Maas warnt vor „Impfstoffdiplomatie“ von China und Russland

Matera – Bundesaußenminister Heiko Maas hat China und Russland davor gewarnt, die Verteilung von Coronaimpfstoffen für den Ausbau ihres Einflusses in der Welt zu nutzen. Bei der Pandemiebekämpfung dürfe es nicht darum gehen, „kurzfristige geostrategische Vorteile zu erzielen“, sagte der SPD-Politiker heute beim G20-Treffen im süditalienischen Matera.
Man müsse Staaten wie China und Russland klar machen, „dass wir von deren „Impfstoffdiplomatie“ nichts halten“. Die Coronapandemie müsse gemeinsam bekämpft werden. „Denn jeder von uns wird erst dann sicher sein, wenn wir alle sicher sind. Und das müsste eigentlich jeder verstehen.“
China und Russland gehören wie Deutschland der G20 an, in der sich wirtschaftsstarke Staaten aller Kontinente zusammengeschlossen haben, um globale Probleme gemeinsam anzugehen. Beim diesjährigen Außenministertreffen standen neben der Pandemiebekämpfung der Klimaschutz und die Afrikahilfe auf der Tagesordnung.
China und Russland haben sehr früh Impfstoffe an andere Länder abgegeben und sich damit den Vorwurf der „Impfstoffdiplomatie“ eingehandelt. Die G7 der führenden westlichen Industrienationen hatte zuletzt auf ihrem Gipfel in Großbritannien vor zwei Wochen beschlossen, mit eigenen Zusagen für ärmere Länder gegenzusteuern.
Bis heute hat China mehr als 350 Millionen Impfdosen an mehr als 80 Länder geliefert. Was gespendet, zu Marktpreisen oder billig verkauft wurde, bleibt unklar. Deutlich weniger hat Russland geliefert. Offizielle Zahlen gibt es nicht.
Ärmere Länder, aber auch die USA, setzen sich seit geraumer Zeit für eine Aussetzung des Patentschutzes für Impfstoffe ein, um die weltweite Impfkampagne zu beschleunigen. Maas erklärte sich am Rande des Gipfels grundsätzlich zu Gesprächen darüber bereit.
„Ich finde, dass man grundsätzlich über die Aufhebung von Impfstoffpatenten sprechen muss“, sagte der SPD-Politiker und schlug damit andere Töne als Kanzlerin Angela Merkel (CDU) an, die den Patentschutz vehement verteidigt. Maas sagte aber auch, dass dies eine sehr formale und langwierige Diskussion sei. Deshalb müsse man „zweigleisig“ vorgehen.
Jetzt müsse es erstmal um die Verbesserung der Lieferketten und den Ausbau der Produktionsstätten in ärmeren Ländern gehen. „Im Moment hilft nur, was schnell geht“, betonte Maas.
Die G20 hatte sich im Mai bereits bei einem digitalen „Weltgesundheitsgipfel“ auf Grundsätze für eine stärkere Zusammenarbeit in Krisen wie der Coronapandemie geeinigt. Danach soll es Exportstopps und blockierte Lieferketten wie in dieser Pandemie nicht mehr geben. Impfstoffhersteller sicherten ärmeren Ländern außerdem die Lieferung von mehr als einer Milliarde Coronaimpfdosen bis zum Jahresende zu.
Bereits gestern hatten sich viele Teilnehmer des G20-Treffens bei einer Konferenz der Koalition gegen die Terrororganisation Islamischer Staat in der italienischen Hauptstadt Rom getroffen. Als Ort für das Außenministertreffen wählten die italienischen Gastgeber das für seine Höhlensiedlungen bekannte und bei Touristen sehr beliebte Matera aus. Die Altstadt gehört zum Unesco-Weltkulturerbe, 2019 war Matera Kulturhauptstadt Europas.
Mit dem G20-Treffen endet auch die einwöchige Europareise von US-Außenminister Antony Blinken, während der er für zwei Tage zu seinem Antrittsbesuch in Deutschland war.
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