Europäisches Parlament will gegen Arzneimittelengpässe in Europa vorgehen

Brüssel/Berlin – Ein Papier zur künftigen Vermeidung von Arzneimittelengpässen in der Europäischen Union wurde gestern vom EU-Parlament beschlossen. „Die Coronakrise hat uns noch einmal verdeutlicht, wie sehr wir bei der Produktion von Arzneimitteln in den Händen von Drittstaaten wie China und Indien liegen. Deshalb wollen wir die Arzneimittelproduktion hier in Europa unterstützen. Das ist fraktionsübergreifend Konsens im Europäischen Parlament“, betonte der CDU-Europaabgeordnete und gesundheitspolitische Sprecher der größten Fraktion im Europäischen Parlament (EVP-Christdemokraten), Peter Liese.
Arzneimittelknappheit habe es bei bestimmten Arzneimitteln schon vor der Coronakrise gegeben – die Problematik sei jedoch noch einmal verschärft worden. Insbesondere die reine Fokussierung auf die Kosten sieht Liese als Grund für bestehende Engpässe bei der Versorgung. Das wichtige Thema Versorgungssicherheit habe bislang, etwa bei den Ausschreibungen der Krankenkassen oder staatlichen Gesundheitsbehörden, keine Rolle gespielt.
„Wir wollen deshalb eine generelle Diversifizierung der Arzneimittelproduktion. Es kann und darf nicht sein, dass lebensnotwendige Arzneimittelversorgung von einer einzigen Fabrik in China oder Indien abhängt“, so Liese.
Deshalb sollen bei den Ausschreibungen durch die Krankenkassen oder die staatlichen Gesundheitssysteme auch andere Kriterien einbezogen werden müssen als allein der Preis. So sollen mindestens zwei Produktionsstätten für die Ausgangssubstanz bereitstehen, wovon idealerweise eine in Europa sein sollte.
Die EU-Abgeordneten wollen außerdem eine stärkere Zusammenarbeit bei der Entwicklung von Impfstoffen und Medikamenten. „Die Kommissionspräsidentin hatte gestern schon vorgeschlagen, dafür eine neue Agentur, vergleichbar mit der amerikanischen BARDA, einzurichten. Das unterstützen wir nachdrücklich, um besser auf die die nächste Krise vorbereitet zu sein“, so Liese abschließend.
Der Kampf gegen Lieferengpässe, der Zugang zu bezahlbaren Medikamenten und die Stärkung der Kompetenzen von Apotheken sind zentrale Forderungen eines Positionspapiers, das die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) im Konsultationsprozess zur Europäischen Arzneimittelstrategie gegenüber der Europäischen Kommission abgegeben hat.
„Liefer- und Versorgungsengpässe im Arzneimittelbereich sind leider keine isolierten Probleme einzelner Mitgliedstaaten, sondern betreffen viele Millionen Menschen in ganz Europa“, erklärt Mathias Arnold, Vizepräsident und Leiter der Europadelegation der ABDA.
Nur eine gesamteuropäische, ganzheitliche und patientenorientierte Politik könne dazu beizutragen, die Versorgung Europas mit erschwinglichen und hochwertigen Medikamenten auch in Zukunft zu gewährleisten.
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