Gemeinsame europäische Arzneimittelbewertung gestartet

Berlin/Köln/Brüssel – Mitte Januar ist die gemeinsame europäische Bewertung von Gesundheitstechnologien (Health Technology Assessments, HTA) gestartet. Sie gilt zunächst für neue Arzneimittel zur Behandlung von Krebs sowie für neue Arzneimittel für neuartige Therapien.
Die Mitgliedsstaaten müssen die die EU-HTA-Bewertungen bei ihren Entscheidungen angemessen berücksichtigen, dürfen aber ergänzende klinische Bewertungen durchführen. Die Unternehmen müssen ihre Daten aber nur noch einmal einreichen – für die EU-HTA.
Für die Verzahnung der europäischen mit der deutschen Nutzenbewertung – dem AMNOG-Verfahren – hat das Bundesgesundheitsministerium einen Referentenentwurf zur Anpassung der nationalen Arzneimittel-Nutzenbewertungsverordnung vorgelegt.
Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) begrüßt die dort vorgesehenen Regelungen. Das AMNOG-Verfahren soll demnach in seinen Grundzügen nicht geändert werden.
„Nach Analyse des Entwurfs der ersten Verordnung zur Änderung der Arzneimittel-Nutzenbewertungsverordnung können wir davon ausgehen, dass die Transparenz des AMNOG-Verfahrens aufrechterhalten wird. Diese Transparenz kann damit weiterhin zu guten Entscheidungen für die Patientenversorgung beitragen“, sagte Beate Wieseler, Leiterin des IQWiG-Ressorts Arzneimittelbewertung und Mitglied der EU-Koordinierungsgruppe für HTA.
Das IQWiG befürwortet unter anderem, dass die vom pharmazeutischen Unternehmen bereits auf EU-Ebene eingereichten Informationen auch für die Nutzenbewertung in Deutschland verwendet werden können. Lediglich Informationen, die aus dem EU-Verfahren nicht zur Verfügung stehen, müssen dann noch im Dossier für das AMNOG-Verfahren nachgereicht werden.
„Die Voraussetzung für diese Verweislösung ist, dass das europäische Dossier zeitgerecht vollumfänglich (einschließlich aller Anlagen) für das deutsche Verfahren zur Verfügung steht“, betont das Institut in seiner Stellungnahme.
Grundsätzliche Zustimmung signalisiert auch der Verband Forschender Arzneimittelhersteller (vfa), mahnt aber Verbesserungen an. „Die europäische und die nationale Nutzenbewertung müssen nahtlos verzahnt werden, und die Ergebnisse aus Europa sollten dann auch konsequent genutzt werden“, sagte der Präsident des Verbandes, Han Steutel.
Der aktuelle Referentenentwurf bringe zwar Planungssicherheit und reduziere Doppelarbeit, schöpft das vorhandene Potenzial der EU-HTA laut dem vfa aber nicht aus. Der Verband fordert insbesondere „klare Vorfahrtsregeln für europäische Ergebnisse“.
„Wir brauchen eine Anpassungsmöglichkeit der nationalen Bewertungsgrundlagen, um den einheitlichen europäischen Nutzennachweis zu ermöglichen. Nur so lässt sich die Wettbewerbsfähigkeit Europas stärken,“ betonte der vfa-Präsident.
In Deutschland regelt das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung (Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz, AMNOG) den Preis neuer Arzneimittel. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) bewertet zunächst den Zusatznutzen eines neuen Arzneimittels gegenüber einer von ihm festgelegten Vergleichstherapie.
Grundlage sind klinische Studiendaten des Arzneimittelherstellers in einem Dossier. Die Bewertung über den Zusatznutzen ist in einem zweiten Schritt die Grundlage für eine Preisverhandlung zwischen Hersteller und dem Spitzenverband der Krankenkassen (GKV-SV).
„Das deutsche AMNOG-Verfahren wird weitergeführt. Lediglich der erste Teil der Zusatznutzenbewertung, die Bewertung der klinischen Studienlage, soll in Zukunft gemeinsam auf europäischer Ebene durchgeführt werden und dann als nationale Grundlage herangezogen werden“, informiert der vfa über das neue Verfahren.
In Zukunft werde das IQWiG auf europäischer Ebene an dem EU-HTA-Bewertungsbericht mitarbeiten. Der G-BA treffe aber weiterhin die Entscheidung über den Zusatznutzen – auf Basis des europäischen Berichts und möglicher zusätzlicher nationaler Analysen.
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