Lauterbach: Krankenhäuser sind eine viel zu wenig genutzte Ressource

Berlin – Die Reform des stationären Sektors wird in dieser Legislaturperiode einen Schwerpunkt der Gesundheitspolitik bilden. Das betonte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) gestern auf dem Sommerempfang der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) in Berlin. Dabei sprach er auch über die Rolle, die die Krankenhäuser künftig in der Versorgung spielen sollen.
„Für mich sind Krankenhäuser kein Kostenfaktor, sondern eine viel zu wenig genutzte Ressource im Gesundheitssystem“, sagte Lauterbach in diesem Zusammenhang. „Man könnte aus den Krankenhäusern noch viel mehr herausholen, wenn man sie entfesseln würde und ihnen mehr Möglichkeiten einräumen würde für die ambulante Versorgung und für die Hybridversorgung.“
Der Sommerempfang stand in diesem Jahr unter dem Eindruck der Folgen des Krieges gegen die Ukraine, der auch Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser hat. „Uns bewegt der kalte Strukturwandel“, sagte der Vorstandsvorsitzende der DKG, Gerald Gaß. „Aus diesem Strudel sind wir bei Weitem nicht heraus.“
Angesichts der aktuellen Inflation und der zurückgehenden und konsequent niedrigen Fallzahlen bei einer gleichzeitig leistungsabhängigen Krankenhausfinanzierung könne die Stabilisierung der Krankenhäuser in den kommenden Wochen und Monaten nicht mehr gestemmt werden. Schon heute schrieben 60 Prozent der Krankenhäuser rote Zahlen, betonte Gaß.
Aktuell würde der DKG aus den Krankenhäuser gemeldet, dass ein Personalabbau drohe – vielleicht nicht in der Pflege, aber an anderer Stelle. „Die Träger denken sehr ernsthaft darüber nach, Versorgungsangebote einzuschränken und Versorgungsaufgaben zurückgeben, weil sie keine Perspektive mehr sehen“, sagte der DKG-Vorsitzende.
Die Politik sei aufgefordert, mit den Krankenhäusern Lösungen zu finden. „Das duldet keinen Aufschub“, betonte Gaß und fragte Lauterbach: „Wie kann es gelingen, die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser in den kommenden Monaten zu stabilisieren?“
„Wir werden keine magische Lösung finden“
„Wir erwarten bei den Krankenhäusern eine finanzielle Unterdeckung“, sagte auch Lauterbach. „Die Nachfrage nach planbaren Leistungen wird wegen der Coronapandemie etwas zurückgehen. Die Kosten sind damit aber nicht gesunken. Deshalb tut sich eine Lücke auf.“
Konkrete Lösungsvorschläge präsentierte der Minister jedoch nicht. Dafür beschrieb er das Problem, das sich der Politik stelle: „Wir bewegen uns in der Koalition in einem Dreieck: In der gesetzlichen Krankenversicherung gibt es ein Defizit. Die Sozialbeiträge sollen aber nicht über 40 Prozent steigen. Heute liegen sie bei 39,95 Prozent.“
Die dritte Ecke des Dreiecks sei die Schuldenbremse. „Jeder Vorschlag muss innerhalb dieses Dreiecks verhandelt werden“, so Lauterbach. „Ich erkenne die Ansprüche der Krankenhäuser an, möchte aber darauf hinweisen, dass ich das Dreieck nicht alleine ausfüllen kann. Wir werden keine magische Lösung finden.“
Als großes Problem benannte Gaß die nach wie vor ungelöste Situation der Investitionskostenfinanzierung. Schon seit langem stellen die Bundesländer den Krankenhäusern weniger Investitionsmittel zur Verfügung, als diese benötigten. „Zwei große Herausforderungen für die Krankenhäuser sind die Digitalisierung und die Personalgewinnung“, sagte Gaß.
„Beide Themen sind eng verknüpft mit den Investitionsmitteln, die die Bundesländer an die Krankenhäuser zahlen müssen. Wenn wir nicht schaffen, dieses Problem zu lösen, werden wir die Digitalisierung nicht in den Griff bekommen. Auch das Krankenhauszukunftsgesetz wird dafür nicht ausreichen. Und wenn wir weiterhin Geld aus unseren Betriebsmitteln für die Investitionen abzweigen müssen, werden wir es nicht schaffen, attraktive Arbeitsbedingungen zu schaffen.“
Als eine Lösung wird seit längerem diskutiert, dass der Bund die Länder bei den Investitionsmitteln unterstützt. „Bei den Investitionskosten sind die Länder in der Pflicht“, betonte Lauterbach jedoch. „Sie wollen ja auch nicht auf die Krankenhausplanung verzichten. Wenn die Länder bereit wären, dem Bund bei der Krankenhausplanung Rechte abzugeben, wäre ich bereit, darüber nachzudenken, dass sich der Bund an den Investitionskosten beteiligt. Der Bund wird aber nicht zahlen, ohne Rechte bei der Krankenhausplanung zu gewinnen.“
Gesetz zur Pflegepersonalbemessung soll bald kommen
Lauterbach sprach zudem darüber, welche Pläne er für diese Legislaturperiode im Bereich der stationären Versorgung hat. Das Bundesgesundheitsministerium arbeite an einem Gesetz, mit dem die Belastung der Pflegekräfte gemessen werden soll. Dieses Gesetz solle „relativ schnell“ kommen.
Wahrscheinlich werde dabei die Pflegepersonalregelung 2.0 (PPR 2.0) zum Einsatz kommen. Dabei solle die Pflegebelastung mit den Soll-Werten in den einzelnen Abteilungen verglichen werden. Eine Einführung der PPR 2.0 fordern die DKG, der Deutsche Pflegerat und die Gewerkschaft Verdi schon seit einigen Jahren.
Bemessungsinstrumente hätten jedoch nur Sinn, wenn sie auch konkret genutzt würden, so Lauterbach. „Ich könnte mir Vorstellung, aus der Personalbemessung abzuleiten, wie viele Pflegende in den Abteilungen eigentlich notwendig wären.“
„Zudem werden wir über Hybrid-DRGs nachdenken und wir werden über die Weiterentwicklung des DRG-Systems sprechen“, so Lauterbach. „Da werden Vorhaltepauschalen eine Rolle spielen. Wir werden über die Krankenhausplanung sprechen und über die Investitionskosten. Zum Schluss werden wir gemeinsam gute Lösungen entwickeln.“
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