Politik

RSV-Prophylaxe mit Nirsevimab auf dem Prüfstand

  • Mittwoch, 21. August 2024
/darkclearsky, stock.adobe.com
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Berlin – Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat die Nutzenbewertung von Nirsevimab zur Prophylaxe von Infektionen mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) in der vergangenen Woche abgeschlossen.

Demnach ist der Zusatznutzen bei Kindern, die ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf einer RSV-Infektion haben und bei denen Palivizumab indiziert ist, für Nirsevimab als Sekundärprophylaxe gegenüber der Vergleichstherapie mit Palivizumab nicht belegt.

Der Nutzenbewertung lag das vom Hersteller eingereichte Dossier mit Ergebnissen aus einer doppelblinden randomisierten Vergleichsstudie zugrunde, wie es in einer Mitteilung des G-BA heißt.

Weder hinsichtlich Mortalität oder Morbidität noch hinsichtlich unerwünschter Wirkungen besteht laut G-BA ein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Antikörpern. Für die Bewertung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität lägen keine Daten vor.

„Der G-BA kommt zu dem Schluss, dass beide Medikamente ungefähr gleich gut wirken“, sagte Ursula Felder­hoff-Müser, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Kinder und Jugendmedizin (DGKJ) und Direktorin der Klinik für Kinderheilkunde I am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsmedizin Essen, dem Deutschen Ärzteblatt ().

„Nirsevimab hat aber den Vorteil, dass man es nur einmal applizieren muss“, hob Felderhoff-Müser hervor. Die einmalige Gabe spiele für die Säuglinge eine erhebliche Rolle. Palivizumab wird dagegen mehrmals, in der Regel 5-mal, injiziert.

Die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert-Koch-Institut (RKI) hat vor Kurzem die einmalige Gabe des monoklonalen Antikörpers Nirsevimab für Säuglinge in ihrer ersten RSV-Saison empfohlen (Epidemiologi­sches Bulletin 26/2024). Das gilt für alle Neugeborenen und Säuglinge unabhängig davon, ob Risikofaktoren für einen schweren Verlauf einer RSV-Infektion bestehen.

Durch diese passive Immunisierung oder RSV-Prophylaxe sollen schwer verlaufende RSV-Infektionen bei den unter 1-Jährigen reduziert werden. So lassen sich Krankenhausaufenthalte, intensivmedizinische Behandlun­gen und RSV-bedingte Todesfälle sowie Engpässe in der stationären und ambulanten Versorgung verhindern, wie die STIKO in ihrer Begründung schreibt.

Der STIKO-Empfehlung basiert auf den Ergebnissen und Analysen mehrerer Studien. Demnach kann der Antikörper bei Säuglingen, die jünger als ein Jahr sind, zum Beispiel durch RSV hervorgerufene Infektionen der unteren Atemwege (LRTI), die einer medizinischen Behandlung bedürfen, effektiver reduzieren als Placebo. Ähnliches gilt der STIKO zufolge etwa auch für RSV-bedingte LTRI, die stationär oder gar intensivmedizinisch behandelt werden müssen.

„Tatsächlich kann die einfache Prophylaxe mit Nirsevimab es schaffen, die Zahl der Kinder mit RSV-Infektio­nen, die im Krankenhaus behandelt werden müssen, deutlich zu senken“, sagte auch Felderhoff-Müser. Zudem sinke auch das Risiko, das sich die Kinder in den Kindertagesstätten untereinander ansteckten, wenn sie die Prophylaxe erhalten haben.

Real-World-Daten aus Spanien bestätigen ebenfalls die Wirksamkeit von Nirsevimab (Lancet Infectious Diseases 2024, DOI: 10.1016/S1473-3099(24)00215-9). In der Region Galizien begann die RSV-Prophylaxe mit Nirsevimab in der RSV-Saison 2023/2024. Für die passive Immunisierung waren unter anderem in diesem Zeitraum geborene Kinder (saisonale Gruppe) und Säuglinge, die zu Beginn der Kampagne weniger als sechs Monate alt waren (Nachholgruppe), vorgesehen.

Basierend auf Daten von mehr als 10.000 Säuglingen aus diesen Gruppen und aus dem Zeitraum von Septem­ber bis Dezember 2023 erfolgte eine Interimsanalyse. Demnach erhielten etwa 92 % der infrage kommenden Kinder Nirsevimab. Dadurch konnten RSV-assoziierte LRTI mit Sauerstoffbedarf effektiv reduziert werden. Das galt auch für Krankenhausaufnahmen aufgrund LRTI jedweder Ursache und für stationäre Behandlungen jedweder Ursache.

Wann die Nirsevimabgabe der STIKO zufolge durchgeführt werden sollte, richtet sich nach dem Geburtstag der Kinder: Liegt er zwischen April und September – außerhalb der RSV-Saison –, sollte die Injektion der STIKO zufolge im Herbst vor Beginn ihrer ersten RSV-Saison erfolgen. Fällt der Geburtstag in die Monate zwischen Oktober und März, das heißt während der RSV-Saison, sollte die Nirsevimabgabe möglichst schnell nach der Geburt durchgeführt werden.

aks

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