Politik

SARS-CoV-2-Genom­analysen: Fehlende Metadaten aus Deutschland behindern internationale Forschung

  • Freitag, 26. Februar 2021
Auf einem Computerbildschirm im Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg wird die DNA-Analyse eines mutierten Coronavirus in der Variante, die zuerst in Großbritannien aufgetreten ist, angezeigt. Die Stelle der Veränderung im Viruserbgut wird durch die Stiche markiert. /picture alliance, Sebastian Gollnow
Auf einem Computerbildschirm wird die DNA-Analyse eines mutierten Coronavirus in der Variante, die zuerst in Großbritannien aufgetreten ist, angezeigt. Die Stelle der Veränderung im Viruserbgut wird durch die Stiche markiert. /picture alliance, Sebastian Gollnow

Berlin – Für die internationale Forschung zu Virusvarianten von SARS-CoV-2 ist Deutschland bislang ein blinder Fleck. Denn dem Robert-Koch-Institut (RKI) fehlen Daten, um Genomsequenzen aus deutschen Virusproben in die Forschungsdatenbank GISAID hochladen zu können. Man arbeite an „pragmatischen“ Lösungen, sagte der Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, heute auf einer Pressekon­ferenz. Doch muss er auf freiwillige Angaben der Labore hoffen.

In ganz Deutschland werden mittlerweile stichprobenartig SARS-CoV-2-Proben auf ihre genaue Genom­sequenz untersucht. Die Ergebnisse dieser sogenannten molekularen Surveillance sammelt das RKI zentral. Nur anhand dieser Daten können neu aufkommende Virusvarianten überhaupt erkannt werden.

Die entschlüsselte Sequenz selbst ist dabei im Grunde eine kleine Textdatei, die die genaue Basen­abfol­ge als Buchstabenreihe enthält. Doch um sie in der weltweit größten Genomdatenbank, der Global Ini­tiative on Sharing All Influenza Data (GISAID), hochladen zu können, fehlen beim RKI weitere Anga­ben, erklärte Wieler.

Manche davon würden in Deutschland dem Datenschutz unterliegen, wie Teile der Postleitzahl, das Alter oder das Geschlecht der Patienten. Andere notwendige Informationen könnten aktuell gar nicht an das RKI übermittelt werden, so der RKI-Chef. Das liege auch an technischen Problemen des verwendeten Meldesystems, an deren Lösung derzeit gearbeitet werde. Aber: „Ohne diese Daten können wir nicht bei GISAID hochladen“, sagte Wieler.

Welche Daten das Institut von den Laboren erhält, ist in der Coronavirus-Surveillance-Verordnung des Bundesgesundheitsministeriums geregelt, die am 19. Januar 2021 in Kraft getreten ist. Sie verpflichtet die Laboratorien nicht dazu, die Sequenzierungen an sich durchzuführen. Auch werden darin eben jene Daten, die laut Wieler für das Hochladen bei GISAID gebraucht werden, nicht erwähnt.

Lediglich Labore, die die zeit- und personalaufwendigen Vollgenomsequenzierungen ohnehin durch­füh­ren, müssen nach der Verordnung ihre entschlüsselten Sequenzdaten mit dem RKI teilen. Wenn vorhan­den, sollen sie zusätzlich Angaben zum einsendenden Labor übermitteln, sowie das Datum der Proben­gewinnung, die Art der Probe und die verwendete Sequenzierungstechnologie mitsenden.

Wieler will die Probleme schnell angehen: „Sie können davon ausgehen, dass wir so schnell wie möglich alle Daten hochladen“, sagte er. In GISAID finden sich bisher 634 deutsche Genomsequenzen von Proben aus dem Jahr 2021. Laut der Verordnung sollten fünf bis zehn Prozent aller positiven Proben sequenziert werden.

Genomdaten mit epidemiologischen Daten verknüpfen

Um zukünftig neue Varianten nicht nur erkennen zu können, sondern auch deren klinische Relevanz ein­zuschätzen, will Wieler die Genomdaten mit epidemiologischen Daten des RKI kombinieren.

„Dann werden wir viel früher erkennen, ob eine Variante in Deutschland zu schwereren Krankheits­ver­läu­fen führt oder nicht“, erklärte er. Diese Möglichkeit, die Daten zu verknüpfen, sei „die große Stärke des deutschen elektronischen Meldesystems“.

Auf die Frage, ob bereits eine „Deutsche Mutation“ bekannt sei, antwortete er: „Wir haben sie noch nicht gefunden“. Doch es sei klar, dass sich ständig neue Varianten ausbilden, „darum beobachten wir sie“.

jff

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