Politik

Druck auf Spahn wird bei Maskenvorwürfen größer

  • Montag, 7. Juli 2025
Jens Spahn, Vorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag. /picture alliance, REUTERS, Nadja Wohlleben
Jens Spahn, Vorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag. /picture alliance, REUTERS, Nadja Wohlleben

Berlin – Die Opposition im Bundestag erhöht im Streit um die Aufarbeitung der Maskenbeschaffung während der Coronapandemie den Druck auf den ehemaligen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Dabei forderte Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann den heutigen Unionsfraktionschef vor einem morgen im Haushaltsausschuss angesetzten „Fachgespräch“ die Union auf, für Aufklärung zu sorgen.

„Spätestens mit den neuen Enthüllungen muss Jens Spahn erklären, wie und warum er persönlich so eng in die Maskendeals eingebunden war. Anstatt sich über kritische Nachfragen zu beschweren, sollte er jetzt endlich für Aufklärung sorgen und Verantwortung für seine Entscheidungen übernehmen“, sagte Haßelmann der Rheinischen Post.

Der Haushaltsausschuss des Bundestages will morgen den Bericht der Sonderermittlerin Margaretha Sudhof besprechen und danach Fragen an das Bundesgesundheitsministerium (BMG) richten.

Spahn wird in dem Bericht vorgeworfen, in der Coronapandemie durch die Abnahme von Schutzmasken zu hohen Preisen einen Milliardenschaden für Steuerzahler verursacht zu haben.

Zu Beginn der Pandemie 2020 waren schützende FFP2-Masken erst gar nicht zu erhalten und dann zunächst knapp. Aus noch schwelenden Rechtsstreitigkeiten zur Maskenbeschaffung drohen dem Bund noch heute Risiken in Milliardenhöhe.

Auch Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) selbst steht in der Kritik. Das Ministerium hatte den Sudhof-Bericht mit umfangreichen Schwärzungen an den Bundestag weitergeleitet. Über den ungeschwärzten Sonderbericht hatten zum Wochenende mehrere Medien berichtet, darunter die Süddeutsche Zeitung, NDR und WDR, der Spiegel sowie die Bild.

In dem Bericht gibt es demnach Hinweise, dass sich Spahn persönlich in Maskenkäufe eingeschaltet haben soll. Vorgeworfen wird ihm unter anderem, bei den Milliardenaufträgen überteuerte Einkäufe befördert, ihm nahestehende Personen bevorzugt und Bedarfsprüfungen außer acht gelassen zu haben.

Spahn weist all dies zurück und reagierte im ZDF empört: „Solches Geraune, solche auch Konstruktionen, wie sie die Grünen gerade machen – solche Methoden kenne ich bisher nur von der AfD.“ Es handele sich um „bösartige Unterstellungen“. Spahn sagte dazu: „Haben wir Fehler gemacht? Ja, aber wir haben nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt.“ Er betonte, dass er selbst überhaupt keine Verhandlungen für die Maskenbeschaffung geführt habe.

„Das hat die Fachabteilung gemacht, das haben Anwaltskanzleien gemacht.“ In dem Sonderbericht stehe „nichts Neues“ drin, meinte der CDU-Politiker im ZDF. Der Bild am Sonntag sagte Spahn: „Dafür, dass wir dieses Land sicher durch die schwere Zeit gebracht haben, werde ich mich nicht in den Staub werfen.“ Es sei getan worden, „was notwendig war“.

Im Sudhof-Bericht heißt es unter anderem, dass einzelne Dringlichkeitsvergaben an Unternehmen, die der damalige Minister selbst angebahnt habe, „bemerkenswert“ seien. Verträge seien auch noch zu einem Zeitpunkt geschlossen worden, als das Open-House-Verfahren bereits beendet gewesen sei und man bereits Kenntnis von den „enormen kontrahierten Mengen“ gehabt habe.

In der Kritik steht Spahn zudem dafür, dass ein Unternehmen aus seiner Heimatregion beauftragt wurde. Dazu heißt es im Bericht, der damalige Bundesminister habe entschieden, dass „ungeachtet der tatsächlichen und vergaberechtlich stets zu prüfenden Leistungsfähigkeit, ein Logistikunternehmen abseits des erarbeiteten Logistikkonzepts“ beauftragt werde. Dies sei geschehen, nachdem das zuständige Bundesressort BMI es abgelehnt hatte, die Verantwortung dafür zu übernehmen.

Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen hatte zuvor schwere Vorwürfe gegen Spahn und Warken erhoben. Der ungeschwärzte Bericht zeige, dass Warken an mehreren Stellen gezielt Schwärzungen vorgenommen habe mit dem offensichtlichen Ziel, die Verantwortung von Spahn und weiteren Mitgliedern der Union zu verschleiern, „die in der Pandemie Staat und Steuerzahler zur Beute gemacht haben“.

Dahmen betonte: „Pandemie war in ganz Europa. Allen fehlten Masken. Aber nirgendwo sonst wurden in einem so beispiellosen Ausmaß Milliarden an Steuergeld verschleudert – für Masken, die in der überwältigenden Mehrheit nie geliefert wurden oder von so miserabler Qualität waren, dass sie später vernichtet werden mussten.“ Er warf Spahn vor, dieser habe „gelogen“.

Linken-Fraktionschefin Heidi Reichinnek warf Spahn Verantwortungslosigkeit und schlechten Stil vor. „Er gibt zu, Fehler gemacht zu haben, aber die Verantwortung dafür will er nicht übernehmen. Es geht hier aber um Milliarden von Steuergeldern“, sagte Reichinnek der Rheinischen Post. Wenn Spahn und die Union nichts zu verbergen hätten, würden sie einem Untersuchungsausschuss zustimmen.

Bundesgesundheitsministerin Warken hat die Schwärzungen verteidigt. „Wir haben das nicht getan, um Jens Spahn zu schützen“, sagte Warken im ZDF-„Morgenmagazin“ angesichts der Vorwürfe gegen den früheren CDU-Gesundheitsminister. Warken begründete die Schwärzungen mit der Wahrung von Persönlichkeitsrechten, den Rechten Dritter und laufenden Prozessen.

Besonders häufig wurden Namen von Unternehmen und Personen unleserlich gemacht, aber auch zahlreiche Angaben zu nicht öffentlichen Quellen. Es geht zum Beispiel um Vermerke und E-Mail-Verkehr mit Angaben zu Absendern, Empfängern und Datum, sowie um Verweise auf Nachrichten auf Messenger-Apps. Großflächigere Schwärzungen betreffen Streits mit Firmen.

„Es gab ganz klare Vorgaben für die Schwärzungen und nach denen ist das Haus vorgegangen“, sagte Warken im ZDF. „Ich habe die Verpflichtung dazu, Dinge zu schwärzen, die wir nicht offenlegen können.“ Damals habe einfach keine Schutzausrüstung beschafft werden können, verteidigte Warken die Entscheidung Spahns. „Deshalb hat er sich entschieden, das selbst zu machen.“

Sudhof selbst soll morgen im Haushaltsausschuss und am Donnerstag im Gesundheitsausschuss des Bundestages befragt werden. Für den Haushaltsausschuss wurde außerdem die Anwesenheit von „sachverständigen Personen“ aus dem Geschäftsbereich des Bundesverteidigungsministeriums erbeten, die an der Berichterstellung mitgewirkt haben.

dpa/afp/kna/ggr

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