Einigung bei Krankenhausreform löst wenig Begeisterung aus
Berlin – Kritische Reaktionen löste die heute erfolgte Einigung zwischen Ampelfraktionen und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zur anstehenden Krankenhausreform aus. Die Bundesländer beklagten in einer ersten Reaktion vor allem eine weiterhin fehlende Auswirkungsanalyse.
Die Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz (GMK), Schleswig-Holsteins Gesundheitsministerin Kerstin von der Decken (CDU), wies darauf hin, dass den Ländern die Änderungsanträge der Fraktionen bisher nicht vorliegen. Das weitere Vorgehen sei abhängig von der Prüfung der Änderungsanträge.
„Ich bedaure, dass der Bundesminister eine gute Woche vor Verabschiedung der Reform immer noch nicht die seit langem angekündigte Auswirkungsanalyse vorgelegt hat“, sagte von der Decken. Sie bezeichnete es als „äußerst fraglich“, wie die Bundestagsabgeordneten ihrer Verantwortung gerecht werden wollten, diesem Gesetz zuzustimmen, ohne die konkreten Auswirkungen zu kennen.
Die erneute Ankündigung des Bundesministers, dass nun in den nächsten Tagen mithilfe eines vorbereiteten Instruments die Folgeabschätzung der Reform möglich sei, ändere nichts daran, dass diese zu spät käme.
„Selbst wenn ein solches Instrument tatsächlich vorgelegt werden würde, kann kein fachlich Beteiligter ernsthaft annehmen, dass damit innerhalb von einer Woche eine seriöse Auswirkungsanalyse vorgenommen werden kann“, so die Landesministerin.
Kritik kommt auch von Kliniken und von den Krankenkassen. Die wesentlichen Kritikpunkte am Gesetzesentwurf blieben bestehen, betonte Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). Der GKV-Spitzenverband mahnte eine faire Finanzierung der Reform an.
„Der Beschluss der Ampelkoalition, die Krankenhausreform zwar mit 50 Änderungsanträgen, aber im Endeffekt nur mit marginalen Änderungen durch das Parlament jagen zu wollen, basiert auf dem Prinzip Hoffnung“, kritisierte Gaß. Nach Einschätzung der DKG werde das Gesetz „die wesentlichen politischen Ziele“ verfehlen und „zu massiven Problemen bei der Patientenversorgung in den kommenden Jahren führen“.
Die Vorhaltefinanzierung sei „ein völlig missratenes bürokratisches Instrument, das weder die Grundversorgungskrankenhäuser in den ländlichen Regionen stabilisiert, noch die Konzentration hochspezialisierter Behandlungen in Zentren fördert“, so Gaß weiter.
Zudem drohe die „kleinteilige und überregulierte Definition“ der neuen Krankenhauslandschaft den Bundesländern den notwendigen Gestaltungsspielraum in der Krankenhausplanung zu nehmen. Auch die aktuelle systematische Unterfinanzierung der Krankenhäuser werde nicht beseitigt. Aus Sicht der DKG setzen die Ampelkoalitionäre „auf kalte Marktbereinigung“.
Mit Blick auf die zunächst noch nicht vorliegende Auswirkungsanalyse der Reform sprach Gaß von einem „unverantwortlichen Blindflug für die Gesundheitsversorgung.“ So bleibe ein Gesetzentwurf, den die Koalitionäre zwar wahrscheinlich Mitte Oktober in zweiter und dritter Lesung im Bundestag beschließen würden, den aber die Bundesländer im Bundesrat durch den Vermittlungsausschuss „stoppen und korrigieren“ müssten.
Der GKV-Spitzenverband begrüßte im Grundsatz die Einigung – der Reformbedarf sei offenkundig. Die grundlegende Frage einer fairen Finanzierung der Krankenhausreform blendeten die Gesundheitspolitikerinnen und Gesundheitspolitiken der Ampel sowie der Bundesgesundheitsminister allerdings weiterhin aus, so Stefanie Stoff-Ahnis, stellvertretende Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes.
Die Augen vor den immer größer werdenden Finanzproblemen der gesetzlichen Krankenversicherung zu verschließen, stelle aber keine Zukunftsoption dar. Keinesfalls dürfe die Krankenhausreform nur durch immer weiter steigende GKV-Beitragsmittel gezahlt werden.
Der Transformationsfonds sei, so wie im Gesetzentwurf angelegt, verfassungswidrig und werde vom GKV-Spitzenverband abgelehnt, betonte Stoff-Ahnis. Auch sozialpolitisch sei es wichtig, dass der Umbau der Krankenhausstruktur aus Steuermitteln finanziert wird.
Die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann, kritisierte die Ambulantisierungspläne als „viel zu halbherzig, zu teuer und nicht auf den tatsächlichen Patientenbedarf ausgerichtet“. Sie sieht eine Anrufung des Vermittlungsausschusses zwischen Bund und Bundesrat „immer wahrscheinlicher“ eintreten.
Für die Fraktion der Grünen erklärten Armin Grau, Mitglied im Gesundheitsausschuss, und Maria Klein-Schmeink, stellvertretende Fraktionsvorsitzende, hingegen, dass man in den Verhandlungen auf die Bundesländer zugegangen sei und viele ihrer Vorschläge aufgegriffen habe.
Mit der Reform greife der Bund keineswegs in die Kompetenz der Bundesländer ein. Für die Sicherung der stationären Versorgung der Bevölkerung sei es nun entscheidend, dass die Krankenhausreform fristgerecht zum 1. Januar in Kraft tritt.
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