Kritik an Plänen zur Hospitalisierungsinzidenz

Berlin – Einen Tag nach Vorlage erster Pläne zu einer Hospitalisierungsinzidenz bei der Bewertung der Pandemielage häuft sich die Kritik von Ärzteschaft und auch Bundesländern.
So spricht sich die Bundesärztekammer (BÄK) gegen eine Hospitalisierungsinzidenz als „alleinigen Maßstab für die Bewertung der epidemischen Lage“ aus. Es sei nicht richtig, die anderen Parameter der Pandemie in der Bewertung nur zu ermöglichen.
„Aus Sicht der Bundesärztekammer sind unbedingt mehrere Indikatoren notwendig, um ein umfassendes Bild von der Infektions- und Gefahrenlage für das Gesundheitssystem in der aktuellen Pandemie zu erhalten und entsprechende Schutzmaßnahmen ableiten zu können“, heißt es in einer Stellungnahme.
Darin spricht sich die BÄK für ein mit sechs Indikatoren bestücktes wissenschaftliches Bewertungs- und Prognosemodell aus, in dem neben der Sieben-Tage-Inzidenz, Krankenausfälle auf Intensiv- und Notfallstationen, die Testpositivrate, die Impfquote sowie die Altersstruktur der Infizierten abgebildet werden sollte.
„Nahezu alle dafür notwendigen Daten werden bereits jetzt von den Gesundheitsämtern, dem Robert-Koch-Institut und von wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften erhoben und zur Verfügung gestellt. Man muss sie nur nutzen“, sagte BÄK-Präsident Klaus Reinhardt.
„Dieser Index sollte grundlegend sein auch für die Entscheidungen in den einzelnen Bundesländern bei der Festlegung von entsprechenden Schutzmaßnahmen zur Eindämmung der Pandemie“, so die BÄK. Davon wird auch erwartet, dass durch solch ein Modell mehr Transparenz, Nachvollziehbarkeit „und damit auch Akzeptanz der Entscheidungen“ erreicht werden könne.
Auch die Stiftung Patientenschutz kritisiert den Gesetzentwurf: Für die künftig als entscheidend vorgesehene Hospitalisierungsrate werde „eine bundesweite Leitzahl“ gebraucht, sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch. „Ohne diese Vorgabe von Jens Spahn wird es einen Flickenteppich geben.“
Deshalb dürfe die Zahl nicht von den Kliniken oder den jeweiligen Ländern festgesetzt werden, betonte Brysch. „Der Bundesgesundheitsminister hat dafür politische Verantwortung zu übernehmen.“
Inzwischen fordern auch die ersten Bundesländer, dass der Bund eine einheitliche Zahl vorgeben solle. So erklärte der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU), dass eine bundesweite Kennzahl als „sinnvoll“ erachtet werde.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte hingegen dem SWR-Hauptstadtstudio: „Aus meiner Sicht ist das nicht ein Wert, den man sozusagen einheitlich zentral vorgeben kann, weil das regional unterschiedlich ist“. In Städten wie Berlin oder München und Ballungsräumen gebe es natürlich ganz andere Behandlungskapazitäten als in ländlichen Flächenregionen.
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