Neues Bundesinstitut: RKI-Beirat hält Pläne für „grundlegend falsch“

Berlin – Die Pläne für das neue Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM) sorgen in Fachkreisen weiter für Kritik. Der Beirat Gesundheitsmonitoring und Gesundheitsberichterstattung, der das Robert-Koch-Institut (RKI) berät, warnt Bundesgesundheitsministerium (BMG) und die Abgeordneten des Gesundheitsausschusses im Bundestag jetzt in einem Schreiben vor den Folgen der bisherigen Reformpläne. Der Brief liegt dem Deutschen Ärzteblatt vor.
Die Kritik entzündet sich an dem Mitte Juni vorgestellten, neuen Referentenentwurf für das Gesetz zur Stärkung der Öffentlichen Gesundheit. Darin ist ein BIPAM vorgesehen, das künftig für die Gesundheitsberichterstattung des Bundes einschließlich des Gesundheitsmonitoring zuständig sein soll.
Dafür sollen die Aufgaben des RKI im Bereich der Gesundheitsberichterstattung an das neue BIPAM übergehen. Ebenso sollen dort künftig die Krebsregisterdaten geführt werden, heißt es in dem Entwurf. Das RKI soll künftig für Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von übertragbaren und mit ihnen in Zusammenhangstehenden nicht übertragbaren Krankheiten zuständig sein.
Ebenso sollen die Aufgaben „der epidemiologischen Untersuchungen auf dem Gebiet der übertragbaren und mit ihnen im Zusammenhang stehenden nicht übertragbaren Krankheiten einschließlich der Erkennung und Bewertung von Risken sowie der Dokumentation und Information“ in der Hand des RKI verbleiben.
Der RKI-Beirat für Gesundheitsmonitoring und Gesundheitsberichterstattung ist von dem Vorhaben nicht überzeugt. Im Gegenteil. Man sehe den Entwurf des Gesetzes „mit großer Sorge“, schreibt Susanne Wurm, Vorsitzende des Beirates für Gesundheitsmonitoring und Gesundheitsberichterstattung, an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), Staatssekretärin Antje Draheim und die zuständige Abteilungsleiterin Ute Teichert sowie die Parlamentarier im Gesundheitsausschuss des Bundestages.
Man erwarte durch den Umbau „eine erhebliche und nachhaltige Schwächung des wichtigen Gesundheitsmonitorings und der Gesundheitsberichterstattung“. Die Pläne stünden „in klarem Widerspruch zu dem hohen Bedarf an aktuellen, qualitätsgesicherten Daten zu Gesundheit in Deutschland und dem erklärten Ziel, Public Health in Deutschland zu stärken“.
Im Detail hält der Beirat die vorgesehene Ausgliederung der Abteilung 2 „Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring“ mit dem Arbeitsschwerpunkt der nicht übertragbaren Krankheiten aus dem RKI und die damit verbundene Trennung von übertragbaren und nicht übertragbaren Krankheiten für „grundlegend falsch“.
„Zurückliegende und zu erwartende Pandemien ebenso wie der Klimawandel verweisen auf die enge Verschränkung übertragbarer und nicht übertragbarer Krankheiten und damit eine Zunahme des hybriden Krankheitsgeschehens“, schreibt der Beirat.
Diese aktuelle Phase des epidemiologischen Wandels werde durch den gleichzeitig verlaufenden demografischen Wandel erheblich verstärkt. „Deshalb teilt der Beirat die Einwände der Fachgesellschaften und schätzt das Risiko als hoch ein, dass sich durch eine Ausgliederung der Abteilung 2 aus dem RKI die Qualität seiner für Public Health zentralen Aufgaben deutlich verschlechtert.“
Der Beirat hält es für „zielführend“, die „hervorragende, national wie international hoch angesehene, wissenschaftliche Arbeit der Abteilung 2 am RKI zu erhalten“. Die fortgesetzte Zugehörigkeit zum RKI sei „zentral“, damit ihre fachlichen Positionen international – etwa im Kontext der Weltgesundheitsorganisation – auch in Zukunft angemessen Gehör fänden.
Darüber hinaus seien die hohen Rücklaufquoten und damit das Vertrauen der Teilnehmenden, Daten zu ihrer Gesundheit herauszugeben, „wesentlich auf den exzellenten Ruf des RKI zurückzuführen und entscheidend für die hohe Qualität der Daten“.
Ein Wechsel von Abteilung 2 würde die lang etablierten Surveys in ihrer Aussagekraft und Vergleichbarkeit mit früheren Erhebungswellen „ernsthaft bedrohen“. Dabei ist es aus Sicht des Beirats unabdingbar, dass Abteilung 2 für die Durchführung ihrer Aufgaben weiterhin wissenschaftlich unabhängig bleibt.
„Große Besorgnis“ äußert der Beirat auch über die langfristigen Folgen einer anhaltenden Verunsicherung der Beschäftigten der Abteilung 2. Durch die angekündigte Verlagerung der Abteilung, befristete Finanzierungszusagen für zentrale Projekte bis Ende des Jahres 2024 sowie die fehlende Nachbesetzung der Abteilungsleitung drohe „ein Verlust langjährig erworbener Expertise in Kernbereichen wie dem Gesundheitsmonitoring“.
Eine Ausgliederung der für das RKI zentralen Abteilung 2 bedeute zudem für das RKI nachhaltig einen Reputationsverlust, mit erheblichen Implikationen, auch für die Nachbesetzung zentraler Leitungspositionen. Unabhängig von konkreten Organisationsregelungen hält es der Beirat für unabdingbar, mehr Geld für die Aufgaben des Gesundheitsmonitorings und der Gesundheitsberichterstattung der Abteilung 2 bereitzustellen.
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