Labore bekommen 220 Euro pro Vollgenomsequenzierung

Berlin – Welche genetischen Varianten von SARS-CoV-2 in der deutschen Bevölkerung zirkulieren, soll zukünftig besser beobachtet werden. Mit der heute vorgestellten „Verordnung zur molekulargenetischen Surveillance des Coronavirus SARS-CoV-2“ schafft das Bundesgesundheitsministerium (BMG) daher finanzielle Anreize für die Labore, vermehrt Virusgenome zu sequenzieren.
Neue Virusmutationen bereiten Wissenschaftlern weltweit derzeit zusätzliche Sorgen, besonders die Variante B.1.1.7. Sie war zunächst im Vereinten Königreich (UK) aufgetaucht, im Dezember gab es hierzulande den ersten Nachweis.
Mittlerweile wurde die Variante laut Robert-Koch-Institut (RKI) in mindestens 20 Fällen in sechs Bundesländern nachgewiesen (Stand 17.1., 00:00 Uhr): Berlin, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Baden-Württemberg und Sachsen. Bei 17 dieser Fälle gab es demnach eine Verbindung ins Ausland: 16 Mal nach UK und einmal nach Tschechien.
Diese bekannten, sowie neu auftretende Virusmutationen sollen „frühzeitig und flächendeckend“ erkannt werden, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). „Dafür fördern wir die Laboranalyse finanziell, vernetzen die Akteure und führen die Ergebnisse beim RKI zusammen.“ Die Verordnung soll morgen in Kraft treten und bis zum 31. Oktober 2021 gelten.
Demnach können künftig bis zu fünf Prozent aller per PCR positiv getesteten Proben einer Vollgenomanalyse unterzogen werden. Sollten die täglichen Neuinfektionen unter 70.000 pro Woche sinken, erhöht sich dieser zu untersuchende Anteil auf maximal zehn Prozent der PCR-positiven Proben. Dabei sollen, wenn möglich, nicht mehr als zehn Tage zwischen PCR-Test und Sequenzierung vergehen, heißt es in dem Referentenentwurf.
Die fünf Prozent würden ausreichen, „wenn sie kontinuierlich und repräsentativ aus der ganzen Republik“ sequenziert würden, so Spahn weiter. Eine Pflicht für Laborbetreiber, die Sequenzierungen durchzuführen, gibt es dabei in der Verordnung nicht.
Die zur Vollgenomsequenzierung qualifizierten Laboratorien werden lediglich zur Übermittlung ihrer gefundenen Sequenzen verpflichtet. Sie dürfen 220 Euro pro Probe mit der Kassenärztlichen Vereinigung ihrer Region abrechnen, nachdem sie die Genomdaten pseudonymisiert an das RKI gesendet haben.
Sofern vorhanden, sollen sie zusätzliche Informationen an das RKI weiterleiten, darunter das Datum der Probengewinnung und die verwendete Sequenzierungstechnologie.
Kleinere Labore – die beispielsweise PCR-Tests durchführen, nicht jedoch die Vollgenomsequenzierung leisten können – dürfen denselben Prozentsatz ihrer wöchentlichen positiven Proben an andere Untersuchungsstellen versenden, die über ausreichend Kapazitäten verfügen. Das einsendende Labor erhält dafür 20 Euro je übersandter Probe.
Spahn bekräftigte zudem seinen Plan, auch ältere Proben aus dem vergangenen Dezember sequenzieren zu wollen, um zu erkennen, „wie weit verbreitet die Virusmutationen schon in Deutschland sind und wo sie jeweils herkommen“.
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