Politik

Hochrisiko­medizinprodukte: Über Nutzen oder Schaden fehlen aussagekräftige Daten

  • Dienstag, 29. März 2022
/WavebreakMediaMicro, stock.adobe.com
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Köln – Deutliche Kritik an den Herstellern und Anwendern neuer Hochrisikomedizinprodukte übt das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Anlass ist die neue Bewertung zweier Hochrisikomedizinprodukte, für die laut IQWiG adäquate Daten zum Nutzen oder Schaden fehlen.

„Es ist für uns immer wieder überraschend zu sehen, auf welcher schwachen Evidenz der Einsatz von in­novativen Hochrisikomedizinprodukten im Krankenhaus häufig fußt“, sagte Julia Kreis, Bereichsleiterin im IQWiG-Ressort „Nichtmedikamentöse Verfahren“.

Die Bewertung bezieht sich zum einen auf die Endoskopische Injektionsimplantation von 32-P-mar­kier­ten Mikropartikeln bei irresektablen, lokal fortgeschrittenen Pankreastumoren: Bei dieser Methode wer­den Patienten mit chirurgisch nicht entfernbarem, lokal fortgeschrittenem Tumor in der Bauchspeichel­drüse per Punktionsnadel radioaktiv markierte Mikropartikel direkt in das bösartig veränderte Gewebe gespritzt.

Das invasive Verfahren soll zusätzlich zu einer Erstlinienchemotherapie zum Einsatz kommen und dazu beitragen, dass der Tumor sich verkleinert und operativ vollständig entfernt werden kann.

Zur Bewertung der Methode hatten das Krankenhaus und der Hersteller laut IQWiG sechs Studien mit Ergebnissen zu jeweils relativ wenigen Patienten vorgelegt – jeweils ohne oder ohne geeignete Ver­gleichsgruppe.

„Auf Basis dieser Unterlagen ließen sich keine belastbaren Aussagen zu Nutzen oder Schaden ableiten“, bewertet die IQWiG-Arbeitsgruppe. Nötig sei eine zumindest mittelgroße randomisierte kontrollierte Studie, welche die neue Methode mit einer alleinigen Erstlinienchemo- oder -radiotherapie vergleiche, so die Empfehlung.

Fehlende Daten gibt es laut IQWiG auch bei der Transzervikalen Radiofrequenzablation bei Uterus­myo­men. Bei dieser Methode werden gutartige Tumore der muskulären Gebärmutterwand mittels Ultra­schall­sonde lokalisiert und per Radiofrequenz­energie verödet. Dies soll starke Blutungen und Schmerzen in Verbindung mit symptomatischen Uterusmyomen lindern.

Zur Bewertung dieser Methode lagen dem IQWiG Ergebnisse aus fünf Fallserien vor. Darüber hinaus ver­wiesen das Krankenhaus und der Hersteller auf eine sich in Planung befindliche Studie.

„Auf Basis der vorgelegten Unterlagen ließen sich keine Erkenntnisse zum Nutzen, zur Unwirksamkeit oder zum Schaden ableiten“, berichtet das IQWiG.

Die Arbeitsgruppe erachtet hier zwei mittelgroße Erprobungs­studien als notwendig. Denn je nach Lage der Myome seien unterschiedliche Vergleichsinterventionen relevant, so die Wissenschaftler des Insti­tuts.

hil

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