Impfserien bei Kindern häufig unvollständig

Berlin – Einen Überblick über das Impfgeschehen in Deutschland gibt eine neue Publikation des Robert-Koch-Instituts (RKI). Danach liegen die Impfquoten bei Kindern insgesamt auf einem hohen Niveau, die Grundimmunisierungen werden bei Kindern aber häufig zu spät oder gar nicht abgeschlossen.
Außerdem ist weniger als die Hälfte der Jugendlichen vor Krebserkrankungen geschützt, die durch Humane Papillomviren (HPV) ausgelöst werden, geht aus dem Papier mit dem Titel „Impfquoten in Deutschland: Begleitfolien zu aktuellen Ergebnissen aus dem RKI-Impfquotenmonitoring“ hervor.
Die Übersicht zeigt außerdem, dass die empfohlenen Impfungen für Erwachsene häufig nicht in Anspruch genommen werden. Insgesamt gibt es große regionale Unterschiede bei den Impfquoten. Die COVID-19-Pandemie hatte aber offenbar keinen negativen Einfluss auf die Impfquoten.
Kinder
Die RKI-Übersicht zeigt, dass das Masernschutzgesetz im Jahr 2020 den Anstieg der Impfquote vorübergehend beschleunigt hat – ebenso wie die Impfung gegen Varizellen. Bei 87 Prozent aller Kinder wird im Augenblick bis zum Alter von 15 Monaten die Grundimmunisierung gegen Masern begonnen. Aber nur 77 Prozent der Kinder sind bis zu ihrem zweiten Geburtstag vollständig gegen Masern geimpft.
Bei 96 Prozent aller Kinder wird laut dem RKI die Grundimmunisierung gegen Diphtherie, Tetanus und Pertussis begonnen. Aber Impfserien werden häufig später als empfohlen oder gar nicht abgeschlossen. So sind aktuell im Alter von 15 Monaten erst 64 Prozent der Kinder mit drei Impfstoffdosen gegen Diphtherie, Wundstarrkrampf und Keuchhusten geimpft.
Bei 96 Prozent aller Kinder wird die Grundimmunisierung gegen Kinderlähmung begonnen. Die Grundimmunisierung sollte bis zum ersten Geburtstag abgeschlossen sein. Aber zu diesem Zeitpunkt verfügen erst 21 Prozent aller Kinder über einen vollständigen Impfschutz. Hochgerechnet bedeutet dies, dass mehr als eine halbe Million Kinder pro Jahrgang in diesem Alter noch unzureichend geschützt ist.
Mit zwei Jahren sind erst 77 Prozent vollständig geimpft und damit mehr als 180.000 Kinder pro Jahrgang unzureichend geschützt.
Jugendliche
Seit Einführung der Impfung gegen HPV, sind die Impfquoten kontinuierlich gestiegen. Bei Mädchen stagnierten sie jedoch zwischen 2021 und 2023. Bei Jungen stiegen sie im selben Zeitraum deutlich langsamer.
Obwohl die HPV-Impfung für alle Kinder und Jugendlichen empfohlen wird, bestehen noch große Unterschiede zwischen den Geschlechtern. So hatten im Jahr 2023 im Alter von 15 Jahren nur rund die Hälfte der Mädchen (55 Prozent) und ein Drittel der Jungen (34 Prozent) einen vollständigen Impfschutz vor HPV-assoziierten Krebserkrankungen.
Erwachsene
Laut der Übersicht nutzen Erwachsene die Impfangebote zu wenig. Gegen Influenza sind nur etwas mehr als ein Drittel der Personen ab 60 Jahren (38 Prozent) und der Erwachsenen mit einer Grunderkrankung (31 Prozent) geimpft.
Gegen Pneumokokken sind nur ein Fünftel der Personen ab 60 Jahren (20 Prozent) und der Erwachsenen mit einer Grunderkrankung (23 Prozent) geimpft.
Seit 2023 wird Personen mit einem erhöhten Risiko für schwere Verläufe eine jährliche Auffrischimpfung gegen COVID-19 empfohlen. Es hat sich aber nur jede fünfte Person ab 60 Jahren (21 Prozent) und nur jeder siebte Erwachsene mit einer Grunderkrankung (14 Prozent) impfen lassen.
Im Jahr 2018 wurde die Impfung gegen Gürtelrose (Herpes zoster) eingeführt. Inzwischen lässt sich jede fünfte Person ab 60 Jahren (21 Prozent) und fast jede fünfte Person ab 50 Jahren mit einer Grunderkrankung (18 Prozent) impfen. Rund 80 Prozent der Personen mit Impfempfehlung bleiben also ungeschützt.
Regionale Unterschiede
Bei vielen Impfquoten bestehen große Unterschiede zwischen den Bundesländern sowie auf kommunaler Ebene. So reichen die Impfquoten für die vollständige Impfung gegen Kinderlähmung mit 24 Monaten von 69 Prozent in Baden-Württemberg bis 82 Prozent in Niedersachsen. Bei Masern reichen die Impfquoten für den vollständigen Schutz mit 24 Monaten von 55 Prozent in Sachsen bis 84 Prozent in Schleswig-Holstein.
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