Krankenhausreform: Minister geht von Insolvenzen aus

Berlin – Für das Jahr 2024 geht Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) von einem finanziell schwierigen Jahr für die Krankenhäuser aus. Die rund fünf Milliarden Euro für Energiehilfen werden nur für 2023 gezahlt. „Das Geld ist dann 2024 weg“, sagte Lauterbach beim Sommerempfang des GKV-Spitzenverbandes gestern Abend. Er rechne in dem Jahr „mit vielen Insolvenzen“, so der Minister.
Da zu dem Zeitpunkt nach seinen Plänen die Krankenhausreform zwar schon beschlossen, die Finanzwirksamkeit aber erst im Jahr 2025 auswirke, sei in der „Übergangsphase“ mit „schwierigen Zeiten“ zu rechnen, sagte Lauterbach. Zuschüsse oder ähnliche Finanzmittel seitens des Bundes stellte er aber nicht in Aussicht.
Der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) kritisierte diese Aussage des Bundesministers heute auf dem Hauptstadtkongress deutlich. Es sei nicht akzeptabel, dass es hierfür kein Geld gebe und Insolvenzen damit in Kauf genommen werden, sagte er. „Ein Bundesfinanzminister kann nicht darüber entscheiden, wo welche Versorgung stattfindet“, betonte er. Das müsse nach wie vor Sache der Länder bleiben, pochte Holetschek.
Hintergrund ist, dass Lauterbach zuletzt immer wieder betont hatte, dass Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) alle Ressorts aufgerufen habe, zu sparen. „Wenn wir nicht nochmal Geld ins System bringen, dann wird es bitter für die Menschen in unserem Land“, sagte Holetschek. Insolvenzen von Krankenhäusern seien damit ein Zufallsprodukt.
Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß kritisierte Lauterbachs gestrige Aussage ebenfalls. Diese sei „total unbefriedigend“, der Prozess der geplanten Umwandlung der Krankenhauslandschaft sei vom Bund „miserabel“ aufgesetzt.
Gaß befürchtet, dass die Krankenhäuser nach der Reform viele kleinteilige Regelungen erhalten, die zu einem weiteren „Durchwurschteln“ führen, das bereits in den vergangenen Jahren erlebt worden ist. Auch er erneuerte seine Forderung, dass die Krankenhausreform mit Geld hinterlegt werden und zudem gemeinsam mit allen Beteiligten des Gesundheitssystems gedacht werden müsse.
Holetschek erinnerte auch an das Vorhaben der Ampelkoalition beispielsweise die Finanzierung der Bürgergeldempfänger in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu übernehmen. Der Bund sei verpflichtet, diese zehn Milliarden Euro bereitzustellen, forderte er.
Ähnlich wie Gaß erneuerte auch Holetschek seine Forderung, eine Reform gemeinsam mit allen Beteiligten im Gesundheitswesen zu erarbeiten. Die stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Hausärzteverbands, Nicola Buhlinger-Göpfarth bekräftigte ebenfalls, dass die Hausärztinnen und Hausärzte eine zentrale Rolle bei der Gesundheitsversorgung in Deutschland spielen und deshalb auch eine zentrale Rolle bei der geplanten Reform einnehmen sollten. „Wir haben 95 Prozent der COVID-Erkrankten wegversorgt. Fünf Prozent haben wir in Krankenhäuser überwiesen“, so Buhlinger-Göpfarth. Sie forderte sektorenverbindende Konzepte, sonst werde die Krankenhausreform scheitern.
Der parlamentarische Staatssekretär des Bundesgesundheitsministeriums (BMG), Edgar Franke, entgegnete heute der vorgebrachten Kritik, dass die Rahmenbedingungen derzeit problematisch seien. Kurz nach der Coronapandemie, mitten im Medikamentenmangel und in Zeiten des Krieges gegen die Ukraine, seien es „haushalterisch keine ganz einfachen Zeiten“.
Franke hoffe deshalb vor allem auf eine baldige erlösunabhängige Finanzierung der Krankenhäuser. Zudem brauche es perspektivisch einen Transformationsfonds, der von Bund und Ländern gespeist werden müsse, um die Krankenhäuser bei der Reform zu unterstützen, betonte Franke.
Angesprochen auf die langjährige Unterfinanzierung der Bundesländer bezüglich der Investitionskosten im Krankenhausbereich, erklärte Holetschek, dass Bayern seinen Verpflichtungen nachkommen wolle. Geplant seien etwa 643 Millionen Euro Investitionen für die Krankenhauslandschaft in Bayern. Zudem gebe es weiteres Geld über einen Härtefallfonds und 20 Millionen zusätzliche Mittel für positive Transformationskosten. Zudem werde er in zwei Wochen einen Krankenhausinvestitionsplan vorstellen. Man könne davon ausgehen, dass diese Investitionssumme nochmal erhöht werden solle, so Holetschek.
Bezüglich der geplanten Leistungsgruppen erklärte Jörg Dötsch, Direktor der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin an der Uniklinik Köln, dass es für den Bereich der Pädiatrie deutlich mehr Leistungsgruppen geben müsste, als derzeit geplant seien. Die Leistungsgruppen seien bereits ein guter Start, allerdings braucht es hier eine weitere Entwicklung, so Dötsch.
Er hofft zudem auf eine etwas bessere Finanzierung der Kinder- und Jugendmedizin im stationären Bereich. Derzeit werden knapp fünf Prozent für diesen Bereich ausgegeben, er schlägt vor, dass dies auf sechs Prozent im Zuge der Reform erhöht werden könnte.
Lauterbach erklärte gestern auf dem GKV-Sommerempfang, dass es künftig bis zu 75 Leistungsgruppen geben könne, die jeweils mit Qualitätskriterien hinterlegt werden sollen. Dies solle dann öffentlich gemacht werden, so dass es aus seiner Sicht eine deutlich höhere Transparenz gibt.
Auch die Berliner Gesundheitssenatorin Ina Czyborra (SPD) betonte die Schwierigkeit verschiedene Herausforderungen wie Krankenhausinvestitionen oder den Ausbau von Medizinstudienplätzen auskömmlich finanzieren zu können. Diese Finanzierung müsse möglichst auf vielen Schultern verteilt werden, sagte sie. Sie hoffe dabei auf Innovationen und den technologischen Fortschritt gezielt zu nutzen, um auch angesichts des Fachkräftemangels Leistungen im Gesundheitssystem zu steigern.
Insbesondere hoffe sie dabei auf individuell angepasste Therapien, wie etwa die des virtuellen Zwillings. Czyborra erklärte, dass die Region Berlin-Brandenburg ein attraktiver Standort für Start-ups und Unternehmen sei, um an entsprechenden Technologien im Gesundheitssystem zu feilen.
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