RKI veröffentlicht neue Daten zu HIV/AIDS in Deutschland

Berlin – Die HIV-Infektionszahlen in Deutschland sind im vergangenen Jahr leicht gestiegen. Schätzungsweise 2.600 Menschen haben sich im vergangenen Jahr neu mit HIV infiziert, 100 Personen mehr als im Jahr zuvor. Das geht aus dem neuesten Epidemiologischen Bulletin des Robert-Koch-Instituts (RKI) hervor.
Damit setzt sich eine relativ konstante Entwicklung fort, nach einem 20-Jahres Höchststand im Jahr 2007 mit mehr als 3.000 deutschlandweiten Neuinfektionen. Das RKI mahnte nun weitere Verbesserungen der HIV-Versorgung an.
Die geschätzten Neuinfektionen sind dabei nicht mit den beim RKI gemeldeten Neudiagnosen zu verwechseln. Die Diagnosen können oft erst Jahre nach der eigentlichen Infektion gestellt werden.
In Deutschland hatten 2019 rund 88 Prozent aller schätzungsweise 90.700 HIV-positiven Menschen auch eine HIV-Diagnose. Etwa 96 Prozent von ihnen wurden mit antiretroviraler Therapien behandelt, was in 96 Prozent zu einem Behandlungserfolg führte. Dieser ist als Absinken der Viruskopien im Blut auf weniger als 200 definiert.
Weiterhin seien circa 10.800 Menschen in Deutschland HIV-positiv, ohne davon zu wissen. Sie können das Virus weitergeben und hätten zudem bei einer späteren Diagnose eine höhere Sterblichkeit, schreibt das RKI in seinem Bulletin.
Im Jahr 2019 wurden circa 34 Prozent der HIV-Infektionen bereits mit einem fortgeschrittenen Immundefekt und etwa 15 Prozent erst mit dem Vollbild AIDS diagnostiziert, heißt es im Bulletin. Schätzungsweise 380 Personen seien laut dem RKI 2019 an HIV und seinen Folgen gestorben.
„In der Gesamtschau der vergangenen Jahre zeigt sich, dass der Ausbau von zielgruppenspezifischen Testangeboten und ein früherer Behandlungsbeginn Erfolge gebracht haben“, sagte der RKI-Präsident Lothar Wieler. Doch weitere Anstrengungen seien zur Optimierung der HIV-Versorgung notwendig.
Verbesserungsvorschläge des RKI
Im Epidemiologischen Bulletin gibt das RKI daher nun Handlungsempfehlungen für die deutsche HIV-Strategie. Kondome würden weiterhin den Grundpfeiler der Prävention darstellen.
Daneben gelte es, die Testangebote auszubauen und durch Aufklärung auch die Testbereitschaft zu fördern. In der Risikogruppe der homosexuell aktiven Männer (englisch: Men having Sex with Men, MSM) sei die Testbereitschaft deutlich gesteigert worden, wodurch die Zahl an Neuinfektionen abgenommen hätte.
Darüber hinaus sollten Einsende- und Selbsttests ausgeweitet und aktiver beworben werden. Sie könnten besonders in ländlichen Regionen und kleineren Städten dabei helfen, Testlücken zu schließen und Spätdiagnosen zu reduzieren.
Niedergelassene Ärzte sollten bei Symptomen, die auf HIV zurückführbar sein könnten, aktiv einen HIV-Test empfehlen. Außerdem sollen sie einem aktiv geäußerten Wunsch auf HIV-Testung nach Möglichkeit nachkommen.
Mit der oralen Präexpositionsprophylaxe (PrEP) gebe es zudem ein weiteres wirksames Instrument zur Prävention von HIV-Infektionen. Sie werden inzwischen für Risikopatienten auch von den Krankenkassen bezahlt. Vorläufige Daten aus HIV-Testeinrichtungen würden zeigen, dass bei der Mehrzahl der HIV-Neudiagnosen unter MSM die Kriterien für das Angebot einer HIV-PrEP vorgelegen hätten.
Eine aktivere Ansprache und Identifizierung von Personen, die von einer PrEP profitieren könnten, sei daher sinnvoll. Des Weiteren sollte allen Menschen in Deutschland derselbe Zugang zur antiretroviralen Therapie ermöglicht werden. Bisher hätten Menschen ohne Papiere oder EU-Bürger ohne gültige Krankenversicherung hierfür nur eingeschränkte Möglichkeiten.
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