Gesetz zur Eindämmung von Lieferengpässen greift bislang kaum

Berlin – Vor der anstehenden Erkältungszeit im Winter 2024/25 warnt der Verband Pro Generika vor weiteren Lieferengpässen bei Kinderarzneimitteln. Denn die Maßnahmen, die die Bundesregierung im vergangenen Jahr im Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) auf den Weg gebracht habe, hätten nicht zu den gewünschten Effekten geführt.
„Eigentlich wollte das Gesetz dazu beitragen, dass Hersteller von Kinderarzneimitteln finanziell bessergestellt werden“, sagte der Geschäftsführer von Pro Generika, Bork Bretthauer, dem Deutschen Ärzteblatt. Die Regulierungen im Arzneimittelbereich seien jedoch so kompliziert, dass die Neuregelungen in einigen Fällen stattdessen zu einer finanziellen Schlechterstellung mancher Hersteller von Kinderarzneimittel geführt hätten.
Mit dem ALBVVG wurden unter anderem Festbeträge und Rabattverträge für Kinderarzneimittel abgeschafft. Gleichzeitig konnten die Hersteller ihre Preise einmalig um 50 Prozent des zuletzt geltenden Festbetrags anheben.
„Das ist eigentlich eine gute Idee“, betonte Bretthauer. „Da die betreffenden Arzneimittel in keine Festbetragsgruppe mehr fielen, griffen aber nun andere Regelungen wie das Preismoratorium mit dem Ergebnis, dass die Hersteller weniger, statt mehr Geld für ihre Arzneimittel erhielten.“
Auch andere Regelungen des ALBVVG hätten bislang nicht in dem Maße gegriffen, wie sie geplant waren, so Bretthauer weiter. So müssen Krankenkassen im Vergabeverfahren für Rabattverträge Hersteller von Antibiotika bezuschlagen, deren Wirkstoffe in Europa produziert werden.
„Auch das ist grundsätzlich eine gute Maßnahme, die aber nicht zum Gamechanger taugt und nicht dazu führen wird, dass jemand ein neues Antibiotikawerk in Europa errichtet “, sagte Bretthauer und verwies auf eine aktuelle Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der CDU-Fraktion im Bundestag.
Zwar seien die ersten entsprechenden Ausschreibungen nun bezuschlagt worden, schreibt die Bundesregierung. Doch nicht bei allen bisherigen Ausschreibungen konnten Lose für Hersteller vergeben werden, die ihre Wirkstoffe in Europa beziehen.
Im Mai hatten die Ersatzkassen unter Federführung der Techniker Krankenkasse erstmals Antibiotika nach den Regeln des ALBVVG ausgeschrieben. Dabei ging es um acht Antibiotikawirkstoffe. Für jeden Wirkstoff waren drei Zuschläge vorgesehen, einer davon für Hersteller mit europäischer Wirkstoffproduktion.
Es stellte sich jedoch der TK zufolge heraus, dass nicht für alle Lose auch ein Wirkstoff aus der EU angeboten wurde. Der Vorstandsvorsitzende der TK, Jens Baas, erklärte damals, dass das ALBVVG ein erster Schritt gewesen sei, um die Versorgungssicherheit zu stärken. Die Kassen bräuchten jedoch noch mehr Spielräume, um die Hersteller zu robusteren und diversifizierten Lieferketten zu verpflichten.
Auch Bretthauer von Pro Generika fordert von der Bundesregierung weitere Maßnahmen, um Lieferengpässe bei Generika zu reduzieren. „Das ALBVVG ist wie ein Pflaster auf einer klaffende Wunde“, meinte er. Die Maßnahmen seien zu schwach, zu kleinteilig und oft zu kompliziert und sie lieferten den Herstellern nicht die Planbarkeit, die diese benötigten.
Als eine Maßnahme forderte er die Aussetzung von Festbeträgen und Rabattverträgen für alle Generika, bei denen aufgrund ausgeschiedener Anbieter Engpässe drohen, sowie eine Preiserhöhung von 50 Prozent – allerdings ohne gleichzeitiges Greifen des Preismoratoriums.
Die Bundesregierung geht in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der CDU-Fraktion davon aus, dass das ALBVVG noch weitere Effekte in der Zukunft entfalten werde. Sie verweist auf die im Gesetz vorgeschriebene Evaluation der Maßnahmen, die bis zum Ende des kommenden Jahres vorliegen soll.
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