Politik

Plädoyer für strukturellen Ausbau der Ständigen Impfkommission

  • Mittwoch, 8. Februar 2023
Thomas-Mertens /picture alliance, Kay Nietfeld
Thomas-Mertens /picture alliance, Kay Nietfeld

Berlin – Die Ständige Impfkommission (STIKO) sollte personell und strukturell weiter ausgebaut werden. Da­für haben sich heute Experten in einem Fachgespräch im Gesundheitsausschuss ausgesprochen. Ein Grund seien viele neu erwartete Impfstoffe sowie die Information der Bevölkerung insbesondere in Krisenlagen, wie der Bundestag heute mitteilte.

Der STIKO-Vorsitzende Thomas Mertens wertete die Pandemie demnach im Rückblick als enorme Herausfor­derung für die Mitglieder der Kommission und die Geschäftsstelle. Die STIKO habe trotz der zusätzlichen Belastung ihre Empfehlungen auf Grundlage bestmöglich verfügbarer Evidenz zeitnah abgegeben, so Mer­tens.

Das sei teils aufreibend gewesen. Zusammen mit der Geschäftsstelle habe es in der Pandemie 64 mehrstün­dige Videokonferenzen zusätzlich zu den regulären STIKO-Sitzungen gegeben. Die STIKO habe sich bis zu zwei Mal wöchentlich zu Beratungen getroffen.

Es habe sich dabei gezeigt, dass die Kommunikation teils ein größeres Problem sei als die Bearbeitung der Themen. Zudem seien Personalkapazitäten in der Geschäftsstelle zu knapp. Das habe dazu geführt, dass an­dere wichtige Impfempfehlungen liegen geblieben seien.

Mertens betonte den Angaben zufolge auch, Impfstoffe würden immer komplexer und erforderten komplex­ere Empfehlungen. Er sprach sich dafür aus, ausreichend Ressourcen zu schaffen.

Der Mediziner Leif Erik Sander von der Berliner Charité sagte, die evidenzbasierten Empfehlungen der STIKO seien für die Bevölkerung und die impfenden Ärzte zentral. Die STIKO genieße wegen ihrer Unabhängigkeit großes Vertrauen in der Bevölkerung und der Ärzteschaft.

In der Pandemie habe sich eine extrem dynamische Situation entwickelt. Seit Ende 2020 habe es neue Stu­dien, Erkenntnisse und Zulassungen teils im Wochentakt gegeben.

Sander warnte, die hohe Dringlichkeit in der Pandemie sollte eine Lehre sein für künftige Bedrohungen. Es sei in der Zukunft häufiger mit epidemischen und pandemischen Ausbrüchen zu rechnen. Daher sollte die STIKO personell und strukturell besser ausgestattet werden, damit sie auch dynamische Lagen bewältigen könne.

Benedikt Fabian vom Verband forschender Arzneimittelhersteller (vfa) sagte, die STIKO leiste hochquali­ta­tive Arbeit, die sehr geschätzt werde. Allerdings sei für Außenstehende vor einer Impfempfehlung nicht nach­voll­ziehbar, wie der Stand des Verfahrens ist.

Das erschwere den Impfstoffherstellern die Planbarkeit. Die Transparenz während der Entscheidungsfindung sollte verbessert werden, damit die Hersteller mehr Planungsvorlauf bekämen.

Auf Impfskeptiker in der Bevölkerung ging Cornelia Betsch, Expertin für Gesundheitskommunikation der Universität Erfurt, ein. In der Coronapandemie sei die Zahl der Befürworter von Impfungen deutlich geringer geworden, während sich die Zahl der Menschen, die in dem Punkt unsicher seien, vergrößert habe.

Dies habe Auswirkungen auf die Arbeit der STIKO. Das Vertrauen müsse wieder aufgebaut werden. Betsch plä­dierte dafür, die STIKO-Geschäftsstelle und die Kommission mit Experten aus den Sozial- und Verhaltens­wis­sen­schaften aufzustocken, um die Kommunikation zu stärken und auch über Akzeptanzfragen zu beraten.

EB

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