Laborärzte äußern sich skeptisch zu Coronaselbsttests

Berlin – Vor der geplanten Einführung von Coronaselbsttests für Zuhause verweist der Berufsverband Deutscher Laborärzte (BDL) auf schlechte Erfahrungen in anderen Ländern. Ein positiver Wirkungszusammenhang zwischen dem massenhaften Einsatz von Schnelltests und der Entwicklung der Infektionszahlens sei nicht erkennbar.
„Die Schnell- und Selbsttests sind zu ungenau. Der Blick über die Grenzen zeigt, wo man den Coronavirusmutationen vor allem mit Schnelltests begegnet, steigen die Infektionszahlen, ob in Dänemark oder Österreich“, betonte heute der BDL-Vorsitzende Andreas Bobrowski.
Zudem zeige sich, dass die Ergebnisse von Schnelltests nur Momentaufnahmen lieferten, die negativ Getestete in trügerischen Sicherheiten wögen. Diese Bilanz habe jüngst auch die Präsidentin der Slowakei Zuzana Čaputová gezogen, nachdem landesweite Massenschnelltests im Herbst 2020 die verheerende Infektionszahlenentwicklung der vergangenen Monate nicht verhindern konnten.
Statt auf den massenhaften Schnelltesteinsatz auch für Menschen ohne Symptome oder gar auf Selbsttests zu setzen, müsse man sich auf bewährte Tugenden besinnen. „Die Bedrohungen durch die Coronavirusmutationen bestehen wir am besten durch individuelle Disziplin und die konsequente Nachverfolgung bekannter Infektionen“, so Bobrowski.
Es müsse möglichst schnell festgestellt werden, wer sich wo infiziert habe. Bei Infektionsfällen mit Coronavirusmutationen müsse man zudem noch schneller mit Quarantänemaßnahmen und der Nachverfolgung der Infektionsketten reagieren.
Auch der Akkreditierte Labore in der Medizin (ALM) verwies darauf, das die Kombination aus der zunehmenden Verbreitung von Virusvarianten und der mit den Öffnungen verbundenen Ausweitung von Kontakten Anlass zur Sorge gäbe. Deshalb müsse die engmaschige Kontrolle des Infektionsgeschehens mit intensiver Testung unterstützt werden.
Hilfreich wäre dabei, so der ALM, wenn das SARS-CoV-2-Infektionsgeschehen möglichst genau abgebildet werden könnte. Die fachärztlichen Labore plädieren schon seit Wochen dafür, sowohl die Zahl als auch die Ergebnisse durchgeführter Antigenschnelltests in die Teststatistik einfließen zu lassen, wie es in europäischen Nachbarstaaten schon tagesaktuell üblich sei.
Man begrüße deshalb den Vorstoß von Bundesärztekammer-Präsident Klaus Reinhardt, alle Ergebnisse zentral durch das Robert-Koch-Institut (RKI) zu erfassen.
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