Entwurf für Coronaberatungen sieht Öffnungsschritte in Stufen vor

Berlin – Nach wochenlangem Coronalockdown planen Bund und Länder ab kommender Woche weitere Öffnungsschritte, teils regional abgestuft und abhängig von den jeweiligen Sieben-Tage-Inzidenzen. Das geht aus einem vorläufigen Beschlussentwurf für die morgige Bund-Länder-Runde hervor, der den Stand von gestern Abend 19.10 Uhr wiedergibt, der aber dem Vernehmen nach noch nicht mit allen Ländern abgestimmt ist. Deutliche Änderungen an dem Papier sind also noch möglich.
Demnach soll der Lockdown auch wegen der Gefahr durch die neuen Virusvarianten zwar grundsätzlich bis 28. März verlängert werden. Doch schon ab kommender Woche könnten wieder Treffen des eigenen mit einem weiteren Haushalt möglich sein, beschränkt auf fünf Personen, Kinder bis 14 Jahre nicht mitgezählt. Wesentlicher Punkt bei den Öffnungen soll demnach eine umfangreiche Teststrategie sein.
Das Papier, das von einer Runde aus Kanzleramt, Bundesfinanzministerium und den Ländern Berlin und Bayern erarbeitet wurde, liegt auch dem Deutschen Ärzteblatt vor. Die Verhandlungen sind allerdings noch nicht abgeschlossen, das Papier verändere sich ständig, hieß es. Endgültige Entscheidungen werden ohnehin erst in den abschließenden Bund-Länder-Gesprächen morgen Nachmittag erwartet.
Mehr Kontakte könnten laut diesem Entwurf in Regionen erlaubt werden, in denen die Sieben-Tage-Inzidenz unter einen bestimmten Wert sinkt – welcher Wert, ob 35 oder 50, lässt das Papier offen. Andererseits könnten Kontakte wieder enger beschränkt werden, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz regional wieder deutlich ansteigen sollte. Und: Über Ostern könnten – ähnlich wie an Weihnachten – wieder Verwandtenbesuche in einem etwas größeren Kreis möglich sein.
Schnelltests sollen unterstützen
Dem Beschlussentwurf zufolge könnte es, unterstützt von massenhaften Schnelltests, dann stufenweise weitere Öffnungen geben: als nächstes – nach Schulen und Friseuren – überall und wo noch nicht geschehen etwa Buchhandlungen, Blumengeschäfte und Gartenmärkte.
Einen dritten Öffnungsschritt könnte es geben, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz in einem Land oder regional stabil unter 35 liegt: Dann könnten der Einzelhandel, Museen, Galerien, zoologische und botanische Gärten geöffnet werden und kontaktfreier Sport in kleinen Gruppen im Außenbereich (maximal zehn Personen) erlaubt werden.
Eine Zwischenstufe könnte dem Papier zufolge auch bei noch etwas höheren Inzidenzen möglich sein, etwa mit „Click and meet“-Angeboten im Handel. Unter anderem bei diesem Punkt gebe es aber noch erheblichen Verhandlungsbedarf, hieß es. Klar scheint aber: Die bei der vergangenen Bund-Länder-Runde avisierte 35er-Grenze für Lockerungen auf breiter Front könnte nun aufgegeben werden – wenn viel mehr getestet wird.
„Bund und Länder wollen nun erproben, wie durch die deutliche Ausweitung von Tests und ein Testprogramm in Verbindung mit einer besseren Nachvollziehbarkeit der Kontakte im Falle einer Infektion Öffnungsschritte auch bei höheren 7-Tage-Inzidenzen mit über 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner möglich werden“, heißt es im dem Entwurf. Regelmäßige Corona-Tests stellten „einen wichtigen Baustein dar, um mehr Normalität und sichere Kontakte zu ermöglichen“.
In dem Papier heißt es weiter: „Für die nächsten Wochen und Monate wird es bei stabilem Infektionsgeschehen einen Vierklang geben aus Impfen, Testen, Kontaktnachvollziehung und Öffnungen.“
Konkret könnten demnach die Unternehmen in Deutschland verpflichtet werden, ihren in Präsenz Beschäftigten mindestens einen oder sogar zwei kostenlose Schnelltests pro Woche anzubieten. Die Länder sollen möglicherweise dafür sorgen, dass das Personal in Schulen und Kitas „sowie alle Schülerinnen und Schüler“ mindestens einen oder zwei kostenlose Schnelltests pro Präsenzwoche angeboten bekommen.
Und auch allen anderen Bürgern sollen demnach ein oder zwei Schnelltests pro Woche ermöglicht werden, etwa in Testzentren oder bei Ärzten – die Kosten hierfür soll laut Beschlussvorlage der Bund übernehmen.
Kurz vor den Bund-Länder-Beratungen hat die „ZeroCovid“-Kampagne, eine Initiative von Wissenschaftlern, Ärzten, Pflegekräften und Künstlern, die für eine Senkung der Infektionszahlen auf Null eintritt, einen eigenen Stufenplan zur Bekämpfung der Coronapandemie ausgearbeitet.
Der Plan sieht drei Stufen vor, abhängig von der Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche: eine „Vollbremsung“ bei einer Sieben-Tage-Inzidenz über 10, eine „Vorsichtige Öffnung“ (Inzidenz unter 10) und eine „Grüne Stufe“ (Inzidenz unter 5).
Die „Vollbremsung“ erfordert nach Angaben von „ZeroCovid“-Sprecherin Gizem Fesli sofortiges Handeln, um eine exponentielle Ausbreitung des Virus zu verhindern. Bei einer Inzidenz von 10 und mehr sollten unter anderem Wirtschaft, Einzelhandel und Schulen heruntergefahren und geschlossen werden.
Die Priorität der zweiten Stufe „Vorsichtige Öffnung“ liege auf Lockerungen im Bildungsbereich, insbesondere bei Kitas und Schulen, sagte die Sprecherin. Parallel solle der Freizeit- und Kulturbereich leicht geöffnet werden, „damit die Bevölkerung wieder einen Ausgleich zu den massiven psychosozialen Belastungen der Pandemie erfährt“.
Ziel der „Grünen Stufe“ ist es den Angaben zufolge, das Infektionsgeschehen dauerhaft auf Null zu senken. Unternehmen, die mit Hygienekonzepten wieder öffnen, sollten regelmäßig kontrolliert werden. Alle drei Stufen sollten von sozialpolitischen Schritten wie etwa der Anhebung des Kurzarbeitergeldes flankiert werden. Finanziert werden sollen die Maßnahmen beispielsweise mit Hilfe von Sonderabgaben auf Unternehmensgewinne.
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