BMG legt „Überlegungen“ zu Coronaselbsttests vor

Berlin – Im Vorfeld der morgen stattfindenden Bund-Länder-Konferenz sind aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) neue „Überlegungen“ zur nationalen Teststrategie bekannt geworden. In dem Papier, dass dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt, wird diskutiert, wie eine neue Teststrategie besonders unter dem Eindruck von Erfahrungen seit dem Herbst 2020 mit den Point-of-Care-(PoC)-Antigenschnelltests erweitert werden könnte.
Die Kosten könnten für den Bund dafür könnten pro Monat zwischen 540 und 810 Millionen Euro liegen, heißt es. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte Spahn bereits aufgefordert, entsprechende Zahlen vorzulegen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wurde mit den Worten aus der heutigen Sitzung der Unionsbundestagsfraktion zitiert, wonach sie für umfassende Tests im „April, Mai, Juni“ geworben habe.
Im Papier aus dem BMG liest sich die Entwicklung der Tests so: „Nachdem die meisten Tests diese Qualitätsprüfung ‚bestanden‘ haben sowie nun mehr Tests vonseiten der Hersteller verfügbar seien, könne es eine „qualitative Weiterentwicklung“ der Nationalen Teststrategie geben.
Die Idee: Jeder Bürger und jede Bürgerin könne einen sogenannten „Bürgertest“ in einem Testzentrum des öffentlichen Gesundheitsdienstes, oder von Arztpraxen oder Testzentren von Kassenärztlichen Vereinigungen zwei Mal pro Woche einen PoC-Test durchführen lassen. Das BMG kann sich vorstellen, die Testzentren auch auf „beauftragte“ Dritte deutlich auszuweiten, ähnlich wie bereits im vergangenen Sommer mit den PCR-Testzentren an Flughäfen und Bahnhöfen geschehen.
Das Ergebnis des Schnelltests soll dann schriftlich oder elektronisch dem Getesteten ausgehändigt werden. „Dies gilt zum Beispiel nach Einreise aus bestimmten Risikogebieten, beim Besuch einer Pflegeeinrichtung oder ist denkbar als Voraussetzung zum Betreten bestimmter Einrichtungen," heißt es in dem Papier. Die Vergütung liegt bei 18 Euro, davon entfallen sechs Euro auf den Test und zwölf Euro auf die Testdurchführung sowie das „Testzeugnis“.
Die Kosten sollen aus dem Bundeshaushalt gezahlt werden – das BMG schätzt allerdings die Kosten dafür auf 540 bis 840 Millionen Euro pro Monat, ausgehend von Erfahrungen in Bayern sowie in Österreich, Dänemark und Irland. „Auf vier Monate gerechnet sind das geschätzte Kosten von etwa 2,16 bis 3,24 Milliarden Euro“, heißt es in dem Papier.
Das Ministerium geht davon aus, dass zwei bis 2,5 Prozent der Bevölkerung das Angebot annehmen würde. Von 8,5 Millionen Coronatests gehen Wissenschaftler aus Epidemiologie, Informationstechnologie und Wirtschaftsforschung aus, ein entsprechenden Konzept für Freitestzertifikate entwickelt haben.
Auch die lange diskutierte Einführung von Selbsttests, die ohne medizinisches Fachpersonal oder anders geschultes Personal durchgeführt werden können, wird in dem Papier angekündigt – hier gebe es seit dem 2. Februar die entsprechenden rechtlichen Voraussetzungen. „Selbsttest sind per definitionem dadurch gekennzeichnet, dass sich die Probe durch den ungeschulten Laien korrekt bei sich selbst nehmen lässt“, heißt es.
Das BMG geht von drei Situationen für Selbsttests aus: Sicherheit für „konkrete Situationen“ wie privater Besuch oder ein familiäres Treffen. Auch könnten die Selbsttests an Schüler sowie Beschäftigte abgegeben werden, damit diese auch zwei Mal pro Woche getestet werden können.
„Entsprechende Tests, verbunden mit einer Einführung in den richtigen Gebrauch, müssten durch die Schulen und Arbeitgeber bereitgestellt werden“, heißt es in dem Konzept. Genau dieser Punkt ist offenbar auch Teil der Beschlussvorlage für die Bund-Länder-Konferenz morgen.
Dort heißt es, dass Unternehmen verpflichtet werden könnten, ihren in Präsenz Beschäftigten mindestens einen oder sogar zwei kostenlose Schnelltests pro Woche anzubieten. Die Länder sollen möglicherweise dafür sorgen, dass das Personal in Schulen und Kitas „sowie alle Schülerinnen und Schüler“ mindestens einen oder zwei kostenlose Schnelltests pro Präsenzwoche angeboten bekommen. Heute Abend sollte es noch eine hochrangige Runde von Kanzlerin Angela Merkel mit Wirtschaftsvertretern zur Umsetzung der Teststrategie geben.
Drittes Szenario in dem Papier ist ein Selbsttest „unter Aufsicht / Beobachtung“: Hier geht es vor allem um Tests, die vor einem Besuch in einem Kino, Theater oder Restaurant durchgeführt werden könnten.
Weiterer Diskussionspunkt ist das Verhalten der Menschen bei einem positiven Ergebnis von Selbst- oder Bürgertests: So „sollte“ der positiv Getestete einen Termin für einen PCR-Test vereinbaren „und sich mindestens bis deren Ergebnis vorliegt, in häusliche Isolation begeben“, heißt es. In den vom Bund beauftragten Teststellen für PoC-Antigenschnelltests soll künftig „auch die Möglichkeit bestehen, direkt vor Ort eine weitere Probe zur bestätigenden PCR-Labortestung zu entnehmen und einzusenden.“
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