. „Der einzige, der diesen Auftrag zurücknehmen kann, ist der Gesetzgeber.“

fos

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