Politik

Opposition kritisiert geplante Aufspaltung des Robert-Koch-Ins­tituts

  • Donnerstag, 26. September 2024
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) /picture alliance, dts-Agentur
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) /picture alliance, dts-Agentur

Berlin – Die Pläne des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) zur Schaffung eines neuen Bundesinstituts für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM) treffen auf den Widerstand der Oppositionsfraktionen. Bei der gestrigen ersten Lesung des Gesetzentwurfs im Bundestag verwiesen sie vor allem auf Kritik aus der Fachwelt.

Das BIPAM werde dazu beitragen, die Lebenserwartung in Deutschland zu erhöhen, hatte Bundesgesundheits­minister Karl Lauterbach (SPD) zuvor erklärt. Diese sei niedriger als in fast allen Ländern Westeuropas und stärker an sozioökonomische Faktoren geknüpft.

„In Deutschland sterben arme Frauen sechs Jahre früher als wohlhabende und Männer acht Jahre. Das ist ein gesundheitspolitischer Skandal“, unterstrich Lauterbach. „Wir werden die Lebenserwartung in Deutschland durch bessere Vorsorgemedizin erhöhen.“

Allein in den besonders relevanten Bereichen Krebs, kardiovaskuläre Erkrankungen und Demenz seien Senkun­gen der Sterblichkeit um 20 bis 40 Prozent möglich. Das BIPAM werde diejenige Einrichtung sei, die es ermög­liche, wirkungsvoll den wichtigen vorzeitigen Todesursachen gegenüberzutreten.

Zudem habe die COVID-19-Pandemie gezeigt, dass ein Institut nach dem Vorbild des BIPAM gebraucht werde. So hätten die Gesundheitsämter zwar Zugriff auf die maßgeblichen Daten zur Einschätzung der Lage gehabt, je­doch nicht die Reichweite der Kommunikation, über die die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) verfüge. Bei der BZgA wiederum sei es umgekehrt.

„Wir hätten auch in der Pandemie ein solches Institut gebrauchen können“, sagte Lauterbach. „Dann hätten wir vielleicht die eine oder andere Maßnahme anders umgesetzt.“ Das BIPAM werde eine Vernetzungsfunktion erfüllen, an der es bisher mangele.

Dabei ignoriere Lauterbach allerdings die Kritik, die die Fachwelt an dem Vorhaben äußert, warf ihm der CDU-Abgeordnete Georg Kippels vor. Indem er die Abteilung 2 des Robert-Koch-Instituts (RKI) in das BIPAM überfüh­re, schaffe er eine künstliche Trennung zwischen den beiden Bereichen übertragbare und nicht übertragbare Krankheiten.

Dabei habe doch gerade die Pandemie gezeigt, wie eng diese beiden verknüpft seien. Zudem untergrabe die Anbindung an das BMG die Unabhängigkeit des Instituts. „Wir müssen dadurch auch einen entsprechenden Renommeeverlust ist der internationalen Diskussion erwarten und hinnehmen“, betonte Kippels.

Außerdem enthalte der Gesetzentwurf einige Mängel, wie eine fehlende Einbindung der Länden. Auch zur Finan­zierung sei im Gesetzestext noch nichts zu finden. Lauterbach habe im Gesundheitsausschuss selbst eingeräumt, dass das „noch nicht budgetfähig“.

Zwar handele es sich bei dem Gesetz im Kern um eine gute Idee, aber Lauterbach schaffe es, eine gute Idee so zu verarbeiten, dass danach nur noch Ablehnung und Kritik von allen Seiten komme. „Wenn dieses Gesetz die Lösung des Problems ist, dann hätte ich gern das Problem zurück“, sagte Kippels.

Kippels Fraktionskollege Stephan Pilsinger (CSU) ging noch weiter und warf Lauterbach vor, mit dem Gesetz gezielt das RKI schwächen zu wollen. Die RKI-Protokolle würden belegen, dass er schon in der Vergangenheit ungerechtfertigten Einfluss auf das RKI genommen habe, um es von einer Entwarnung bei der SARS-CoV-2-Gefahrenlage abzubringen. Das „Gesetz zur Stärkung der Öffentlichen Gesundheit“ sei „in Wirklichkeit ein RKI-Zerschlagungsgesetz“, sagte er. Zudem verletze es die Gewaltenteilung in erheblichem Maße.

Auch Simone Borchardt (CDU) monierte, dass Lauterbach keine Ambitionen zeige, dass ohnehin schon viel zu komplexe Gesundheitssystem zu entschlacken. Stattdessen baue er weitere Doppelstrukturen auf. Stattdessen wäre es sinnvoller gewesen, Präventionsausgaben in die Kommunen zu ziehen. „Sie müssen vor allem die vorhandenen Ressourcen besser nutzen“, mahnte sie.

„Mit diesem Gesetzentwurf werfen sie alle Erkenntnisse der letzten 50 Jahre über Bord“, warf Lauterbach die Linken-Abgeordnete Kathrin Vogler vor. Es sei mittlerweile wissenschaftlicher Konsens, welche Bedeutung Lebensverhältnisse auf den Gesundheitszustand haben. Die Lebensumstände kämen aber im Gesetz überhaupt nicht vor.

Zuspruch erhielt Lauterbach stattdessen aus der eigenen Koalition. „Wenn es gut gemacht ist, könnte unsere Public-Health-Landschaft von so einem Institut sehr profitieren und einen Sprung nach vorn machen“, betonte Johannes Wagner (Grüne).

Bisher würden nur zwei Prozent der Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung in die Prävention fließen und man wisse gar nicht genau, wer davon profitiere. Das BIPAM werde dafür sorgen, dass Prävention dort an­komme, wo sie hingehöre.

Zudem habe die Pandemie drei Dinge gelehrt: dass die Gesundheitsämter besser zusammenarbeiten müssten, dass Gesundheitskompetenz und -kommunikation gestärkt werden müssten sowie, dass Gesundheitsdaten besser verknüpft, analysiert und aufbereitet werden müssten. „All das sind Dinge, die das neue Institut machen soll“, erklärte Wagner.

Das BIPAM werde Gesundheitskompetenz, unabhängige Wissenschaft und Kommunikation bündeln, kündigte Kristine Lütke (FDP) an. Man dürfe sich nicht nur auf ein kuratives Gesundheitssystem konzentrieren. „Für uns Liberale ist Prävention das A und O.“

lau

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