Ärzteschaft

Bundesklinikatlas: Ad-hoc-Kommission der AWMF fordert Ausweisung als Testversion

  • Freitag, 31. Mai 2024
/picture alliance, Soeren Stache
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Berlin – Die Kritik am kürzlich gestarteten Bundesklinikatlas reißt nicht ab. Die Ad-hoc-Kommission Versor­gungsstrukturen der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) hält den Atlas derzeit nicht für vertrauenswürdig.

Die Kommission fordert das Bundesgesundheitsministerium (BMG) in einer aktuellen Stellungnahme auf, die Webseite als „Beta-Version“, also als Testversion auszuweisen.

Grund seien die Unvollständigkeit und Vorläufigkeit der abgebildeten Daten, heißt es in dem Papier. Dieses wurde unterzeichnet von der stellvertretenden Leiterin der AWMF, Monika Nothacker und Manfred Gogol, Vorsitzender der Ad-hoc-Kommission Versorgungsstrukturen.

Die Kommission warnt vor dem Atlas, da dieser aufgrund der vorläufigen Daten und einer mangelnden Quali­tätsüberprüfung der Daten zu Fehlleitungen von Patientinnen und Patienten führen könnte. „Auch Kliniken könnten Schaden nehmen.“

Handwerkliche Fehler

Es bestünden etwa handwerkliche Fehler in der fehlenden Trennung von Haupt- und Nebendiagnosen sowie der schlechten Verknüpfung von Diagnosen und Prozeduren. Die Kodierung von Fachabteilungsschlüsseln sei zudem regional und zwischen den Bundesländern sehr unterschiedlich und könne so kaum flächendeckend interpretiert werden, so die Kommission.

Die Gründe für die aktuelle Dokumentationspraxis in den Kliniken sollten mit dem BMG besprochen und Lösungen für eine Änderung vereinbart werden, schlägt die Kommission der AWMF vor.

Die Kritik zum Bundesklinikatlas war bereits vergangene Woche bekannt geworden. Auch viele Ärztinnen und Ärzte hatten über fehlerhafte Daten und die nicht laienverständliche Darstellung geklagt. Daraufhin hatte das BMG ein Update versprochen. Dafür sollte etwa ein Datensatz ausgetauscht und die Suchfunktion optimiert werden, erklärte das BMG vergangenen Freitag.

Die Kommission kritisiert nun aber, dass Informationen über erfolgte Änderungen oder Aktualisierungen nicht auffindbar seien, beziehungsweise ein Versionsverlauf fehlen würde. Die Angaben zu geplanten Aktualisierun­gen seien nicht ausreichend und Angaben zur Vollständigkeit der Seite seien zu vage, heißt es in der Stellungnahme weiter.

Eine erste Einschätzung der beteiligten Fachgesellschaften war deshalb überwiegend, dass der Atlas wieder abgeschalten werden sollte, bis er verlässlichere Informationen aufweise. Die Ad-hoc-Kommission der AWMF empfiehlt hingegen zunächst die Ausweisung des Atlas als Testversion und bietet dem BMG einen Austausch zu dem Atlas an.

Kritik kam heute auch von Schleswig-Holsteins Gesundheits- und Justizministerin, Kerstin von der Decken (CDU). Die Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) betonte, der Bundesgesundheitsminister habe in Aus­sicht gestellt gehabt, mit dem Bundes-Klinik-Atlas Leben retten zu wollen und eine Orientierung für Qualität zu geben.

„Wenn aber im Notfall aufgrund falscher Angaben im Bundes-Klinik-Atlas Patientinnen und Patienten fehlge­leitet werden, besteht das Risiko, dass das Gegenteil eintritt“, erklärte sie. Die Gesundheit von Menschen dürfe nicht aufgrund falscher staatlicher Information gefährdet werden.

Staatliches Informationshandeln unterliege dem „Gebot von Richtigkeit“. Die Aussage, dass der Atlas ein lernen­des System sei und die Kliniken Fehler selbst melden könnten, sei „verantwortungslos“. Die Nutzer würden sich auf das verlassen, was sie sehen würden.

„Wenn der Bund die Fehler nicht umgehend beheben kann, muss er den Atlas vom Netz nehmen, bis er sie behoben hat. Transparenz ist gut, aber die stellt der Bundes-Klinik-Atlas bisher nicht her“, so von der Decken.

cmk

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