Politik

Elektronische Patientenakte: Nichtbefüllung bei „erheblichen therapeutischen Gründen“ möglich

  • Freitag, 8. August 2025
Auf einem Bildschirm in der E-Health-Showpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin ist eine elektronische Patientenakte ePA dargestellt (gestellte Szene)./picture alliance, Jens Kalaene
Auf einem Bildschirm in der E-Health-Showpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin ist eine elektronische Patientenakte ePA dargestellt (gestellte Szene)./picture alliance, Jens Kalaene

Berlin – Kinder und Jugendliche und Menschen mit psychischen Erkrankungen sollen in bestimmten Fällen bei der Befüllung der elektronischen Patientenakte (ePA) einen besonderen Schutz erhalten können. Das sieht der Gesetzentwurf zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege vor, den das Bundeskabinett kürzlich verabschiedet hat.

Union und SPD sehen darin vor, dass die Verpflichtung zur Befüllung der ePA dann entfällt, wenn gewichtige Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Kindeswohls vorliegen – bei Kindern und Jugendlichen bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres.

Darüber hinaus gilt dem Kabinettsentwurf zufolge, dass die ePA nicht bestückt werden muss, wenn „erhebliche therapeutische Gründe“ dagegen sprechen oder schutzwürdige Rechte Dritter berührt sind. Was „erhebliche therapeutische Gründe“ sind, wird im Gesetzentwurf nicht näher ausgeführt.

„Eine Ausnahme von der Befüllung aus therapeutischen Gründen setzt voraus, dass dies zum Schutz des Patienten erforderlich ist“, erläuterte eine Sprecherin des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) auf Nachfrage des Deutschen Ärzteblattes.

Das komme vor allem bei psychiatrischen und psychotherapeutischen Behandlungen in Betracht, wenn zu erwarten sei, dass eine Kenntnis über die Behandlungsinformationen dem Patienten erheblich schaden könnte. Als Beispiele führt das BMG Selbstverletzungs- oder Suizidgefahr, Negativauswirkungen auf die Erkrankung oder eine Gefährdung der Compliance an.

„Die Notwendigkeit von dieser Regelung Gebrauch zu machen ist im konkreten Einzelfall durch den Leistungserbringer zu prüfen und muss auch dokumentiert und begründet werden. Es betrifft nicht generisch alle psychischen Erkrankungen“, betonte die Ministeriumssprecherin weiter.

Im Kabinettsentwurf wird geregelt, dass Ärzte und andere Leistungserbringer verpflichtet sind, die Gründe für die Nichtbefüllung der ePA nachvollziehbar in ihrer Behandlungsdokumentation zu vermerken. Weiter heißt es dazu sinngemäß, die Regelung sei aufwandsarm und gewährleiste, dass „von der Ausnahmeklausel nur in gut begründeten Einzelfällen Gebrauch gemacht wird“.

„Diese Regelung ist ein bedeutender Schritt nach vorn“, sagte Michael Hubmann, Präsident des Berufsverband der Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte (BVKJ). Sie schaffe „endlich die notwendige rechtliche Grundlage“, mit der Ärzte in besonders sensiblen Fällen verantwortungsvoll mit der ePA umgehen könnten.

„Für den Schutz von Kindern und Jugendlichen ist das ein echter Durchbruch – ebenso wie für die ärztliche Handlungsfreiheit im Sinne einer guten und sicheren Versorgung“, erklärte Hubmann weiter. Er betonte, es sei das Anliegen des BVKJ gewesen, dass nicht alle Gesundheitsdaten pauschal in die ePA übertragen werden dürfen.

Der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) sowie dessen Fachsektion Psychologischer Psychotherapeutinnen und -therapeuten (VPP im BDP) begrüßen diese Entwicklungen als richtigen und wichtigen Schritt.

„Die geplanten gesetzlichen Neuregelungen wären eine gute und sinnvolle Lösung für die aktuell bestehende prekäre Situation im Bereich der Speicherung, Weitergabe und Verwendung von ePA-Daten, besonders auch hochsensibler Daten, und eine Lücke bei der Datenschutzproblematik könnte geschlossen werden“, sagte BDP-Vizepräsidentin Susanne Berwanger.

may

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