Politik

Bundesregierung lehnt viele Forderungen der Länder zur Notfallreform ab

  • Freitag, 4. Oktober 2024
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Berlin – Bei der Notfallreform haben die Bundesländer gefordert, aktiv mitentscheiden zu wollen, an welchen Krankenhausstandorten Notdienstpraxen der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) eingerichtet werden sollen.

Dieser Forderung hat die Bundesregierung in einer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates zur Notfallreform eine Absage erteilt. Diese Stellungnahme hatte das Bundeskabinett vorgestern verabschiedet. Sie liegt dem Deutschen Ärzteblatt vor.

Zwar berühre diese Entscheidung auch die Länder im Rahmen ihrer Krankenhausplanung, schreibt die Bundes­regierung in dem Papier. Allerdings sei dies wesentlich eine Entscheidung der Selbst­verwaltungspartner, heißt es weiter. Die Mitentscheidungs- oder Vetorechte der Länder würden im Widerspruch zu der ihnen obliegenden Rechtsaufsicht stehen, erklärt die Regierung.

Die obersten Landesbehörden sollen in den erweiterten Landesausschüssen zu dieser Frage hin mit beraten dürfen und bei Nichteinigung auch die Standorte festlegen dürfen. Die Länder hatten darüber hinaus gefordert, dass die Landesbehörden ein Stimmrecht in den Ausschüssen erhalten sollen.

Die Notfallreform sieht die Einführung von integrierten Notfallzentren (INZ) vor, in der eine Notaufnahme mit einer Notdienstpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) kombiniert wird. Zudem ist die Verknüpfung der Notrufnummer 112 und des ärztlichen Bereitschaftsdienstes 116 117 vorgesehen.

Eine digitale Fallübergabe mit medienbruchfreier Übermittlung bereits erhobener Daten soll wechselseitig möglich sein. Telemedizinische Versorgung und Terminvergaben über das Telefon oder Internet sollen die Not­aufnahmen entlasten.

Neben der Reform der Notfallversorgung ist auch eine Novelle der Rettungsdienste geplant. Vorgesehen ist un­ter anderem eine Trennung der medizinischen Leistung und des Transports. Medizinische Leistungen der Rett­ungsdienste sollen künftig über das Sozialgesetzbuch V (SGB V) bundeseinheitlich als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) abgerechnet werden können. Am 9. Oktober soll der Bundestag erstmalig über die Notfallreform beraten.

Keine finanzielle Beteiligung der Krankenkassen

Abgelehnt wird in der Stellungnahme der Bundesregierung auch die Forderung der Länder, dass sich die Kran­kenkassen bei der Finanzierung zur Sicherstellung der Notfallstrukturen und des Betriebes der Notdienste be­teiligen sollen. Der Notdienst sei Teil des Sicherstellungsauftrages der KVen, erklärt die Bundesregierung. Dem­nach sei er auch durch diese mitzufinanzieren.

Weiter hat die Bundesregierung andere Vorstellungen zu der Frage, wer die Vorgaben zum geplanten standar­disierten digitalen Ersteinschätzungsinstrument definieren soll. Damit soll mit abgestimmten Fragen innerhalb weniger Minuten die Behandlungsdringlichkeit von Patientinnen und Patienten in der Notaufnahme festgestellt werden.

Die Bundesländer hatten gefordert, dass diese Vorgaben über eine Rechtsverordnung aus dem Bundesgesund­heitsministerium (BMG) mit Zustimmung des Bundesrates definiert werden sollen. Die Bundesregierung lehnt dies ab und befürwortet die Definition durch eine Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). „Eine Richtlinie kann gegenüber einer Rechtsverordnung schneller aktualisiert werden und damit gemäß dem Stand der medizinischen Erkenntnisse aktuell gehalten werden“, heißt es in der Gegenäußerung.

Notfallzentren sollen Termine zur Weiterbehandlung ausmachen

Bei der geplanten Regelung, dass die INZ auch Termine zur Weiterbehandlung vermitteln sollen, bleibt die Regierung ebenfalls hartnäckig. Die Länder wollen diese Regelung abschaffen und nennen die Verpflichtung der INZ eine Terminbuchung über das System der Terminservicestellen anzubieten, als nicht zielführend.

„Es ist eine Patientenfehlsteuerung zu befürchten, wenn Patientinnen und Patienten, bei denen kein oder ein nur sehr geringer Akutversorgungsbedarf besteht, die Notfallzentren nur zum Zwecke der Terminvermittlung aufsuchen“, befürchten die Länder. Die Regierung geht nicht von einer Patientenfehlsteuerung aus, da das Auf­suchen eines INZ mit größerem Aufwand verbunden sein dürfte als das Anwählen der Rufnummer der Termin­servicestelle.

Andere Forderungen will die Bundesregierung nun prüfen. So haben die Länder unter anderem gefordert, Haus­besuche im Rahmen der notdienstlichen Akutversorgung nicht 24 Stunden täglich anzubieten, wie es im Not­fallreformgesetz geplant ist. Die Länder begründen dies mit vielen unbesetzten Arztstellen in Teilen Deutsch­lands.

Durch diese Regelung würden kostenintensive Parallelstrukturen geschaffen und medizinisches Fachpersonal gebunden, heißt es in der Bundesratsstellungnahme. Die Bundesregierung räumt ein, dass sie Änderungen an dieser Vorgabe prüfen wolle, vor allem, um die knappen personellen Kapazitäten in der Vertragsärzteschaft zu berücksichtigen.

Prüfen will die Bundesregierung auch die Forderung der Länder nach einer Verlängerung der Fristen, bis wann die Standorte der geplanten INZ ausgesucht sein müssen. Bislang ist vorgesehen, dass die Standorte der INZ nach sechs und INZ für Kinder nach zwölf Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes feststehen müssen. Dies sei nicht realistisch, argumentieren die Länder und fordern zwölf, beziehungsweise 24 Monate Zeit.

Die Regierung hält dagegen: „Bei der Bemessung der Fristen ist ein Gleichgewicht zwischen der Berücksichti­gung des planerischen Aufwandes und dem Erfordernis einer möglichst zügigen Umsetzung zu finden.“ Die Ko­operationspartner könnten in der Regel bereits auf vorhandene Strukturen aufsetzen, heißt es in der Gegen­äußerung.

cmk

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