Mehr Anreize zum Reduzieren des CO2-Fußabdrucks im Gesundheitswesen erwartet

Berlin – Im Gesundheitswesen werden sich in den kommenden Jahren verschiedene Anreize etablieren, die die Akteure zu einem Senken ihres CO2-Fußabdrucks bewegen. Davon geht Markus Müschenich aus, Managing Partner der Eternity Health Gruppe.
Man erwarte, dass das Thema Vergütung an die Nachhaltigkeit gekoppelt werde, zum Beispiel im Rahmen der Reform des diagnosebezogenen Fallpauschalensystem (DRG), sagte Müschenich gestern auf der Veranstaltung „Handelsblatt Pharma 2022“ in Berlin. „Wir erwarten, dass sich auch die Krankenhausplanung an der Nachhaltigkeit ausrichten wird.“
Zurzeit gebe es häufig Proteste von Bürgern, wenn Krankenhäuser geschlossen werden sollen. Wenn man jedoch argumentiere, dass jedes existierende Krankenhaus schlecht für das Klima sei, hätten es die Krankenhausträger leichter, Standorte zu schließen.
Auch bei der Beschaffung habe sich das deutsche Gesundheitswesen auf den Weg zu mehr Nachhaltigkeit gemacht. „Zurzeit fragen die Einkaufsgemeinschaften ihre Lieferanten ab, wie die CO2-Fußabdrücke der jeweiligen Produkte sind“, sagte Müschenich.
Nachhaltig produzierte Arzneimittel
Auch die Pharmafirmen müssten sich strategisch auf die Reduzierung ihres CO2-Fußabdrucks einstellen. „Wir gehen davon aus, dass es irgendwann eine maximale Emissionsmenge pro Tagestherapiedosis geben wird“, meinte Müschenich. In diesem Zusammenhang könne auch die Nachfrage nach Arzneimitteln steigen, die nachhaltig produziert werden – ähnlich, wie es bei Biolebensmitteln der Fall sei.
Vor diesem Hintergrund könnten auch Krankenkassen künftig grüne Tarife anbieten, bei denen die Versicherten mehr bezahlen, wenn sie nachhaltig produzierte Arzneimittel erhalten oder in nachhaltig arbeitenden Krankenhäusern und Praxen behandelt werden. Die Nachhaltigkeit könnte sich insofern als Differenzierungsfaktor zwischen den einzelnen Krankenkassen etablieren.
Transparenz schaffen
Der erste Schritt auf diesem Weg sei es, die Treibhausgasemissionen im Gesundheitswesen zu messen und auf diese Weise Transparenz zu schaffen. Danach könnte man zunächst die Abläufe ändern, bei denen ohne großen Aufwand Treibhausgasemissionen eingespart werden könnte. „Es stellt sich zum Beispiel die Frage, ob eine Apotheke mehrmals am Tag mit Arzneimitteln beliefert werden muss“, so Müschenich.
In jedem Fall seien es am Ende die Unternehmen, die die Nachhaltigkeit umsetzen müssten. Und die Unternehmen müssten in die Lage versetzt werden, dabei auch weiterhin Geld zu verdienen.
Nachhaltigkeit und demografischer Wandel
Diese Ansicht teilte der Vorstandsvorsitzende der Sana Kliniken AG, Thomas Lemke. Auch in Zeiten des Klimawandels müsse das Geschäftsmodell überleben, betonte er. Denn was helfe es, wenn alle Klimaziele erreicht würden, aber keine Arbeitsplätze mehr zur Verfügung ständen.
Um mehr Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen zu erreichen, müsse man das Kapital mobilisieren, mehr in die Nachhaltigkeit zu investieren, so Lemke. Wenn den Stakeholdern nicht vermittelt werden könne, dass man bei einem Strukturwandel hin zu mehr Nachhaltigkeit auch Geld verdienen könne, werde sich wenig ändern.
Lemke stellte das Thema Nachhaltigkeit dabei in einen Zusammenhang mit dem demografischen Wandel. „Wir werden in den nächsten Jahren immer weniger Ressourcen zur Verfügung haben, um die Versorgung aufrechtzuerhalten“, betonte er. „Alleine deshalb werden wir nachhaltiger wirtschaften und die Arbeit anders organisieren müssen. Das wird eher der große Strukturbruch sein, den wir zu managen haben.“
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