RKI legt Stufenkonzept für Öffnungsschritte vor

Hamburg – Das Robert-Koch-Institut (RKI) hat heute ein Konzept für eine stufenweise Rücknahme von Coronamaßnahmen bis zum Sommerende vorgelegt. Es ordnet gesellschaftliche Bereiche und Aktivitäten nach ihrer Relevanz für die Virusübertragung sowie zusätzlich noch nach ihrer sozialen, psychologischen und wirtschaftlichen Relevanz.
Parallel dazu berücksichtigt das Modell vier Coronaintensitätsstufen, wobei die erste Stufe ein Basisszenario mit Grundregeln wie Abstandhalten oder Lüften ist.
Die darüberliegenden drei Intensitätsstufen des Konzepts werden unter anderem durch die Entwicklung der Sieben-Tage-Inzidenz, die Auslastung von Krankenhäusern und Gesundheitsämtern sowie die Quote der Klinikeinweisungen bei den besonders stark durch Corona gefährdeten Über-60-Jährigen definiert.
Die Gewichtung einzelner Faktoren verändert sich je nachdem, ob das Infektionsgeschehen zu- oder abnimmt. Auch der Anteil der Geimpften spielt hinein. Wörtlich heißt es: „Es ist zu betrachten, dass die hier vorgeschlagenen Maßnahmen erst in Kombination zum Erfolg führen. Die Maßnahmen sollten zudem nicht nur an einen Indikator gekoppelt werden, sondern durch eine Gesamtbetrachtung mehrerer Indikatoren entschieden werden."
Aus der Kombination von Bereichen sowie Intensitätsstufen leiten die RKI-Experten ihre Empfehlungen für die notwendigen Maßnahmen auf Landkreis- oder Bundesländerebene ab. Aktivitäten mit einem relativ überschaubaren Übertragungsrisiko – wie etwa Einzelhandel, Theater und Treffen im Freien – sollten demnach auch bei mittlerem Infektionsgeschehen mit Schutzkonzepten weiter erlaubt bleiben.
Erst in der dritten Stufe mit großflächigen Ausbrüchen und einer Überlastung im Gesundheitssystem sollten in diesen Bereichen Verbote und Schließungen folgen.
Am anderen Ende des Spektrums finden sich Aktivitäten und Bereiche, die für eine Virusverbreitung insbesondere auch in den Risikogruppen besonders entscheidend sind. Dazu zählen Treffen in Innenräumen, die Abläufe in Pflege- und Altenheimen sowie Bars und Clubs.
Laut RKI sollte deshalb etwa eine Schließung von Bars auch bereits ab mittlerem Infektionsgeschehen „erwogen“ werden. Das Konzept setzt grundsätzlich darauf, dass bei einer „Deeskalation vorsichtig und langsam vorgegangen werde, eine Eskalation hingegen sollte schnell sinnvolle und effektive Maßnahmen auslösen.“
Außerdem sollten dann für Treffen in geschlossenen Räumen mit mehr als zehn Teilnehmern Schutzkonzepte greifen. In Pflegeheimen mit ihren extrem stark gefährdeten Bewohnern sollte ohnehin in allen Stufen durchgängig auf Corona getestet werden.
Im mittleren Bereich der RKI-Tabelle finden sich Bereiche wie Schule, Arbeitswelt und Gastronomie. In weiterführenden Schulen sollte ab mittlerem Infektionsgeschehen oder Intensitätsstufe 2 mit Klassenteilungen und Fernunterricht begonnen werden, während in der Gastronomie dann nur noch Außerhausverkauf gestattet sein sollte. Im öffentlichen Nahverkehr müsste mit der Entzerrung durch zusätzliche Busse und Bahnen begonnen werden, in Betrieben sollte eine Umstellung auf Homeoffice empfohlen werden.
Dies betrifft Szenarien mit Inzidenzwerten zwischen 35 und 50, sofern weitere Faktoren erfüllt sind. Dazu zählen eine Zunahme der allgemeinen Infektionsausbreitung im privaten Umfeld und eine merklich zunehmende Belastung der Gesundheitssysteme.
Bei Inzidenzwerten ab 50 läge dem RKI-Konzept zufolge zumindest unter weiteren Bedingungen dann ein hohes Infektionsgeschehen gemäß der Intensitätsstufe 3 vor, das schärfere Maßnahmen notwendig macht.
Das Konzept weist aber auch darauf hin, dass die angegebenen Wertebereiche zur Orientierung dienen. Damit wird auf Kritik reagiert, dass eine „belastbare Evidenz für scharfe Grenzwerte“ nicht vorliegt.
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