Politik

Einigung bei Krankenhausreform löst wenig Begeisterung aus

  • Dienstag, 8. Oktober 2024

Berlin – Kritische Reaktionen löste die heute erfolgte Einigung zwischen Ampelfraktionen und Bundesgesund­heitsminister Karl Lauterbach (SPD) zur anstehenden Krankenhausreform aus. Die Bundesländer beklagten in einer ersten Reaktion vor allem eine weiterhin fehlende Auswirkungsanalyse.

Die Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz (GMK), Schleswig-Holsteins Gesundheitsministerin Kerstin von der Decken (CDU), wies darauf hin, dass den Ländern die Änderungsanträge der Fraktionen bisher nicht vorliegen. Das weitere Vorgehen sei abhängig von der Prüfung der Änderungsanträge.

„Ich bedaure, dass der Bundesminister eine gute Woche vor Verabschiedung der Reform immer noch nicht die seit langem angekündigte Auswirkungsanalyse vorgelegt hat“, sagte von der Decken. Sie bezeichnete es als „äußerst fraglich“, wie die Bundestagsabgeordneten ihrer Verantwortung gerecht werden wollten, diesem Gesetz zuzustimmen, ohne die konkreten Auswirkungen zu kennen.

Die erneute Ankündigung des Bundesministers, dass nun in den nächsten Tagen mithilfe eines vorbereiteten Instruments die Folgeabschätzung der Reform möglich sei, ändere nichts daran, dass diese zu spät käme.

„Selbst wenn ein solches Instrument tatsächlich vorgelegt werden würde, kann kein fachlich Beteiligter ernst­haft annehmen, dass damit innerhalb von einer Woche eine seriöse Auswirkungsanalyse vorgenommen werden kann“, so die Landesministerin.

Kritik kommt auch von Kliniken und von den Krankenkassen. Die wesentlichen Kritikpunkte am Gesetzes­ent­wurf blieben bestehen, betonte Gerald Gaß, Vorstandsvor­sitzen­der der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). Der GKV-Spitzenverband mahnte eine faire Finanzierung der Reform an.

„Der Beschluss der Ampelkoalition, die Krankenhausreform zwar mit 50 Änderungsanträgen, aber im Endeffekt nur mit marginalen Änderungen durch das Parlament jagen zu wollen, basiert auf dem Prinzip Hoffnung“, kri­tisierte Gaß. Nach Einschätzung der DKG werde das Gesetz „die wesentlichen politischen Ziele“ verfehlen und „zu massiven Problemen bei der Patientenversorgung in den kommenden Jahren führen“.

Die Vorhaltefinanzierung sei „ein völlig missratenes bürokratisches Instrument, das weder die Grundversor­gungs­krankenhäuser in den ländlichen Regionen stabilisiert, noch die Konzentration hochspezialisierter Be­handlungen in Zentren fördert“, so Gaß weiter.

Zudem drohe die „kleinteilige und überregulierte Definition“ der neuen Krankenhauslandschaft den Bundes­ländern den notwendigen Gestaltungsspielraum in der Krankenhausplanung zu nehmen. Auch die aktuelle systematische Unterfinanzierung der Krankenhäuser werde nicht beseitigt. Aus Sicht der DKG setzen die Ampelkoalitionäre „auf kalte Marktbereinigung“.

Mit Blick auf die zunächst noch nicht vorliegende Auswirkungsanalyse der Reform sprach Gaß von einem „un­verantwortlichen Blindflug für die Gesundheitsversorgung.“ So bleibe ein Gesetzentwurf, den die Koalitionäre zwar wahrscheinlich Mitte Oktober in zweiter und dritter Lesung im Bundestag beschließen würden, den aber die Bundesländer im Bundesrat durch den Vermittlungsausschuss „stoppen und korrigieren“ müssten.

Der GKV-Spitzenverband begrüßte im Grundsatz die Einigung – der Reformbedarf sei offenkundig. Die grund­legende Frage einer fairen Finanzierung der Krankenhausreform blendeten die Gesundheitspolitikerinnen und Gesundheitspolitiken der Ampel sowie der Bundesgesundheitsminister allerdings weiterhin aus, so Stefanie Stoff-Ahnis, stellvertretende Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes.

Die Augen vor den immer größer werdenden Finanzproblemen der gesetzlichen Krankenversicherung zu ver­schließen, stelle aber keine Zukunftsoption dar. Keinesfalls dürfe die Krankenhausreform nur durch immer weiter steigende GKV-Beitragsmittel gezahlt werden.

Der Transformationsfonds sei, so wie im Gesetzentwurf angelegt, verfassungswidrig und werde vom GKV-Spit­zenverband abgelehnt, betonte Stoff-Ahnis. Auch sozialpolitisch sei es wichtig, dass der Umbau der Kranken­haus­struktur aus Steuermitteln finanziert wird.

Die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann, kritisierte die Ambulantisierungspläne als „viel zu halbherzig, zu teuer und nicht auf den tatsächlichen Patientenbedarf ausgerichtet“. Sie sieht eine Anrufung des Vermittlungsausschusses zwischen Bund und Bundesrat „immer wahrscheinlicher“ eintreten.

Für die Fraktion der Grünen erklärten Armin Grau, Mitglied im Gesundheitsausschuss, und Maria Klein-Schmeink, stellvertretende Fraktionsvorsitzende, hingegen, dass man in den Verhandlungen auf die Bundes­länder zugegangen sei und viele ihrer Vorschläge aufgegriffen habe.

Mit der Reform greife der Bund keineswegs in die Kompetenz der Bundesländer ein. Für die Sicherung der sta­tionären Versorgung der Bevölkerung sei es nun entscheidend, dass die Krankenhausreform fristgerecht zum 1. Januar in Kraft tritt.

aha/may

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung