Politik

Guterres: Coronaimpfstoffe müssen „globales öffentliches Gut“ sein

  • Freitag, 18. Dezember 2020
UN-Generalsekretär Antonio Guterres bei seiner heutigen Rede Im Bundestag. /picture alliance, AA, Abdulhamid Hosbas
UN-Generalsekretär Antonio Guterres bei seiner heutigen Rede Im Bundestag. /picture alliance, AA, Abdulhamid Hosbas

Berlin – UN-Generalsekretär António Guterres hat einen gerechte weltweite Verteilung der Impfstoffe gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 angemahnt. „Jetzt ist es wichtig, dass die Impfstoffe als globales öffentliches Gut betrachtet werden“, sagte er heute in Berlin in einer Rede im Bundestag. „Sie müssen überall und für alle Menschen zugänglich und bezahlbar sein. Ein Impfstoff, der den Menschen gehört.“

Guterres sprach unter dem Beifall der Abgeordneten den Gründern der Mainzer Firma Biontech, Ugur Sa­hin und Özlem Türeci, seine „tiefe Anerkennung für ihren großen Beitrag zur Entwicklung eines Impf­stoffs“ aus. Der Bundesregierung dankte er für ihren Einsatz zur Entwicklung und gerechten Verteilung von Impfstoffen, Diagnostika und Behandlungen.

Vorgehen müsse man auch gegen „das Virus der Fehlinformationen“, sagte Guterres. „Auf der ganzen Welt beobachten wir, wie Populismus Wissenschaft ignoriert und die Menschen irreführt. Und es ver­breiten sich Fehlinformationen, Mythen und wilde Verschwörungstheorien.“ Die Vereinten Nationen arbeiteten daran, „Vertrauen in die Impfung zu schaffen - basierend auf Wissenschaft und Fakten“.

„Wir werden COVID-19 nicht durch Nationalismus bekämpfen, sondern durch internationale Zusammen­arbeit", hatte Guterres gestern bereits nach einem Gespräch mit Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) erklärt. Er rief zu mehr Anstrengungen bei der Finanzierung der interna­tionalen Covax-Initiative auf. Bei dieser bestehe weiterhin eine Finanzierungslücke über fünf Milliarden Dollar bis Ende Januar, sagte Gu­terres. Es fehlten zudem weitere 20 Milliarden Dollar, die im Zusammen­hang mit dem Programm noch „erforderlich“ seien.

Mit der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ins Leben gerufenen Covax-Initiative sollen alle Länder der Welt zügig Zugang zu Impfstoffen erhalten. Zugleich hätten manche Staaten mehr Impfstoffe gekauft, als sie zur Versorgung ihrer eigenen Bevölkerung benötigten, sagte Guterres. Er bezeichnete es als „sehr wichtig“, dass diese Staaten die zusätzlichen Impfstoffe der Covax-Plattform zur Verfügung stellen. Die Mittel könnten dann den Entwicklungsländern zur Verfügung stellen.

„Wenn wir das nicht schaffen, dann scheitern wir vielleicht auch in den Industrienationen“, sagte Guter­res. Wenn die Krankheit nicht „ausgemerzt“ werde, könne das Virus mutieren – dann seien Impfstoffe möglicherweise „plötzlich nicht mehr wirksam“. „Die Natur schlägt immer zurück“, warnte Guterres.

Nach Ansicht von Guterres ist es auch wichtig, die Skepsis in Teilen der Bevölkerung vor einer Impfung zu reduzieren. „Die Impfungen werden nicht verpflichtend sein. Und wir wissen, dass in sozialen Medien eine große Kampagne läuft, um die Menschen von einer Impfung abzuschrecken“, sagte der UN-General­sekretär Zeit Online.

Guterres dankte der Bundesrepublik für deren Einsatz für Multilateralismus. Deutschland sei ein „verläss­licher, großzügiger und sehr vorbildlicher Partner in diesen schwierigen, herausfordernden Zeiten“. Deutschland scheidet zum Jahresende nach zwei Jahren als nichtständiges Mitglied im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen wieder aus dem Gremium aus.

Außenminister Maas sagte, das multilaterale System sei in dieser Zeit „von verschiedenen Seiten unter Druck gesetzt worden. „In diesen manchmal sehr eisigen Zeiten haben wir Multilateralismus so gut es geht überwintert. Wir werden alles daran setzen, dass dem alsbald ein neuer Frühling nachfolgt.“

Die Grünen forderten die Bundesregierung derweil auf, Guterres' Mahnungen zu einer gerechten Vertei­lung des Coronaimpfstoffs Gehör zu schenken. „Denn mit einem nationalen Alleingang bei der Impfstoff­verteilung werden wir die Pandemie nicht erfolgreich bekämpfen“, erklärten die Grünen-Politiker Anton Hofreiter und Claudia Roth. „Für eine koordinierte und solidarische Zusammenarbeit braucht es starke Vereinte Nationen, allen voran eine schlagkräftige und finanziell unabhängige Weltgesundheits­organisa­tion.“

Die Bundesregierung solle endlich international für eine gerechte globale Verteilung der Impfstoffe wer­ben, forderten Hofreiter und Roth. Für ärmere Länder müssten kostengünstige Lizenzen zur Verfügung gestellt werden. Der Zugang zu Impfstoffen dürfe nicht an der „Kaufkraft armer Länder scheitern“.

afp/dpa

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