Politik

Bund zieht Millionenspritze für Krankenkassen vor

  • Mittwoch, 14. Mai 2025
/Stefan Germer, stock.adobe.com
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Berlin – Angesichts der angespannten Finanzlage der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) zieht der Bund eine Millionenspritze vor. Hintergrund ist, dass die Reserve des Gesundheitsfonds – der Geldsammel- und -verteilstelle der Krankenkassen – eine vorgegebene Mindestmarke unterschritten hat.

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) einigte sich daher mit dem Finanzministerium darauf, 800 Millionen Euro Bundeszuschuss bereits Mitte Mai zum Auffüllen der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds zur Verfügung zu stellen.

Wie das Deutsche Ärzteblatt vom Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) erfuhr, wird der Bundesausschuss in Höhe von insgesamt 14,4 Milliarden Euro jeden Monat in gleichbleibenden Teilbeträgen an den Gesundheitsfonds gezahlt.

„Konkret wird aber ein Teil des Bundeszuschusses für Dezember 2025 nun vorgezogen“, sagte ein Sprecher dem Deutschen Ärzteblatt. Ob dies in diese Jahr noch einmal notwendig werde, werde „in enger Abstimmung mit dem BMG beobachtet“, heiß es weiter.

„Die Lage der GKV ist dramatischer als ohnehin angenommen“, sagte Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) dem Handelsblatt. Sie übernehme ein System in „tiefroten Zahlen“. Dass die vorgeschriebene Schwelle bei der Liquiditätsreserve bereits unterschritten sei, sei ein „erster Warnschuss“.

Die kritische Finanzlage ist schon bekannt. Im vergangenen Jahr verbuchten die Krankenkassen ein hohes Defizit von 6,2 Milliarden Euro. Zu Jahresbeginn reagierten die meisten schon mit teils deutlichen Anhebungen der Zusatzbeiträge.

Für den Fall, dass die Reserve die Marke von 20 Prozent der Monatsausgaben des Fonds zu unterschreiten droht, gibt es Mechanismen zum Sichern der Zahlungsfähigkeit der Kassen, wie das Bundesgesundheitsministerium erläuterte. Möglich ist demnach unter anderem, Teile des üblichen Bundeszuschusses von zuletzt 14,5 Milliarden Euro pro Jahr vorzuziehen.

Der GKV-Spitzenverband sieht großen Handlungsbedarf. „Die aktuelle Diskussion über mögliche Liquiditätsengpässe des Gesundheitsfonds zeigt, wie ernst die finanzielle Lage der GKV insgesamt ist“, teilte der Verband der Zeitung mit.

Als ein „Warnsignal für die weitere Entwicklung der Finanzen der Krankenkassen“ bezeichnete Jürgen Hohnl, Geschäftsführer des IKK e.V., die Situation in einer Mitteilung. Er hoffe auf einen schnellen Kurswechsel im Gesundheitsministerium und auf „nachhaltige Lösungen.“

„Mit der geplanten Finanzspritze des Bundes wird die erste Notoperation am offenen Herzen der GKV durchgeführt“, sagte die Radiologin Paula Piechotta, Mitglied im Haushaltsausschuss für die Grüne Bundestagsfraktion. Wenn Beitragserhöhungen im Sommer noch verhindert werden sollten, müsse Kanzler Friedrich Merz (CDU) jetzt handeln und die GKV-Reform zur Chefsache machen.

Union und SPD streben laut Koalitionsvertrag eine Stabilisierung der Finanzlage der GKV und auch der Pflegeversicherung an. Vorschläge für umfassende Reformen soll eine Kommission bis Frühjahr 2027 vorlegen. Daran wurde vielfach Kritik laut, vor allem wegen des langen Zeitplans.

Bayerns Gesundheitsministerin Julia Gerlach (CSU) betonte in einer Mitteilung, dass die Kommission „möglichst rasch“ Ergebnisse erarbeiten müsse. „Wichtig sind auch kurzfristig wirkende Maßnahmen. So müssen künftig deutlich höhere Bundeszuschüsse zu versicherungsfremden Leistungen gezahlt werden.“

Der neue Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) sagte heute in der Regierungsbefragung, man könne kritisieren, dass 2027 zu spät sei. Die Kritik müsse man auch akzeptieren. Aber trotzdem habe man gesagt, dass es sich um so umfassende Systeme handele, dass man Zeit brauche, mit Expertinnen und Experten zu beraten. Das werde man in den nächsten Monaten dann sehr schnell angehen. „Und kommen dann auch zur Entscheidung in der Bundesregierung“, sagte Klingbeil.

Auch Bundeskanzler Friedrich Merz wies heute in seiner ersten Regierungserklärung darauf hin, dass es im Gesundheits- und Pflegesystem grundlegende Strukturreformen braucht. Man werde sich den Rat von Expertinnen und Experten und den Sozialpartnern holen und die Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten im Gesundheitswesen weiter verbessern, sagte er.

dpa/afp/may/bee

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