Keine „Strafgebühr“ in der Notfallversorgung vorgesehen

Berlin – Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat sich zurückhaltend zu dem Vorschlag einer Sondergebühr für Eltern geäußert, die ihre Kinder ohne akuten Bedarf zum ärztlichen Notdienst bringen.
Eine Ministeriumssprecherin verwies heute auf die Vorschläge zur Reform der Notfallversorgung, die eine Regierungskommission zu Jahresbeginn vorgelegt hatte. Darin sei eine „Strafgebühr“ nicht vorgesehen, betonte die Sprecherin von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).
Der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Thomas Fischbach, hatte zuvor dafür geworben, von den Eltern in bestimmten Fällen eine Eigenbeteiligung zu verlangen.
„Die Notfallversorgung muss auf Notfälle konzentriert werden und nicht für die Pickel am Po der Kinder, für die die Eltern unter der Woche keine Zeit haben und mit denen man dann am Wochenende beim Notdienst aufschlägt“, sagte Fischbach der Neuen Osnabrücker Zeitung.
Im Februar dieses Jahres hatte eine Expertenkommission der Bundesregierung ein Konzept für eine effektivere Notfallversorgung vorgelegt. Darin werden unter anderem neue integrierte Leitstellen vorgeschlagen, die am Telefon eine erste medizinische Einschätzung vornehmen und damit Notdienst-Praxen und Notaufnahmen entlasten.
Andrew Ullmann, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP im Bundestag, zeigte Verständnis sowohl für Eltern als auch für Kinderärzte. Eine Gebühr hält er aber für keinen zielführenden Weg.
Wichtiger wäre es, an der Gesundheitskompetenz und der Zugänglichkeit der Informationen zu arbeiten. „Was wir brauchen, ist Gesundheitskompetenz und die Zugänglichkeit zu gesicherten Informationen. Auch eine zentrale telefonische Abfrage vorab kann zu einer Entlastung führen.“
Der Vorschlag einer Sondergebühr stößt auch bei der Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) auf Ablehnung. „Wir brauchen nicht immer wieder neue Vorschläge, die finanzielle Hürden vor der Inanspruchnahme einer Notfallversorgung aufbauen“, erklärte DKG-Chef Gerald Gaß. Notwendig sei stattdessen eine funktionierende Patientenberatung und Steuerung, um echte Notfälle von Bagatellerkrankungen zu unterscheiden.
Für Helge Dickau vom GKV-Spitzenverband wäre es falsch, „ausgerechnet den Eltern kranker Kinder die Entscheidung aufzubürden, ob der Weg in die Notaufnahme nötig ist oder nicht – und diese dann auch noch mit Gebühren abzustrafen, wenn sie vermeintlich falsch liegen“.
„Wir Ersatzkassen sprechen uns klar dafür aus, Versicherte besser in die für sie geeignete Versorgung zu lotsen und so die Notaufnahmen zu entlasten“, sagte Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Ersatzkassen (vdek). Dabei eine Strafgebühr einzuführen, sei jedoch der falsche Weg und gehe am Problem vorbei. Zunächst müssten die Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit Versicherte schnell einen Termin bei einer Arztpraxis erhielten.
Erst vor wenigen Wochen hatte Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, eine Notfallgebühr für Fälle vorgeschlagen, in denen Patienten direkt in die Notaufnahme gehen, ohne vorher die Leitstelle anzurufen oder ohne akute Beschwerden zu haben. Diesem Vorhaben hatte Lauterbach (SPD) damals eine deutliche Absage.
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