Politik

Nach Update: Bundesklinikatlas mit neuer Übersichtsfunktion

  • Donnerstag, 20. Juni 2024

Berlin – Der Bundesklinikatlas hat ein umfassendes Update erhalten und soll damit laienverständlicher werden. Die suchbaren Krankheiten und Behandlungen werden nun nicht mehr nach detaillierten OPS-Codes oder der ICD 10/11-Klassifikation gelistet, sondern in 20 wichtigsten Eingriffen zusammengefasst dargestellt. Diese würden bis zu 70 Prozent aller Patientenfälle ausmachen, hieß es dazu heute aus Kreisen des Bundesgesundheitsministeriums (BMG). Weitere zusammengefasste Bereiche seien demzufolge geplant.

So leitet der Atlas Patientinnen und Patienten auf seiner Webseite über Kacheln direkt auf einzelne Bereiche. Diese sind mit den Begriffen Herz, Lunge, Krebs, Knochen und Gelenke, Neurologie, Gynäkologie und Geburt sowie Gefäße betitelt.

Im Bereich der Herzmedizin können die Behandlungen Herzkatheter mit Stent, Bypassoperation am Herzen, Chirurgischer Herzklappenersatz und minimal-invasiver Herzklappenersatz ausgewählt werden. Für Krebsbehandlungen sind unter anderem Darmkrebs, Brustkrebs oder Prostatakrebs wählbar. Im Lungenbereich ist bislang lediglich die Behandlung Lungenentzündung vorhanden.

Bei den Gelenken fokussiert sich der Atlas auf das Wechseln und Einsetzen von Totalendoprothesen von Hüften und Knien. Gleichzeitig können auch allgemeine Informationen zu einzelnen Krankenhausstandorten abgerufen werden. Die Suche aller Erkrankungen und Behandlungen über ICD- und OPS-Codes ist hingegen nicht mehr verfügbar.

Der Atlas zeige nicht akzeptable, mangelhafte Spezialisierungen bei Krebseingriffen, hieß es heute weiter aus Ministeriumskreisen. Aber auch bei der Endoprothetik und bei der Kardiologie brauche es eine stärkere Spezialisierung. Zu viele Krankenhäuser würden die gleichen Leistungen übernehmen. Dadurch hätten viele Häuser zu geringe Fallzahlen, um einer differenzierten Versorgung gerecht zu werden. Der Bundesklinikatlas verdeutliche damit die Notwendigkeit der Krankenhausreform. Diese befindet sich derzeit im parlamentarischen Verfahren. Ein Gesetzentwurf des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG) soll kommende Woche im Bundestag beraten werden.

Das Update mit den Änderungen hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) gestern bereits angekündigt. Den Bundesklinikatlas gibt es seit 17. Mai. Das Angebot, bereitgestellt vom BMG soll über die Qualität im stationären Bereich informieren. Direkt nach dem Start wurde aber Kritik von vielen Seiten deutlich, dass der Atlas für Laien unverständlich sei. Zudem bemängelten Ärztinnen und Ärzte und Krankenhäuser fehlerhafte Daten und Angaben. Das BMG hatte in den vergangenen Wochen mehrere Updates vorgenommen, um die Daten zu korrigieren.

„Der groß als ‚Transparenzoffensive‘ angekündigte Klinik-Atlas von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach ist mit seinem Neustart auch in der Light-Version endgültig gescheitert“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß. Den rund 20 im Atlas abgebildeten Erkrankungen stünden etwa 23.000 Behandlungen gegenüber, die in deutschen Krankenhäusern möglich seien. „Damit fehlen große und für die Bevölkerung hoch relevante Behandlungsangebote, für die der Lauterbach-Atlas keinerlei Erkenntnisse liefert“, sagte Gaß. Bürgerinnen und Bürger würden etwa nichts zu Herzinsuffizienz, Bluthochdruck, COPD, Nierenerkrankungen, Lebererkrankungen, Augenleiden, Operationen am Rücken, Demenz, psychiatrische Erkrankungen und vielen anderen verbreiteten Erkrankungen erfahren.

Gaß zufolge bleibe es auch in der neuen Version dabei, dass der Laie vom Atlas automatisch auch weitentfernt in das Krankenhaus mit den höchsten Fallzahlen geleitet werde, selbst wenn er direkt vor seiner Haustür ein Krankenhaus mit minimal geringerer aber noch immer sehr hoher Fallzahl habe.

Auch Christine Neumann-Grutzeck, Präsidentin des Berufsverband Deutscher Internistinnen und Internisten (BDI) und praktizierende Fachärztin für Innere Medizin und Diabetologie kritisierte die „massive Simplifizierung“ des Bundesklinikatlas. Diese bringe keinen Nutzen für Patientinnen und Patienten. Viele Krankheitsbilder, wie etwa Diabetes, seien beispielsweise komplett aus dem Atlas verschwunden.

cmk

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung