Corona: Expertenrat sieht in Long und Post COVID Langfristbelastung

Berlin – Long/Post-COVID könnte mit hoher Wahrscheinlichkeit eine langfristige Belastung der Gesellschaft sowie des Gesundheits- und Sozialversicherungssystems darstellen. Dies betont der COVID-Expertenrat der Bundesregierung in einer aktuellen Stellungnahme. Angesichts der steigenden Zahl an Patientinnen und Patienten sei das derzeitige Versorgungsangebot „bei Weitem nicht ausreichend“.
Eine weitere Herausforderung ist laut Expertenrat, dass die begrenzten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu einer „ungenügenden Kommunikation“ zum Thema Long/Post-COVID führen. Dies resultiere in Wissenslücken, Unkenntnis und Verunsicherung in der Bevölkerung. Ungenügende Aufklärung sowie mangelnde Schulung von Risikopersonen, Betroffenen und Versorgenden würden ein hohes Risiko für schwere Erkrankungen, Fehlversorgung und Stigmatisierung bilden.
Die 19 Expertinnen und Experten sprechen sich deshalb dafür aus, ein Maßnahmenbündel zur Etablierung flächendeckender, intersektoraler und interdisziplinärer Versorgungsstrukturen für Betroffene aller Altersgruppen umzusetzen.
Der Aufbau und die geregelte Refinanzierung ambulanter und stationärer Strukturen an Kliniken zur Bündelung der Fachexpertise und Verbesserung des Behandlungsangebots für Betroffene sei dringend notwendig. Zusätzlich solle das Versorgungsangebot Netzwerke geschulter niedergelassener Hausärzte sowie Kinder- und Jugendärzte, Kompetenzzentren, Spezialambulanzen und entsprechend ausgerichtete Rehabilitationskliniken umfassen.
Ambulante und klinische Versorgungsstrukturen mit konsentierten Qualitätskriterien in der Behandlung von Long/Post-COVID-Betroffenen müssten eng verzahnt werden. Die Ausweisung entsprechender medizinischer Anlaufstellen müsse möglichst transparent erfolgen – beispielsweise auf den Websiten des Robert Koch-Institutes (RKI), der Kassenärztlichen Vereinigungen und der Ärztekammern.
Die Förderung der klinischen und translationalen Forschung, Grundlagenforschung und Versorgungsforschung zu Post-COVID – sowie deren Koordination, Harmonisierung und Vernetzung – müsse ausgeweitet werden, heißt es in der Stellungnahme weiter. In diesem Zusammenhang sollten Zentren für klinische Studien zur Prüfung von bereits zugelassenen (drug re-purposing) und neuen Medikamenten und Behandlungsverfahren etabliert werden.
Für alle Akteure im Gesundheitswesen (einschließlich Gesundheitsämter) und von sonstigen versorgungsrelevanten Berufsgruppen (beispielsweise Lehrer oder Juristen) empfiehlt der Expertenrat Aufklärungs- und Informationskampagnen zum Thema Long/Post-COVID.
Auch die Bevölkerung solle durch professionelle Gesundheitskommunikation darüber aufgeklärt werden, was bekannt und noch unbekannt ist, welche Handlungsempfehlungen und Unterstützungsmöglichkeiten bestehen und wie man sich schützen kann. Zum letzten Punkt verweist der Expertenrat auf die Bedeutung des Impfens auch als bestmöglichen Schutz vor Long/Post-COVID.
Als notwendig erachten die Experten auch die Erstellung einer detaillierten wissenschaftlichen Analyse mit qualitativer und quantitativer Einordnung von Long/Post-COVID. Die aktuell vorhandene Datenlage zeige, dass eine Mehrheit der Patienten mit schwerem, intensivpflichtigem COVID-19 Verlauf Langzeitkomplikationen entwickelt, während nach einer milden Infektion etwa 10 Prozent der Betroffenen die Kriterien für Post-COVID erfüllen.
Insbesondere Einschätzungen zur Krankheitslast durch Long/Post-COVID in den pädiatrischen Altersgruppen sei aktuell aufgrund der verfügbaren Studiendaten aber noch schwierig.
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