Politik

Hamburger Senat senkt Fachkraftquote in Pflegeheimen

  • Mittwoch, 2. Oktober 2024
/Peter Atkins, stock.adobe.com
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Hamburg – Hamburger Pflegeheime, die nachweislich eine gute Betreuungsqualität bieten, müssen vom 1. November an nicht mehr so viel fachlich ausgebildetes Betreuungspersonal vorhalten. Der rot-grüne Senat der Hansestadt reagiert damit nach eigenen Angaben auf die grassierende Personalnot, die in mindestens zwei Fällen schon zur Schließung von Pflegeheimen geführt hat.

Bislang muss in den Einrichtungen unabhängig von der tatsächlich erreichten Pflegequalität mindestens die Hälfte des Pflege- und Betreuungspersonals über eine dreijährige Ausbildung verfügen.

Der Neuregelung zufolge können Pflegeheime, bei denen die Landesverbände der Pflegekassen in den vergan­genen zwölf Monaten ein hohes Qualitätsniveau festgestellt haben, die Quote künftig auf 40 Prozent senken. Derzeit gelte dies für rund ein Drittel der 142 stationären Pflegeeinrichtungen.

„Die Flexibilisierung der Fachkraftquote ist ein Baustein, um das Angebot an guter stationärer Pflege in Ham­burg zu stärken und es Angehörigen zu erleichtern, schnell einen guten Pflegeplatz zu finden“, sagte Sozials­enatorin Melanie Schlotzhauer (SPD).

Dabei gelte: Je besser die Qualität einer Pflegeeinrichtung, desto flexibler könne sie im Personaleinsatz wer­den. Die Senatorin betonte aber: „Eine Flexibilisierung ist nur für Pflegeeinrichtungen möglich, die eine gute bis hohe Betreuungsqualität vorhalten.“

Die Linken in der Hamburgischen Bürgerschaft nannten die Absenkung ein fatales Signal für die Beschäftigten und die pflegebedürftigen Menschen. „Studien belegen, dass die Qualität der Pflege leidet, wenn examinierte Fachkräfte durch Hilfskräfte oder Ungelernte ersetzt werden“, sagte der pflegepolitische Sprecher der Links­frak­tion, Deniz Celik.

Aufgrund des demografischen Wandels sei davon auszugehen, dass die Zahl pflegebedürftiger Menschen zu­nehmen werde. „Deshalb brauchen wir nicht weniger, sondern mehr Fachkräfte am Bett.“ Den Fachkräfteman­gel bekämpfe man nicht durch die Absenkung der Qualitätsstandards, sondern durch gute Arbeitsbedingungen und eine bessere Bezahlung.

Anfang Juli hatte die Diakoniestiftung Alt-Hamburg mitgeteilt, wegen des akuten Personalmangels Ende Janu­ar zwei Pflegeheime zu schließen: das Heinrich-Sengelmann-Haus in St. Georg mit 95 Plätzen und das Senio­renhaus Matthäus in Winterhude mit 122 Plätzen. Nun hat auch das Amarita-Pflegeheim in Hohenfelde ange­kündigt, dass deren rund 100 Bewohner Ende November umziehen müssten.

Der Geschäftsführer der Emvia Living Gruppe, zu der auch Amarita gehört, sagte dem Hamburger Abendblatt: „So schwer es für die Bewohner und das engagierte Team ist: Die Einrichtung kann ohne eine ausreichende Auslastung finanziell nicht getragen werden.“

Um die Personalsituation in der Pflege langfristig zu entlasten, will der Senat einen neuen berufs­begleitenden Bachelorstudiengang einrichten, der die Kombination von Ausbildung und Studium in der Pflege ermöglichen soll. Zudem werde zur Ausbildung des Lehrernachwuchses für Gesundheits- und Pflegeberufe ein neuer Auf­baustudiengang geschaffen. Bei ihm sei eine Kapazität von jährlich 25 Studierenden mit Studienbeginn zum Wintersemester 2025/2026 geplant.

„Eine wissenschaftlich fundierte und praxisorientierte Ausbildung ermöglicht vielfältige Karriere­möglichkeiten und macht den Pflegeberuf attraktiv“, sagte Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne). Eine Akade­misierung der Gesundheitsfachberufe führe auch dazu, dass die Pflegekräfte von morgen mehr Kom­petenzen erwerben und Pflegeprozesse eigenständiger gestalten könnten.

Schulsenatorin Ksenija Bekeris (SPD) wies auf das neue Angebot des grundständig qualifizierenden Pflege­wissenschaftsstudiums an der Beruflichen Hochschule Hamburg hin, das sowohl eine Ausbildung als auch ein Studium ermögliche.

dpa

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