Normenkontrollrat: Zu wenig Praxisnähe bei Digitalisierung und Regulierung

Berlin – Der Nationale Normenkotrollrat (NKR) kritisiert die Bundesregierung für Versäumnisse bei der Digitalisierung der Verwaltung. Gesetze seien oft nicht praxistauglich – was auch daran liege, dass die Ministerien bei Gesetzesvorhaben die betroffenen zu wenig einbinden.
Die Körperschaften und Verbände der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen sind nicht allein mit ihren Klagen über ihre mangelnde Einbindung bei wichtigen Gesetzesvorhaben wie der Reform der Krankenhausstrukturen. In seinem heute veröffentlichten Jahresbericht 2022 kritisiert der Normenkontrollrat, die mangelnde Wirksamkeit und Effizienz von Gesetzen.
„Qualität benötigt Zeit und die Einbeziehung des Vollzugswissens von Betroffenen und Praktikern“, so das Gremium. Teure Fehler könnten nur so vermieden und der Vollzug möglichst einfach gestaltet werden – was der Bundesregierung oftmals nicht gelinge.
„Abstimmungs- und Beteiligungsfristen werden immer knapper, die Anhörung Betroffener zur reinen Makulatur“, kritisiert der NKR. Auch ihm selbst würden zunehmend so kurze Fristen gesetzt, dass eine seriöse und verantwortbare Prüfung der Gesetzesentwürfe kaum mehr möglich sei.
Wolle die Bundesregierung bessere Regulierungsergebnisse produzieren, müsse sie dafür mehr Zeit einräumen. Der NKR kündigt deshalb an, er werde die Fristen von Gesetzgebungsverfahren in Zukunft genauer untersuchen und öffentlich dokumentieren.
Enormen Nachholbedarf gibt es dem Jahresbericht zufolge auch weiterhin bei der Digitalisierung der Verwaltung. Eigentlich wollte die Bundesregierung 2017 mit dem Onlinezugangsgesetz (OZG) eine Wende herbeiführen und dafür sorgen, dass Deutschland den internationalen Anschluss schafft.
Wie wichtig eine funktionierende digitale Verwaltung ist, zeige sich insbesondere in Krisenzeiten – beispielsweise bei der Erfassung und Weiterleitung von Inzidenzwerten in der COVID-19-Pandemie oder bei der Auszahlung von Coronahilfen. Das OZG sollte dafür sorgen, dass als notwendig erkannte Digitalisierungsmaßnahmen endlich umgesetzt werden.
„Diese Hoffnung hat sich nicht erfüllt“, konstatiert nun der NKR. So seien – trotz gewisser Erfolge und großem Engagement der Beteiligten in Bund, Ländern und Kommunen – zwei Monate vor Ende der Umsetzungsfrist erst 33 von 575 Verwaltungsleistungen flächendeckend verfügbar.
Grund für die mangelhafte Umsetzung seien strukturelle Herausforderungen im Zusammenwirken der Ebenen, die bisher nicht gelöst worden seien, so zum Beispiel komplizierte Koordinierungsstrukturen, fehlende Standardisierung und mangelnde Verbindlichkeit.
Die Bundesregierung ist sich der akuten Mängel bewusst und hat deshalb Ende vergangenen Jahres unter Federführung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Onlinezugangsgesetzes schreiben lassen.
Der habe jedoch erhebliche Mängel, kritisiert nun der NKR. So seien keine Umsetzungsfristen genannt worden, was das Vertrauen in die Umsetzung massiv untergrabe. Neben Anreizen und Sanktionen im Zusammenhang mit realistischen Fristen brauche es vor allem einen klaren gesetzlichen Auftrag, was Bund, Länder und Kommunen bis wann realisieren müssen.
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