Etat des Gesundheitsressorts soll leicht schrumpfen

Berlin – Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) muss im kommenden Jahr mit rund 270 Millionen Euro weniger Mitteln auskommen als noch in diesem Jahr. Für 2025 sind etwa 16,4 Milliarden Euro eingeplant. In diesem Jahr sind es noch zirka 16,7 Milliarden Euro gewesen.
Das sieht der Haushaltsentwurf der Bundesregierung vor, der heute das Kabinett passiert hat. Damit kann der in der Koalition lange umstrittene Entwurf an den Bundestag weitergeleitet werden. Der Haushaltsausschuss wird sich dann mit den Plänen der Regierung befassen. Ein Beschluss ist im Parlament für Ende November vorgesehen.
Die geringere Mittelveranschlagung des Etats im BMG geht im Wesentlichen auf geringere Ausgaben durch die Coronapandemie zurück.
Für die Finanzierung von Pandemiebereitschaftsverträgen sollen 2025 etwa 150 Millionen Euro weniger ausgegeben werden als noch in diesem Jahr. Weitere rund 140,5 Millionen Euro entfallen, weil die Leistungen des Bundes an den Gesundheitsfonds für durch die SARS-CoV-2-Pandemie verursachte Belastungen ganz gestrichen werden.
Der Bundeszuschuss an die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) bleibt, wie bisher, mit 14,5 Milliarden Euro der größte Ausgabenblock. Ein Manko: Mehr Geld ist auch nicht eingeplant. Weder die steigenden Kosten in der Pflege, noch die durch die zahlreichen Gesetze zu erwartenden Mehrkosten für die GKV sind berücksichtigt.
Paula Piechotta, Mitglied im Haushaltsausschuss und Berichterstatterin für den Gesundheitsetat der Grünen Bundestagsfraktion, betonte, dass für den Gesundheitsetat „insgesamt nur minimale Kürzungen“ zu verzeichnen seien. Aber trotz des Wegfalls von Pandemiekosten bestünden weiterhin coronabedingte Verpflichtungen wie etwa die Pandemiebereitschaftsverträge und die Impfstoffverträge.
„Aktuell nicht abgebildet sind die großvolumigen Mehrkosten, die aus den laufenden Gerichtsverfahren zu den Maskenbeschaffungen unter Jens Spahn resultieren werden“, so Piechotta. Aus ihrer Sicht könnten diese Kosten „potenziell die größte Belastung für den Etat des Gesundheitsministers“ werden.
„Das ursprüngliche Ziel, Ausgaben und Einnahmen zu harmonisieren und damit die Finanzen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und sozialen Pflegeversicherung (SPV) wieder in Ordnung zu bringen, scheint völlig aus dem Blick geraten zu sein“, monierte Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes. Beitragsstabilität und der verantwortungsvolle Umgang mit Beitragsgeldern zählten nicht mehr.
Reimann warf dem Bundeskabinett vor, seine finanzielle Verantwortung zu verdrängen und sich endgültig von der Umsetzung seiner Koalitionsversprechen zu verabschieden. Gleichzeitig würden die Krankenversicherungsbeiträge der Versicherten und Arbeitgeber im Gesundheitswesen mit vollen Händen verteilt.
„Dieses Laissez-faire führt zu Frustration bei den Beitragszahlenden und untergräbt das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit des Gesundheitswesens. Und es bedeutet die grundsätzliche Absage an nachhaltiges Wirtschaften im Gesundheitswesen. Damit fährt man die GKV und SPV auf Dauer an die Wand“, so Reimann.
Anne-Kathrin Klemm, Vorständin des BKK Dachverbandes, betonte, der Haushalt verheiße für die GKV-Finanzen „nichts Gutes“. Auch im bevorstehenden Bundestagswahljahr würden die vollmundigen Versprechen aus dem Koalitionsvertrag nicht eingelöst.
Weder sei eine Dynamisierung des Bundeszuschusses an die GKV, eine bessere Finanzierung der Beiträge für Bürgergeldbeziehende, eine Erstattung der Pandemiekosten an die soziale Pflegeversicherung (SPV) oder eine Übernahme der Kosten für die Rentenbeiträge für pflegende Angehörige vorgesehen. Auch sei der Steuerzuschuss an die soziale Pflegeversicherung (SPV) weiterhin gestrichen.
Auch Linken-Chefin Janine Wissler übte Kritik. „Das Problem ist, dass der Haushalt den Herausforderungen für die Zukunft überhaupt nicht gerecht wird“, sagte Wissler im ZDF-Morgenmagazin. Es müsse dringend mehr Geld in Wohnen, die Verkehrsinfrastruktur, Krankenhäuser, Schulen und den Kampf gegen den Klimawandel gesteckt werden. Hilfsorganisationen übten scharfe Kritik an geplanten Kürzungen der Bundesregierung in der Entwicklungspolitik.
Insgesamt hat der Etat des Bundesregierung 2025 ein Volumen von 480,6 Milliarden Euro. Das sind rund acht Milliarden weniger als in diesem Jahr. 78 Milliarden Euro weist das Finanzministerium als Investitionen aus –ein Rekordniveau. Bundesfinanzminister Lindner plant dabei mit neuen Krediten in Höhe von 43,8 Milliarden Euro – ebenfalls etwas weniger als in diesem Jahr.
Dieses Geld darf die Bundesregierung laut Grundgesetz trotz Schuldenbremse aufnehmen. SPD und Grüne hatten laut mit dem Gedanken gespielt, eine Ausnahme für höhere Kredite geltend zu machen, doch die FDP setzte sich durch.
Mehr Kredite sollen dagegen im laufenden Jahr aufgenommen werden: Das Kabinett brachte auch einen Nachtragshaushalt mit 11,3 Milliarden Euro zusätzlichen Schulden auf den Weg. Das ist auch mit Schuldenbremse möglich, weil die Konjunktur so schwach ist.
Das Geld soll vor allem Mehrbedarfe bei der Förderung von Ökostrom und beim Bürgergeld auffangen und ausgleichen, dass weniger Steuereinnahmen reinkommen. Die Ampelkoalition will mit dem Haushalt für 2025 gleichzeitig die Wirtschaft wieder ankurbeln, Sozialleistungen erhalten und der angespannten internationalen Sicherheitslage gerecht werden.
Außerdem werden Familien durch ein höheres Kindergeld und einen höheren Kinderzuschlag für berufstätige Eltern mit geringen Löhnen unterstützt. Insgesamt sind für 2025 und 2026 steuerliche Entlastungen von etwa 23 Milliarden geplant, auch durch eine Anhebung von Freibeträgen bei der Lohn- und Einkommensteuer sowie Ausgaben für steuer- und beitragsfreie Mehrarbeit.
Kunstgriffe notwendig
Dass es keine großen Einsparungen gibt, bedeutet aber auch, dass für einen ausgeglichenen Haushalt Kunstgriffe nötig sind. So will Lindner Zinsausgaben haushaltstechnisch künftig anders verbuchen. Er hofft außerdem, dass durch ein Paket für mehr Wirtschaftswachstum, dessen Eckpunkte das Kabinett auch beschloss, rund sechs Milliarden Euro mehr Steuereinnahmen reinkommen.
Und dann ist da noch die sogenannte globale Minderausgabe von 17 Milliarden Euro. Damit wettet die Bundesregierung zum einen darauf, dass die Ministerien ohnehin nicht das gesamte Geld in dem Jahr ausgeben werden. Das Vorgehen ist durchaus üblich, die Summe aber sehr hoch.
In den 17 Milliarden sind aber auch acht Milliarden Euro enthalten, für deren Finanzierung die Bundesregierung schon eine Idee hat, die aber verfassungsrechtlich womöglich auf tönernen Füßen steht. So könnte unter anderem Geld, das die Aufbaubank KfW für die Gaspreisbremse nicht verwendet hat, an den Bundeshaushalt zurückfließen. Ob das wasserfest wäre, wird noch geprüft.
Genauso muss Lindner klären lassen, ob es wirtschaftlich sinnvoll wäre, Zuschüsse an die Deutsche Bahn und die Autobahngesellschaft durch Darlehen zu ersetzen. Diese würden nicht auf die Schuldenbremse angerechnet – könnten sich aber womöglich auswirken, wenn die Unternehmen Geld am Kapitalmarkt aufnehmen wollen. Lassen sich die drei Ideen nicht umsetzen, müssten SPD, Grüne und FDP womöglich doch nochmal neu verhandeln.
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