Deckelung von Impfstoffen: Spahn schreibt Ärzten, KVen schreiben Spahn

Berlin – Der Ärger über die verringerten Bestellmengen für den Impfstoff von Biontech/Pfizer seitens der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten schwelt weiter. In zwei Briefen – zum einen aus dem Bundesgesundheitsminister an die Vertragsärzte, zum anderen von den Vertretern der Kassenärztlichen Vereinigungen – versuchen beide Seiten, ihren jeweiligen Standpunkt zu erklären.
In seinem Schreiben bedauert der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die entstandene Verwirrung. „Diese zu kurzfristige Kommunikation, den entstandenen zusätzlichen Aufwand sowie Ihre verständliche Verärgerung bedauere ich ausdrücklich“, heißt es in einem Brief, der dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt. „Ich möchte mich dafür bei Ihnen und Ihren Teams entschuldigen.“
Er bittet auch darum, dass die Praxen sich weiter an der Impfkampagne beteiligen. „Eines weiß ich sehr genau: Wir brauchen Sie in dieser schwersten Krise unseres Landes. Die Bürgerinnen und Bürger, ihre Patientinnen und Patienten, vertrauen Ihnen, Sie sind vor Ort ansprechbar und erreichten jeden Tag Millionen Menschen“, heißt es weiter.
In dem Schreiben, das an alle Vertragsärztinnen und Vertragsärzte gehen soll, erklärt Spahn ausführlich, wie es zu den Plänen im Ministerium gekommen ist: So sei die Nachfrage nach Impfstoffen in den vergangenen zwei Wochen deutlich gestiegen, ebenso durch die Möglichkeiten der Nachbestellung in der vergangenen Woche.
Insgesamt habe sich die Bestellung von Biontech/Pfizer so vervierfacht, heißt es aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG). „Allein in dieser Woche gehen fast sechs Millionen Dosen Biontech über die pharmazeutischen Großhändler und Apotheken an die impfenden Stellen im Land, der größte Teil an die Arztpraxen“, schreibt Spahn. Dies sei mehr, als bislang Auffrischungsimpfungen verabreicht wurden.
Der Eindruck, das Ministerium wolle durch die Veränderungen bei den Lieferungen vor allem das Vakzin von Moderna noch vor dem nahenden Verfallsdatum verimpfen lassen, sei nicht richtig. „Das ist zwar ein gewichtiger Aspekt, aber nicht der entscheidende“, so Spahn. „Entscheidend ist, dass wir ab der nächsten Woche vorübergehend nicht mehr als zwei bis drei Millionen Dosen des Biontech-Impfstoffes pro Woche zur Verfügung haben werden.“
Insgesamt, so hatte es das Ministerium bereits gestern angekündigt, stehen bis Ende des Jahres noch 24 Millionen Dosen von Biontech zur Verfügung. Von Moderna seien noch 16 Millionen Dosen übrig, weitere acht Millionen werden bis Jahresende erwartet. „Wir haben also von den beiden mRNA-Impfstoffen zusammen so viel zur Verfügung, dass wir bis Jahresende 50 Millionen Menschen erst-, zweit- oder drittimpfen können", so Spahn.
In einem zweiten Brief, der sich offenbar zeitlich mit dem Schreiben von Spahn an die niedergelassenen Ärzte überschnitten hat, fordern die Vorstände der 17 Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) sowie die drei Vorstände der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) Spahn auf, die Auslieferung von Biontech/Pfizer-Impfstoff nicht zu verringern.
„Ziel muss es sein, dass alle Patientinnen und Patienten, die dies wünschen, eine Impfung mit Biontech/Pfizer anbieten zu können“, heißt es in dem Schreiben, das dem Deutschen Ärzteblatt ebenfalls vorliegt.
Die Vertreter der Vertragsärzte fordern, dass der Impfstoff von Moderna vom Bundesgesundheitsministerium als „gute Alternative für Patienten über 30 Jahre beworben“ werden sollte. Dazu müsse es eine schnelle Aufklärungskampagne geben. Auch müsse der Impfstoff in den Impfzentren genutzt werden. So könnten „zeitaufwändige Diskussionen in den Praxen vermieden werden.“
Auch verlangen die Vorstände eine Klarstellung für die Kontingente für die Praxen, die hauptsächlich Jugendliche versorgen. Nach den derzeitigen Ankündigungen sei das Kontingent „weder sachgerecht noch praktikabel.“
Ebenso kritisieren dabei die Kommunikation aus dem Bundesgesundheitsministerium. So benötigen aus ihrer Sicht zunächst die vulnerablen Gruppen eine Auffrischimpfung, danach andere.
„Hierzu wäre es hilfreich, wenn auch seitens der Bundesregierung darauf hingewiesen würde, dass für die Teile der Bevölkerung, die keiner vulnerablen Gruppe angehören, aus medizinischer Sicht eine sofortige Boosterimpfung nicht erforderlich ist.“ Auch dies würde die Diskussionen in den Praxen reduzieren.
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