Politik

IQWiG will sich stärker in ärztliche Fortbildung einbringen

  • Dienstag, 2. September 2025
/cassis, stock.adobe.com
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Berlin – Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) will sich künftig stärker in Evidenzgenerierung und ärztliche Fortbildung einbringen. Zudem werde es aufgrund seiner zentralen Rolle in der europäischen Nutzenbewertung (EU-HTA) künftig internationaler aufgestellt sein als bisher, erklärte Institutsleiter Thomas Kaiser kürzlich in Köln.

Erkenntnisse des IQWiG zu Arzneimitteln und nicht medikamentösen Therapien sollen künftig besser in ärztliche Fortbildungen integriert werden, betonte Kaiser. So arbeite das Institut bereits daran, dafür schnell verständliche Zusammenfassungen von Studienbewertungen zur Verfügung stellen zu können und sei dazu auch bereits im Austausch mit internationalen ärztlichen Organisationen.

Besondere Bedeutung komme dabei dem Erhalt der hohen Qualität der IQWiG-Erkenntnisse zu. „Die ärztliche Fortbildung ist ein Massengeschäft, da muss man mit hohen Standards arbeiten“, sagte Kaiser.

Zudem habe sich sein Institut dem Ziel verschrieben, aktiv an der Verbesserung der Evidenzgenerierung mitzuarbeiten. Er wolle „mehr wissenschaftliche Tätigkeit hin zu Evidenzgenerierung statt nur Evidenzkritik“, betonte er. Das gelte insbesondere bei Orphan Drugs, Arzneimitteln gegen seltene Erkrankungen.

Auch hier sei man bereits im internationalen Austausch zu Möglichkeiten, Zulassungs- und Versorgungsstudien in diesem Bereich zu verbessern. „Gute Studiendurchführung heißt, es müssen realistische Studien sein, die Antworten auf gestellte Fragen, zu der Zeit, in der es benötigt werden, liefern“, erklärte Kaiser.

Statistische Methoden müssten so entwickelt werden, dass sie auch bei einer geringen Fallzahl eine hohe Aussagekraft haben. Auch hybride Forschung in Form einer Kombination aus randomisierten und nicht randomisierten Studien aus Registerdaten müsse mehr Raum einnehmen.

Beate Wieseler, Leiterin des Ressorts Arzneimittelbewertung, sprach sich dafür aus, Orphan Drugs ihre Sonderrolle bei der Nutzenbewertung ganz zu entziehen. Dies bedeute jedoch nicht, dass die Incentivierung zur Entwicklung von Arzneimitteln gegen seltene Erkrankungen aufgegeben werden solle, unterstrich sie.

Diese müsse jedoch vielmehr in der Preisbildung und abhängig von der Verfügbarkeit von Therapiealternativen stattfinden. Die vergangenen Jahre würden zeigen, dass viele Orphan Drugs ihren Status trotz der Verfügbarkeit dieser Alternativen erhielten.

„Wir sehen im Moment eine hohe Zahl an Zulassungen von Orphan Drugs in den gleichen Indikationen“, erklärte sie. Dabei seien onkologische Arzneimittel preisbedingt überrepräsentiert. Andere Indikationen würden hingegen vernachlässigt.

Das IQWiG schlage deshalb eine normale Nutzenbewertung mit einer gestaffelten Incentivierung vor. Eine starke Incentivierung könne erfolgen, wenn es bisher keine indikationsspezifische Therapie gibt und der Zusatznutzen gegenüber der Best Supportive Care (zweckmäßige Vergleichstherapie) gegeben ist.

Gibt es bisher keine indikationsspezifische Therapie, der Zusatznutzen gegenüber der Best Supportive Care kann jedoch nicht belegt werden, könne eine mäßige Incentivierung erfolgen. Ist eine indikationsspezifische Therapie bereits verfügbar, sollten Orphan Drugs demnach reguläre Preisverhandlungen abhängig vom Zusatznutzen durchlaufen.

Zudem unterstütze sie den Vorschlag im jüngsten Gutachten des Sachverständigenrats Gesundheit und Pflege einer Reevaluation des Zusatznutzens von bereits zugelassenen Arzneimitteln. Das sei bereits möglich, werde aber nicht durchgeführt.

Allerdings, so betonte Wieseler, dürfe es dabei keinen Automatismus geben, also keine regelhafte, sondern eine anlassbezogene Reevaluation. „Wir könnten uns vorstellen, dass wir das nur machen, wenn ein Zusatznutzen nachgewiesen ist und es einen hohen Budget Impact gibt“, erklärte sie.

Sie plädiere für ein kriterienbasiertes Vorgehen, das den Aufwand der zusätzlichen Bewertung rechtfertigt. Dabei könne beispielsweise neue Evidenz zu Fragen, die in der Erstbewertung offengeblieben sind, oder neue, besonders relevante Evidenz in einem neuen Anwendungsgebiet geschaffen werden.

Das Recht, ein solches Verfahren anzustoßen, sollte aus ihrer Sicht beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) liegen. Im besten Falle würde eine mögliche Reevaluation des Zusatznutzens bereits beim Design der Studienprogramme für die Zulassung mitgedacht.

lau

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