Pharmadialog soll Gen- und Zelltherapien in den Fokus nehmen

Berlin – Im Zuge der im Koalitionsvertrag vorgesehenen Fortführung des Pharmadialogs werde es auch um eine Prüfung „aller Prozesse“ rund um Arzneimittel für neuartige Therapien (Advanced Therapy Medicinal Products, ATMPs) – also vor allem Gen- und Zelltherapien – gehen. Dies sagte gestern Thomas Müller, Leiter der Abteilung Arzneimittel, Medizinprodukte, Biotechnologie im Bundesgesundheitsministerium (BMG), auf dem Hauptstadtkongress.
Dabei wolle man zunächst vor allem „zuhören und Gespräche führen“, so Müller. Er sei „zuversichtlich“, dass man gemeinsam mit der Pharmaindustrie und den Kostenträgern zu den vergleichsweise hochpreisigen ATMPs Kompromisse finden werde, welche die Finanzierung des Gesundheitswesens in Deutschland nicht sprengen würden. Genau davor warnten und warnen die Krankenkassen immer wieder.
Wenn innovative aber zugleich auch sehr teure ATMPs künftig in größere Patientengruppen vordringen, dann müssen die Preise sinken, betonte in der Diskussionsrunde auch der Gesundheitsökonom Jürgen Wasem von der Universität Duisburg-Essen. Grundsätzlich zeigte er sich skeptisch, ob die solidarisch finanzierte Gesundheitsversorgung den medizinischen Fortschritt „ohne Blick auf den Leistungskatalog“ wird stemmen können.
Gerhard Schillinger vom AOK-Bundesverband schätzte erfolgsabhängige Vergütungsmechanismen – auch Pay for Performance (P4P) – als „nur eingeschränkt“ tauglich zur Lösung des Finanzierungsproblems ein. Sowohl das Festlegen von Kriterien als auch deren spätere Messung würden etliche Herausforderungen bergen.
Ausdrücklich zu unterstützen sei aber eine weitere Stärkung von spezialisierten Zentren, so Schillinger. Solche Strukturen könnten dazu beitragen, mehr Evidenz zur Wirkung von neuen Gen- und Zelltherapien im realen Versorgungsalltag zu generieren. Die in diesen Zentren geleistete Datensammlung und -aufbereitung müsse aber aufwandsgerecht finanziert werden – hier sei auch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefragt.
Weiter ausgebaut werden sollte auch die Registerstruktur, so der Appell von Christof von Kalle Berlin, Institute of Health at Charité (BIH). Register könnten einen wichtigen Beitrag zur Evidenzgenerierung leisten. Haupthemmnis in diesem Bereich sei derzeit der Digitalisierungsgrad im deutschen Gesundheitswesen. Die elektronische Patientenakte (ePA) könne einen wichtigen Baustein für eine relativ aufwandsarme Datenerfassung darstellen.
Müller deutete erste Arbeiten des BMG an einem Registergesetz an – zu konkreten Zeitplänen wollte er sich aber nicht äußern. Auch das AMNOG-Verfahren könne man sich „nach 15 Jahren nochmal angucken“. Die politische Bereitschaft, Anpassungen vorzunehmen sei vorhanden. Zudem spüre er eine gewisse Bereitschaft für „neue Evidenzformen“ bei den Akteuren.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: