Coronaimpfungen in Altenheimen zeigen Wirkung

Bonn – Inzidenzwerte steigen, Infektionszahlen gegen wieder leicht nach oben. In den Alten- und Pflegeheimen allerdings bessern sich die Zahlen. Doch wenn es Besuche von Angehörigen und Freunden geht, müssen viele Bewohner der Heime offenbar weiter mit großen Einschränkungen leben. Angesichts der vielen Impfungen von Pflegeheimbewohnern forderte der Vorstandsvorsitzende des Pflegeschutzbunds Biva, Manfred Stegger, am Montag eine rasche Aufhebung strenger Kontaktbeschränkungen. Eine Biva-Umfrage unter Angehörigen habe gezeigt, dass es in mehr als 80 Prozent der Häuser trotz Impfungen keine Lockerungen gebe, sagte Stegger der Welt. Besuche seien in "sehr vielen" Fällen noch immer nur stark eingeschränkt möglich.
Angehörige klagten etwa darüber, dass sie trotz eines negativen Schnelltests und doppelter Impfung ihre Verwandten nur für eine Stunde pro Woche sehen dürften, erklärte Stegger. Besuche in den Zimmern würden untersagt. Für Bewohner fänden Gymnastik, Gesprächsrunden oder Seelsorge nicht statt. „Viele sind verzweifelt darüber, wie sehr ihre pflegebedürftige Mutter oder ihr dementer Vater unter der Einsamkeit leidet." Stegger forderte, dass Heimbewohner ihre Angehörigen wieder unter "normalen Umständen" sehen, mehr als eine Person und untereinander in der Einrichtung wieder mehr Kontakte pflegen könnten.
Zuvor hatte auch die Bundesgemeinschaft der Seniorenorganisationen (Bagso) eine Rückkehr zur Normalität in Pflegeheimen verlangt. „Wenn alle Impfwilligen eines Alten- und Pflegeheims ein Impfangebot erhalten haben und eine Frist von zwei Wochen nach der letzten Impfung vergangen ist, muss der Normal-Alltag in der Einrichtung vollumfänglich und sofort garantiert werden", forderte der Bagso-Vorsitzende Franz Müntefering. FFP2-Masken und kostenfreie Schnelltests sollten dabei als Schutzmaßnahmen für Nicht-Geimpfte beibehalten werden.
heimbewohner sind uneingeschränkt Träger von Grundrechten
Bereits im Herbst hatte die Bundesarbeitsgemeinschaft auf die Rechte der bundesweit rund 900.000 Bewohner hingewiesen. In einem für sie vom Mainzer Verfassungsrechtler Friedhelm Hufen erstellten Rechtsgutachten hieß es, dass die Besuchs- und Ausgangsbeschränkungen in Pflegeheimen im Rahmen der Coronapandemie in weiten Teilen gegen das Grundgesetz verstießen. „Bewohner von Alten- und Pflegeheimen sind uneingeschränkt Träger von Grundrechten", so Hufen. Die Schutzpflicht beziehe sich nicht nur auf das Vermeiden einer Ansteckung mit Covid-19, sondern auch auf die Grund- und Freiheitsrechte der Bewohner und ihrer Angehörigen.
Das gilt um so mehr, da mittlerweile die große Mehrheit der besonders anfälligen Pflegeheimbewohner eine Impfung erhalten hat. Mehr als 795.000 von ihnen hätten eine erste Dosis erhalten, mehr als 550.000 auch schon die zweite, wie aus Daten des Robert-Koch-Instituts (RKI) vom Freitag hervorgeht. Das Risiko, an Corona zu erkranken, habe sich für die höchstbetagten Bürger deutlich reduziert, betonte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU).
Krankenhauseinweisungen gehen zurück
Die jetzt zwei Monate dauernden Corona-Schutzimpfungen haben deutliche Auswirkungen: Eine Umfrage unter großen Betreibern habe ergeben, dass die Zahl der Infizierten, Erkrankten und Gestorbenen seit Beginn der Immunisierungskampagne deutlich zurückgehe, berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung am Samstag. So zählten die 28 Johanniter-Seniorenheime in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz unter ihren 2.400 Bewohnern kaum noch Corona-Tote. Auch hätten dort die Krankenhauseinweisungen wegen schwerer Covid-19-Erkrankungen aufgehört.
Der katholische Caritas-Verband, der 128.000 Betten in 1.800 stationären Einrichtungen unterhält, teilte der Zeitung mit, nach Verabreichung der Zweitimpfungen seien die Infektionszahlen in den Häusern um 35 bis 65 Prozent zurückgegangen. "Die Impfung hält ihr Versprechen", sagte Caritas-Präsident Peter Neher. In den Einrichtungen mit bereits vollständiger Impfung gingen die Infektionszahlen und der auf Corona zurückzuführenden Todesfälle "klar nach unten".
Nach Angaben des Robert Koch-Instituts starben in der letzten Dezemberwoche noch rund 4.000 über 80-Jährige an oder mit Covid-19. Binnen vier Wochen sei die Zahl auf 2.600 gesunken.
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