Politik

Krankenhäuser drängen auf Mindeststrafe für Gewalt in Kliniken

  • Mittwoch, 2. Oktober 2024
/picture alliance, dpa, Daniel Karmann
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Düsseldorf – Die Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (NRW) hat harte strafrechtliche Konsequenzen und eine Mindeststrafe für die zunehmenden Angriffe auf Pflegekräfte und Ärzte in den Kliniken angemahnt.

„Es muss klar sein, dass ein solcher physischer Angriff die Freiheit kosten kann und nicht nur eine Geldstrafe droht“, sagte Matthias Ernst, Vizepräsident der Krankenhausgesellschaft NRW, in Düsseldorf. Die Politik müsse mit einem Mindeststrafmaß von sechs Monaten Haft für körperliche Gewalt gegen Klinikpersonal reagieren.

Es sei nicht nur respektlos, sondern in jeder Hinsicht verachtend, Pfleger oder Ärzte anzugreifen, die Menschen in Not behandeln und helfen wollen. Dass diese in den vergangenen Jahren immer stärker von körperlicher und psychischer Gewalt betroffen seien, sei nicht hinnehmbar, sagte Ernst im NRW-Innenministerium, wo über Gewalt und Gewaltprävention in Krankenhäusern gesprochen wurde.

Ein strenger, fordernder Ton von Patienten oder ihren Angehörigen gehöre inzwischen schon fast zur Normali­tät, berichtete Simon Härtel vom evangelischen Krankenhaus in Mülheim/Ruhr. „Vor 20 Jahren war das nicht so“, sagte er.

„Wir sind es unseren Leuten schuldig, dass sie in Ruhe und Sicherheit arbeiten können.“ Deswegen habe man in der Klinik diverse Maßnahmen ergriffen – wie zum Beispiel die Ansprache von Patienten, die früher schon einmal auffällig geworden seien.

Oft könne schon ein Blauer Brief nach Hause Wirkung zeigen, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU). Er sprach von einem Egoismus, der um sich greife, einer „Ich-ich-ich-und-sofort“-Mentalität. NRW-Gesundheits­minister Karl-Josef Laumann (CDU) sagte, Angriffe auf die Mitarbeiter des Gesundheitswesens seien Angriffe auf das Gemeinwesen. Ein solches Verhalten gehe an die Substanz einer humanen Gesellschaft.

Die Zahl der Gewalttaten in Krankenhäusern in Nordrhein-Westfalen ist seit 2017 um mehr als 34 Prozent gestiegen. Im Jahr 2023 summierten sich die Taten auf 1.705 Fälle. Das sind vier bis fünf pro Tag.

Vor wenigen Tagen hatte ein Angriff auf Klinikpersonal in Essen für breite Empörung gesorgt. Dabei war eine junge Ärztin von vorbestraften Männern, die von der Polizei der Clan-Kriminalität zugerechnet werden, schwer verletzt worden. Weitere Klinik-Mitarbeiter erlitten ebenfalls Verletzungen.

Im Bundestag wird derzeit über einen Gesetzentwurf aus dem Bundesjustizministerium (BMJ) beraten, das Ände­rungen in Bezug auf die Strafzumessung von Tätern vorsieht. Vorgesehen sind dafür Ergänzungen im Strafgesetzbuch (StGB).

Zum Schutz von Personen, die sich – ehrenamtlich oder beruflich – für das Gemeinwohl engagieren, soll der Paragraf 46 Absatz 2 Satz 2 StGB (Grund­sätze der Strafzumessung) ergänzt werden. Danach soll bei der Straf­zumessung von Gerichten künftig auch zu berücksich­tigen sein, ob die verschuldeten Auswirkungen der Tat geeignet sind, eine dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit nicht nur unerheblich zu be­einträchtigen, wie es heißt.

Paragraf 113 Absatz 2 StGB (Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte) soll zum Schutz von etwa Polizisten, Hilfeleis­tenden der Feuerwehr, des Katastrophenschutzes, eines Rettungsdienstes, eines ärztlichen Notdiens­tes oder einer Notaufnahme erweitert werden. Künftig soll auch eine Tat mittels eines hinterlistigen Überfalls in der Regel einen besonders schweren Fall sein, der mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft werden kann.

dpa/may

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