Politik

Experten für regulatorische Anpassungen bei Orphan Drugs

  • Freitag, 21. Februar 2025
/HYUNGKEUN, stock.adobe.com
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Hamm – Verbesserungspotenzial bei den Regelungen zu Orphan Drugs thematisierten Fachleute gestern im Rahmen eines Diskussionsforums. Dies wurde sowohl auf Fragen der Generierung von Evidenz für die Nutzenbewertung als auch auf die derzeitigen Anreizsysteme zur Forschung bezogen.

Zum letzteren Aspekt äußerte sich Michael Ermisch, Referatsleiter AMNOG/G-BA beim GKV-Spitzenverband. Die bisherige Regulatorik zu Orphan Drugs (Arzneimittel zur Behandlung seltener Krankheiten) sei auch in verschiedenen Analysen im Auftrag der EU-Kommission durchaus differenziert bis kritisch bewertet worden, sagte er.

Die sich aus dem Trend zur personalisierten Medizin beziehungsweise zu personalisierten Arzneimitteltherapien ergebenen Folgen hätten allerdings bei Festlegung der aktuellen Rechtslage auch noch nicht berücksichtigt werden können. Im Rahmen der laufenden EU-Pharmagesetzgebung müsse aber mit Blick auf finanzielle Privilegien ein Fokus auf „wirklich seltene Erkrankungen“ erfolgen.

Sonst drohe zunehmend die Gefahr, dass durch die Schaffung von immer mehr Untergruppen bei häufiger auftretenden Erkrankungen die Zahl der als Orphan Drugs deklarierten Arzneimittel stark ansteige. Spätestens dann stellten sich Fragen der Finanzierbarkeit durch die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV).

Ermisch verwies auf ein Positionspapier des Medicine Evaluation Committee (MEDEV) – einem Verband von Vertretern der sozialen Krankenversicherungsträger in Österreich, Finnland, Deutschland, Luxemburg, den Niederlanden und der Schweiz.

Darin wird betont, dass sich der europarechtliche Rahmen für Arzneimittel für seltene Leiden auf extrem seltene Krankheiten konzentrieren und regelmäßige Neubewertungen der Marktexklusivität vorsehen müsse.

Neue Wege müssten auch bei der Generierung von aussagekräftiger Evidenz zu Orphan Drugs beschritten werden, forderte Rimma Berenstein, stellvertretende Leiterin der Abteilung Arzneimittel, Geschäftsstelle des Gemeinsamen Bundesauschusses (G-BA). Derzeit würden beispielsweise in etwa der Hälfte der Orphan-Drugs-Nutzenbewertungsverfahren mit einem nicht quantifizierbaren Zusatznutzen Daten zur Lebensqualität fehlen.

Das 2019 eingeführte Instrument der anwendungsbegleitenden Datenerhebung (AbD), mit welchem theoretisch Datenlücken durch die Erfassung klinischer Daten und die Integration von klinischen Registern geschlossen werden könnten, sei durch einen komplexen Prozessablauf und strukturelle Herausforderungen gekennzeichnet.

Als Folge trete nach einem entsprechenden Forderungsbeschluss des G-BA eine zeitliche Differenz zwischen formal möglichem und dem praktischen Beginn der Datenerhebung auf. Aufgrund der erforderlichen Studiendauer seien Daten für eine erneute Nutzenbewertung auf Basis einer AbD in der Regel frühestens nach sechs bis acht Jahren verfügbar.

aha

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