Politik

Lauterbach sieht Höhepunkt der Corona­sommerwelle überschritten

  • Freitag, 12. August 2022
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). /picture alliance, EPA, CLEMENS BILAN
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Berlin – Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sieht den Höhepunkt der Coronasommerwelle überschritten. Es gebe aktuell einen „robusten Rückgang der Fallzahlen“, sagte Lauterbach heute in Berlin. Ein Grund zur Entwarnung sei dies aber nicht, da im Herbst wieder „stark steigende Fallzahlen“ zu erwarten seien.

Lauterbach räumte ein, dass es bei den Infektionszahlen derzeit eine steigende Dunkelziffer gebe. Auf Grund­lage der verfügbaren Daten lasse sich aber mit Gewissheit sagen, dass die Fallzahlen „stetig sinken“.

Diese Entwicklung werde sich spätestens dann wieder wenden, wenn nach den Sommerferien die Kinder zu­rück in die Schule gingen und sich das Leben im Herbst wieder verstärkt in die Innenräume verlagere, wo das Infektionsrisiko höher sei.

Das Robert-Koch-Institut (RKI) hatte in seinem heute vorgelegten Wochenbericht geschrieben, „dass der aktu­elle Wellengipfel überschritten zu sein scheint“. Die Inzidenzwerte seien „im Vergleich zur Vorwoche in allen Bundesländern und allen Altersgruppen“ zurückgegangen.

„Übereinstimmend zeigen diese Daten, dass auch bei schwer verlaufenden Erkrankungen der Höhepunkt der aktuellen Welle überschritten scheint.“ Der Infektionsdruck sei aber nach wie vor hoch, von schweren Verläu­fen sei vor allem die Altersgruppe der Über-80-Jährigen betroffen.

Zudem seien die Anzahl SARS-CoV-2-Infizierter mit Symptomen einer akuten Atemwegsinfektion in Deutsch­land und die Zahl der Arztbesuche Infizierter gesunken, „so dass der aktuelle Wellengipfel überschritten zu sein scheint“. Dennoch: Für Entwarnung ist es aus RKI-Sicht zu früh.

Außerdem hätten Ausbrüche in Pflegeheimen tendenziell abgenommen. Die Zahl der Krankenhausaufnahmen von Menschen, die eine schwere akute Atemwegsinfektion und eine COVID-19-Diagnose hatten, sei in der ver­gangenen Woche ebenso gesunken wie die Zahl der Patienten mit COVID-19-Diagnose auf Intensiv­stationen, schreiben die Experten.

Auch bei den Todesfällen in Verbindung mit dem Virus spricht das RKI zuletzt von einem Rückgang – in der vergangenen Woche mit 372 übermittelten Todesfällen im Vergleich zu 444 in der Vorwoche. Die Daten zeig­ten, dass auch bei schwer verlaufenden Erkrankungen der Höhepunkt der aktuellen Welle überschritten schei­ne. Dabei seien Menschen im Alter von über 80 Jahren weiterhin am stärksten von schweren Krankheitsver­läu­fen betroffen, mahnen die RKI-Experten.

Der Rückgang der schweren Erkrankungen verlaufe aktuell deutlich langsamer als dies bei den Gesamtzahlen beobachtet werde. Trotz der verbesserten Situation in der vergangenen Woche bleibt der Infektionsdruck dem RKI zufolge in allen Altersgruppen hoch - und auch die Belastung des Gesundheitssystems.

Mit Blick auf die nächsten Wochen rechnet das Institut mit einer weiterhin hohen Zahl an Hospitalisie­rungen, intensivmedizinisch zu betreuenden COVID-19-Patienten und Todesfällen, insbesondere in höheren Alters­gruppen. Entsprechend ruft das RKI weiter dazu auf, die Empfehlungen zum Vermeiden von Ansteckungen „unbedingt“ einzuhalten – und stellt erneut die große Wichtigkeit der Corona­impfung heraus.

Die Omikron-Sublinie BA.5 hat derweil dem Wochenbericht zufolge auf hohem Niveau noch etwas zugelegt und ist nach den aktuellsten Daten in etwa 94 Prozent der positiven Proben gefunden worden.

Eine Ausbreitung der Omikron-Sublinie BA.2.75, über deren Mutationen sich manche Forscher zuletzt besorgt gezeigt hatten, wird laut RKI hauptsächlich in Indien und verschiedenen anderen Regionen weltweit beob­achtet. Hierzulande seien insgesamt fünf Nachweise bekannt.

Das RKI gabe die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz heute Morgen mit 345,9 an. Am Vortag hatte der Wert der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche bei 354,5 gelegen (Vorwoche: 432,2; Vormonat: 702,4). Allerdings liefern diese Angaben nur ein sehr unvollständiges Bild der Infektionszahlen.

Experten gehen seit einiger Zeit von einer hohen Zahl nicht vom RKI erfasster Fälle aus – vor allem weil bei weitem nicht alle Infizierte einen PCR-Test machen lassen. Nur positive PCR-Tests zählen in der Statistik. Zu­dem können Nachmeldungen oder Übermittlungsprobleme zu einer Verzerrung einzelner Tageswerte führen.

Die Gesundheitsämter in Deutschland meldeten dem RKI zuletzt 49.839 Neuinfektionen (Vorwoche: 59.506) und 167 Todesfälle (Vorwoche: 165) innerhalb eines Tages. Vergleiche der Daten sind auch hier wegen des Testverhaltens, Nachmeldungen oder Übermittlungsproblemen nur eingeschränkt möglich.

Kritik zurückgewiesen

Der Bundesgesundheitsminister wies heute auch erneut Kritik an der zusammen mit Bundesjustizminister Marco Busch­mann (FDP) erarbeiteten Neufassung des Infektionsschutzgesetzes zurück. Ab dem 1. Oktober könnten die Länder danach unabhängig von Inzidenzen in Innenräumen eine Maskenpflicht einführen.

Sie müssten dies aber nicht, erläuterte Lauterbach. Aber: „Ich glaube, dass die Länder das alle machen werden, weil wir zum 1.10. wieder höhere Fallzahlen haben werden.“ Es sei auch nicht so, dass eine Impfung künftig nur noch drei Monate gelten werde, und dass man sich alle drei Monate impfen lassen müsse, betonte Lauterbach.

Diese Frist für Ausnahmen von der Maskenpflicht in Innenräumen sei gewählt worden, weil Impfungen in diesem Zeitraum nach bestehender Auffassung gegen Ansteckung schützen. Gegen schwere Infektionsverläufe schützten sie viel länger. Sich alle drei Monate impfen zu lassen, wäre auch „medizinisch völlig unsinnig“.

dpa/afp

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