Kabinettsentwurf der Krankenhausreform sieht mehr Geld aus Sondervermögen für Kliniken vor

Berlin – Das geplante Krankenhausanpassungsgesetz (KHAG), das morgen im Bundeskabinett verabschiedet werden soll, sieht einige Änderungen im Vergleich zum bisherigen Referentenentwurf vor. Insbesondere bei der Finanzierung des Transformationsfonds und den Ausnahmemöglichkeiten für die Länder soll es nochmal Anpassungen geben. Der Kabinettsentwurf liegt dem Deutschen Ärzteblatt vor.
Eigentlich war der Kabinettsbeschluss schon für Anfang September geplant, allerdings gab es Unstimmigkeiten innerhalb der schwarz-roten Koalition, insbesondere das Bundesfinanzministerium intervenierte.
Das KHAG soll das Ende 2024 in Kraft getretene Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) anpassen und für eine „praktische Umsetzung“ der Reform sorgen, wie Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) wiederholt betonte.
Neu ist, dass der Bund einen größeren Anteil der Finanzierung des Transformationsfonds übernehmen will. Der Fonds zur Umstrukturierung von Kliniken im Sinne der Krankenhausreform soll insgesamt 50 Milliarden Euro umfassen und sollte bislang hälftig aus Mitteln des Gesundheitsfonds, also hauptsächlich aus Beiträgen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), gespeist werden.
Die andere Hälfte sollten die Bundesländer aus ihren Haushalten stemmen. Mit dem KHAG war ursprünglich geplant, die bundesseitige Hälfte (25 Milliarden) künftig aus dem Sondervermögen Infrastruktur zu finanzieren.
Allerdings ist im Kabinettsentwurf nun vorgesehen, dass der Bund künftig 29 Milliarden Euro mit Mitteln aus dem Sondervermögen übernimmt. In den Jahren 2026 bis 2029 will er jährlich 3,5 Milliarden Euro und von 2030 bis 2035 jeweils 2,5 Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Erste Finanzströme sollen bis zum 1. April 2026 an die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds gehen.
Dies werde mit einer gezielten Entlastung der Länder begründet, heißt es im Kabinettsentwurf. Demnach übernimmt der Bund künftig einen größeren Teil des Fonds und geht damit einen Schritt auf die Länder zu. Der Anteil der Länder soll dem Entwurf zufolge nun geringer ausfallen (21 Milliarden Euro).
Entsprechend müssen die Länder für Fördervorhaben nach dem Transformationsfonds für die Jahre 2026 bis 2029 nur einen Anteil von mindestens 30 Prozent selbst leisten. Ab 2030 sind es dann mindestens 50 Prozent, die aus dem Landeshaushalt für entsprechende Vorhaben zu finanzieren sind. Dieser „Wachstumsbooster“ vonseiten des Bundes soll eine schnelle Umsetzung der Krankenhausreform ermöglichen.
Keine Antragsfristen und Förderung auch für Universitäten
Aus dem KHVVG gestrichen werden soll auch die Frist, bis wann Länder entsprechende Anträge für Fördervorhaben im Sinne des Transformationsfonds beim Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) stellen müssen. Bislang war angedacht, dass Länder bis zum 30. September für das nachfolgende Kalenderjahr entsprechende Finanzmittel, beziehungsweise Vorhaben beantragen mussten. Diese Fristen sind aufgrund der geänderten Finanzierung durch Mittel aus dem Sondervermögen Infrastruktur nicht mehr nötig, heißt es in der Begründung des Entwurfs.
Neu ist zudem, dass Konzentrations- und Transformationsvorhaben im Sinne des Fonds künftig auch für Hochschulkliniken gelten sollen. Sie sind jedoch nur förderfähig, wenn die Länder nachweisen können, dass die Fördermittel ausschließlich für krankenhausbezogene Strukturmaßnahmen eingesetzt werden und eine zweckwidrige oder doppelte Finanzierung hochschulrechtlicher Aufgaben ausgeschlossen ist, betonte Ministerin Warken in einem Begleitschreiben an ihre Kolleginnen und Kollegen in der Regierung.
Nicht von den Ländern abgerufene Mittel des Transformationsfonds sollen für die Verwaltung und entsprechenden Aufwendungen des BAS verwendet werden und nicht mehr an den Fonds zurückgeführt werden. Dies ermögliche ab 2026 eine zusätzliche finanzielle Entlastung der gesetzlichen Krankenversicherung, heißt es in dem Schreiben.
Zudem habe sich die Bundesregierung Warken zufolge darauf verständigt, für das weitere parlamentarische Verfahren die Einführung eines Anreizsystems im Zusammenhang mit der Beantragung von Fördermitteln aus dem Transformationsfonds zu prüfen. „Ziel der Bundesregierung ist es, die Bundesländer mit klaren Fristen zu mehr Geschwindigkeit beim Transformationsprozess anzuhalten und die Zielsetzungen des KHVVG stringent umzusetzen“, betonte sie.
Ausnahmen maximal drei statt sechs Jahre erlaubt
Eine weitere große Änderung im Kabinettsentwurf des KHAG sind angepasste Ausnahmeregelungen. Im ersten KHAG-Entwurf war ein Zeitraum von maximal sechs Jahren angedacht, in denen Länder Ausnahmen für Kliniken erteilen dürfen, die nicht die Qualitätskriterien der geplanten Leistungsgruppen erfüllen. Dieser Zeitraum soll auf höchstens drei Jahre verkürzt werden. Die Krankenhäuser sollen die erforderlichen Qualitätskriterien innerhalb dieser Zeit erfüllen. Die maximal drei Jahre für Ausnahmen waren auch schon im KHVVG festgeschrieben.
Es muss zudem vorher geprüft werden, ob die Kriterien der Leistungsgruppen nicht in Kooperationen oder Verbünden erfüllt werden können. Weiter müssen die Länder künftig diese Ausnahmen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und Ersatzkassen entscheiden.
Im Vergleich zum KHVVG erhalten die Länder aber dennoch mehr Spielraum. In diesem Gesetz waren noch klare Erreichbarkeitsvorgaben in Form von Pkw-Fahrminuten eingeplant, die gestrichen werden sollen. „Neben den krankenhausplanerischen Anliegen der Länder sollen hierdurch auch die finanziellen Interessen der gesetzlichen Krankenversicherung Berücksichtigung finden“, begründete Warken das Vorgehen in dem vorliegenden Begleitschreiben.
Auch für Sicherstellungskrankenhäuser, die unbefristete Ausnahmen von den Qualitätskriterien erhalten sollen, soll das Ziel sein, dass sie die jeweiligen Kriterien „innerhalb einer angemessenen Frist erfüllen“.
Wenn Qualitätskriterien einzelner Leistungsgruppen nicht erfüllt werden können, dürfen Kliniken diese auch in Kooperation erfüllen, wenn dies zur Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung zwingend erforderlich sei, so das KHAG weiter. Es liege künftig im alleinigen Beurteilungsspielraum der Länder, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen dies der Fall sei, heißt es in der Begründung des Entwurfs.
Darüber hinaus können Qualitätskriterien auch in Kooperation und Verbünden ermöglicht werden mit der Vorgabe, dass sich die Kooperationspartner in einem Gebäude des jeweiligen Krankenhausstandortes befinden oder die jeweiligen Gebäude maximal 2.000 Meter voneinander entfernt liegen.
Fachkliniken erhalten neue Definition
Neu ist auch eine konkretere Definition von Fachkliniken. Die Länder können dem Kabinettsentwurf zufolge eine Fachklinik im Sinne der Krankenhausreform für Krankenhäuser bestimmen, die sich auf die Behandlung einer bestimmten Erkrankung, Krankheitsgruppe, Personengruppe oder eines bestimmten Leistungsspektrums spezialisiert hat, einen relevanten Versorgungsanteil in diesem Bereich leistet und im Krankenhausplan des jeweiligen Landes als Fachkrankenhaus ausgewiesen ist. Die entsprechende Zuordnung muss begründet werden.
Bislang war im KHVVG geregelt, dass Fachkliniken mindestens 80 Prozent der im vorhergehenden Kalenderjahr von ihnen abgerechneten Fälle in höchstens vier Leistungsgruppen abzüglich von Fällen in den Leistungsgruppen Allgemeine Innere Medizin und Allgemeine Chirurgie erbracht haben müssen.
Diese strikte Prozentregelung soll nun gelockert werden. Künftig können Fachkliniken auch bei der sachlichen Ausstattung kooperieren und teilstationäre Einrichtungen bei verwandten Leistungsgruppen und der personellen Ausstattung.
Anders als im KHVVG ist künftig zudem keine Rechtsverordnung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) mit Zustimmung des Bundesrates zu Regelungen der Zulässigkeit von Kooperationen und Verbünden mehr vorgesehen. Die im KHAG genannten Regelungen sollen offenbar künftig ausreichen.
Anpassungen bei Facharztvorgaben
Neu – aber im bisherigen Gesetzentwurf bereits angedacht – ist die Regelung, dass ein Facharzt künftig einem Vollzeitäquivalent von 38,5 Stunden statt 40 Wochenstunden entspricht.
Hart blieb der Bund offenbar bei der Forderung der Länder, Fachärzte in bis zu fünf Leistungsgruppen anrechnen zu können. Es soll bei der Regelung bleiben, dass sie maximal drei Leistungsgruppen zugeordnet werden dürfen.
Zudem wird im Gesetz nun beabsichtigt, dass der in den Leistungsgruppen vorgegebenen zeitlichen Verfügbarkeit von Fachärzten an Krankenhausstandorten, an denen keine vollstationäre Krankenhausbehandlung erbracht wird, nur während deren jeweiligen Betriebszeiten erfüllt sein muss.
Das KHAG sieht weiter – wie bereits angekündigt und im Koalitionsvertrag geeint – eine Verschiebung der Einführung der Vorhaltevergütung um ein Jahr vor. Die Jahre 2026 und 2027 sind als budgetneutrale Jahre im Hinblick auf die Vorhaltevergütung geplant.
Die bereits angekündigte Konvergenzphase findet in den Jahren 2028 und 2029 statt. Ab dem Jahr 2030 soll die volle Finanzwirksamkeit für die Vorhaltevergütung eintreten. Entsprechende Zuschläge für die Pädiatrie und Geburtshilfe werden um ein Jahr verlängert.
Angepasst werden soll auch die Zahl der Leistungsgruppen. Statt der im KHVVG vorgesehenen 65 Leistungsgruppen soll es künftig die 60 Leistungsgruppen aus Nordrhein-Westfalen plus „Spezielle Traumatologie“ geben.
Für Nordrhein-Westfalen ist eine Ausnahme im KHAG angedacht. Da das Bundesland bereits vergangenes Jahr Leistungsgruppen für seine Krankenhausplanung zugewiesen hat, muss es bis Ende 2030 keine erneute Zuweisung vornehmen.
Zudem sollen die Länder mehr Zeit erhalten, die Erfüllung der Leistungsgruppen der Kliniken zu prüfen. Dem KHVVG zufolge hätten die Länder den Medizinischen Dienst (MD) bis zum 30. September 2025 beauftragen müssen, um die gesetzliche Pflicht zu erfüllen.
Aufgrund der Verschiebung der Vorhaltevergütung sollen sie auch hierfür künftig mehr Zeit erhalten. Länder, die vor dem 1. Januar 2027 Leistungsgruppen zuweisen oder entsprechende Versorgungsverträge beauftragen wollen, müssen den MD spätestens bis zum 31. Dezember 2025 beauftragen.
Der Medizinische Dienst muss diese Prüfungen laut Kabinettsentwurf bis 31. Juli 2026 abschließen. Weiter wird mit dem KHAG eine Informationspflicht des MD ergänzt, wenn Krankenhäuser aufgrund der Nichterfüllung von Strukturmerkmalen Leistungen nicht mehr vereinbaren und abrechnen dürfen.
Wie im ersten KHAG-Entwurf bleibt zudem die geplante Erhöhung der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds im Kabinettsentwurf unverändert.
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