Klimawandel und One Health im Fokus der G20

Rio de Janeiro – Mit dem One-Health-Ansatz wollen die Gesundheitsminister der G20-Länder das Klima und damit die Gesundheit schützen. So heißt es in einer gestern verabschiedeten Erklärung anlässlich des G20-Gesundheitsministerkonferenz in Brasilien.
„Wir haben wenig Zeit den Klimawandel noch so abzubremsen, als dass nicht ganz gravierende Folgen für die Weltgesundheit entstünden“, sagte Karl Lauterbach (SPD) auf der Konferenz.
Der Klimawandel betreffe nicht nur zukünftige Generationen, sondern greife die Gesundheit der Menschen unmittelbar an, so der Gesundheitsminister mit Hinblick auf die Flutkatastrophe in Spanien und Brände sowie Dürren im Gastgeberland Brasilien.
Die African Union forderte mehr Gerechtigkeit bei der Klimakrise. Es sollten nicht diejenigen dafür bezahlen, die am wenigsten dafür könnten. „Nur wenn Krankheiten den globalen Norden betreffen, werden sie hier diskutiert“ kritisierte eine Vertreterin der African Union. „Wir können uns nicht leisten noch länger zu warten. Wenn wir One Health erreichen wollen, müssen wir jetzt handeln.“
One Health beschreibt den Ansatz, dass die Gesundheit von Menschen, Tieren und Ökosystemen untrennbar miteinander zusammenhängt. Als ein mögliches Hilfsmittel, Ansätze zu implementieren, wurde eine Plattform mit Best-Practice-Beispielen diskutiert.
Verhandlungen außerhalb des Sitzungssaals
Wichtige Beschlüsse sind im Hintergrund der Konferenz in bilateralen Gesprächen beschlossen worden. „Ich bin mit der Weltgesundheitsorganisation aber auch mit vielen Mitgliedstaaten im Austausch, damit der Pandemievertrag noch beschlossen werden kann“, sagte Lauterbach.
Ein Scheitern des Vertrags wäre nach Aussagen des Ministers eine „spektakuläre Katastrophe“, da man auf die nächste Pandemie nicht besser vorbereitet wäre als auf die Vorangegangene.
Michael Ryan von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) beteuerte, er werde alles dafür tun, dass der Pandemievertrag zustande komme. Allerdings wird das Abkommen nicht innerhalb der G20 geschlossen, sondern mit allen 194 Mitgliedsstaaten der WHO. Zu den G20-Staaten gehören dagegen 19 sogenannte Industrie- und Schwellenländer sowie die Europäische Union. Es bleibt daher abzuwarten, ob sich die Länder des Globalen Südens und Nordens einigen können.
Die brasilianische Gesundheitsministerin sprach sich für eine internationale Koalition aus, um die globale Produktion und Innovation von Therapeutika und Diagnostika zu stärken. Die Forderung wird von den anderen G20-Ministern mitgetragen. Die Koalition soll allerdings auf freiwilliger Basis beruhen, ein Knackpunkt auch beim Pandemie-Vertrag. Denn Länder des Globalen Südens fordern unter anderem eine Lockerung des Patentschutzes im Pandemiefall. Diesen will Lauterbach aber in jedem Fall erhalten, Lizenzvergaben von Pharmaherstellern sollen auf Freiwilligkeit beruhen.
Um mit zukünftigen Pandemien umgehen zu können, ist Lauterbach zufolge außerdem der Pandemiefonds ein wichtiges Mittel. „Das Geld geht insbesondere an die ärmsten Länder dieser Welt in die Ausbildung von jungen Leuten zum Erkennen und Abwenden von Pandemien.“ Deutschland hat weitere 50 Millionen Euro zugesagt. Aktuell seien 900 Millionen Euro im Fonds – damit fehlten Lauterbach zufolge noch 1,1 Milliarden Euro für die nächste Ausschüttung.
Eine wichtige Errungenschaft ist dem Minister zufolge zudem, dass Long COVID im Abschlussdokument aufgenommen ist, mit dem Ziel die Versorgung und Forschung zu verbessern. Weitere Themen der Konferenz waren die Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen und der Mpox-Ausbruch.
Klimaschutz in deutschen Gesundheitseinrichtungen
Die Beschlüsse der Konferenz haben Lauterbach zufolge Auswirkungen auf die Gesundheitspolitik in Deutschland. Dabei ginge es unter anderem darum, der WHO Gelder zur Verfügung zu stellen oder Wissenschaftler zu finden, die den Pandemic Fund unterstützen könnten.
Rechtlich bindend sind die Vereinbarungen der G20-Konferenzen allerdings nicht. So sind die Themen Klimawandel und One Health auf der G20-Gesundheitsministerkonferenz nicht neu.
Bereits bei der ersten Gesundheitsministerkonferenz im Jahr 2017 in Deutschland einigten sich die Minister darauf, den One-Health-Ansatz zu stärken. Und auch der Klimawandel wurde schon seit Längerem thematisiert. 2023 machten es sich die G20 beispielsweise zum Ziel, Krankenhäuser resilient gegen den Klimawandel zu machen und Treibhausgase zu vermindern.
Dabei ist in Deutschland vor allem der Hitzeschutz ein großes Thema gewesen, die Senkung von Emissionen weniger. Aktuell würden die Emissionen dieses Sektors nicht systematisch erfasst, sagte Dorothea Baltruks, Leitung Wissenschaft und Politik am Centre for Planetary Health Policy (CPHP) dem Deutschen Ärzteblatt.
„Während viele unsere Nachbarländer inzwischen klare Strategien und Ziele für Emissionsreduzierung im Gesundheitssektor haben, fehlt es bei uns an einer Gesamtstrategie, an verbindlichen Zielen und an wirksamen Anreizen für nachhaltigere Produktion von Medizinprodukten und Arzneimitteln“, kritisierte Baltruks.
Sie fordert eine gemeinsame Strategie, um Klimaresilienz und Mitigation im Gesundheitssektor effektiv, sortiert und flächendeckend voranzubringen. Nach dem Entwurf der Krankenhausreform ist zumindest vorgesehen, dass „Energieeffizienz und Aspekte der Klimaschonung“ bei der Krankenhausplanung berücksichtigt werden müssen. Genaue Vorgaben werden dabei jedoch nicht gemacht.
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