Politik

In der Pandemie sinkt die Zahl ungeimpfter Kinder

  • Mittwoch, 23. Februar 2022
/Milena, stock.adobe.com
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Hamburg – 48,4 Prozent der Kleinkinder erhalten in den ersten beiden Lebensjahren alle 13 bis zu die­sem Alter von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlenen Impfungen vollständig. Weitere 48,3 Prozent sind teilweise geimpft; ihnen fehlt mindestens eine Impfung beziehungsweise Teilimpfung.

3,2 Prozent der Kleinkinder werden bis zu ihrem zweiten Geburtstag gar nicht geimpft. Das geht aus dem Verordnungsreport „Kinder und Arzneimittel“ hervor, den die Techniker Krankenkasse (TK) heute vorge­stellt hat.

Das erste Jahr der COVID-19-Pandemie hatte dabei keinen negativen Effekt auf die Impfquoten. Die Quo­ten der 2018 geborenen Kleinkinder sind mit denen der 2017 und 2016 geborenen vergleichbar. Die Quote der komplett ungeimpften Kinder ist leicht gesunken.

Bei den Kindern, die in der ersten Hälfte des Jahres 2019 geboren wurden, liegt die Durchimpfungsquote bei 51,9 Prozent und die Quote der Ungeimpften sank weiter auf 2,8 Prozent. Auch die U-Untersuchun­gen sind im Jahr 2020 nicht weniger in Anspruch genommen worden als vor der Pandemie.

Auffällig ist der TK zufolge die Entwicklung bei der Masernimpfung: Von den 2016 geborenen Kindern hatten 7,3 Prozent bis zu ihrem zweiten Geburtstag keine der beiden für die Immunisierung notwen­digen Impfungen erhalten, von den 2018 geborenen 5,8 Prozent, von den im ersten Halbjahr 2019 geborenen 4,7 Prozent.

„Hier könnte die seit März 2020 geltende Impfpflicht für Kindergarten- und Schulkinder bereits eine Rolle spielen beziehungsweise auch die öffentliche Diskussion darüber“, meinte der Vorstandsvorsitz­ende der TK, Jens Baas. Da die Masernimpfung in der Regel als Kombinationsimpfung gegeben wird, haben sich die Quoten bei Mumps und Röteln ähnlich entwickelt.

Weniger Verordnungen in der Pandemie

Der Report zeigt außerdem, welche Arzneimittel Kindern unter zwölf Jahren am häufigsten verordnet werden. Dazu gehören unter anderem die Fieber- und Schmerzmittel Ibuprofen und Paracetamol, Mittel gegen Erkältungen (Xylometazolin, Efeublätter, Ambroxol) und Mittel für den Knochenaufbau (Colecal­ci­ferol).

In den Daten macht sich ein deutlicher Coronaeffekt bemerkbar. So wurden TK-versicherten Kindern im ersten Pandemiejahr 2020 insgesamt fast 40 Prozent weniger Arzneimittelpackungen verordnet. Beka­men vor der Pandemie noch 45 Prozent der Kinder mindestens eine Verordnung zum Beispiel über Schmerz- und Fiebermittel, waren es im ersten Pandemiejahr nur noch 29 Prozent.

Auch, wenn viele Arzneimittel, die Kinder häufig einnehmen, ohne Rezept in der Apotheke gekauft wer­den können, sei trotzdem Vorsicht geboten, betonte Baas: „Auch nicht verschreibungspflichtige Schmerz­mittel oder scheinbar harmlose Nasensprays können zu Nebenwirkungen führen, vor allem, wenn sie nicht richtig angewendet werden.“

Antje Neubert, Leiterin der Zentrale für klinische Studien in der Pädiatrie am Universitätsklinikum Erlan­gen und Mitautorin des Reports, meinte „Wir wissen aus Studien, dass Medikationsfehler bei Kindern viel häufiger vorkommen als bei Erwachsenen, etwa in Form von Über- oder Unterdosierungen. Halbes Ge­wicht ist zum Beispiel nicht gleich halbe Dosis. Es ist sehr wichtig, dass Kinder das Medika­ment rich­tig dosiert und auch in einer für das Alter geeigneten Form erhalten.“

Mehr Verordnungen von ADHS-Medikamenten

Aus dem Verordnungsreport geht zudem hervor, dass die Zahl der Schulkinder und Jugendlichen zuge­nommen hat, denen Medikamente zur Behandlung psychischer Erkrankungen verordnet werden. Bei den Sechs- bis Elfjährigen stieg der Anteil leicht von 2,3 Prozent im Jahr 2017 auf 2,6 Prozent im Jahr 2020, bei den Zwölf- bis 17-Jährigen im selben Zeitraum von 3,5 Prozent auf 4,3 Prozent.

Am häufigsten werden Mittel zur Behandlung von Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störungen (ADHS) verordnet. Sie machen bei den Sechs- bis Elfjährigen 83 Prozent und bei den Zwölf- bis 17-Jäh­rigen 70 Prozent der Psychopharmakaverordnungen aus.

Von ADHS sind Jungen in beiden Altersgrup­pen deutlich häufiger betroffen als Mädchen: Sie bekommen etwa dreimal so häufig ADHS-Mittel verordnet. Im Jahr 2020 bekamen 3,4 Prozent der Sechs- bis Elfjäh­rigen Jungen und 4,3 Prozent der Zwölf- bis 17-jährigen Jungen ADHS-Mittel verschrieben.

Ein Anstieg ist bei den Zwölf- bis 17-jährigen Mädchen bezüglich der Verordnungen von Antidepressiva zu beobachten: Im Jahr 2017 bekamen 1,1 Prozent der TK-versicherten Mädchen ein entsprechendes Rezept, im Jahr 2020 1,6 Prozent.

fos

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