Politik

Sozialer Pflegeversicherung fehlen Milliarden

  • Montag, 26. August 2024
/Rattana.R, stock.adobe.com
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Berlin – Seit 1995 soll die soziale Pflegeversicherung (SPV) das Risiko von Pflegebedürftigkeit in Deutschland absichern. Aber der demografische Wandel, steigende Kosten für Personal und der Fachkräftemangel setzen das System zunehmend unter Druck. Das zeigt eine aktuelle Unterrichtung der Bundesregierung.

Der weit überwiegende Teil der pflegebedürftigen Menschen wird in Deutschland ambulant versorgt. Von den rund 5,2 Millionen pflegebedürftigen Menschen waren dies Ende 2023 rund 4,4 Millionen, das sind rund 84 Prozent. 3,1 Millionen Menschen wurden überwiegend durch Angehörige gepflegt. Rund 700.000 Menschen wurden vollstationär versorgt, rund 140.000 in weiteren Einrichtungen.

Die SPV soll dazu beitragen, die aus Pflegebedürftigkeit entstehenden Belastungen zu mildern. Sie ist als Teilleistungssystem konzipiert, das heißt „sie stellt eine soziale Grundsicherung in Form von unterstützenden Hilfeleistungen dar, die die Eigenleistung des Versicherten nicht entbehrlich machen“, wie es in dem Bericht heißt.

Sie wird wie auch andere Sozialversicherungen im Umlageverfahren finanziert, das heißt, die Beitragsein­nah­men eines Jahres werden für die Ausgaben desselben Jahres verwendet, die durch die Leistungsgewährung für pflegebedürftige Menschen entstehen.

Die so entstehenden Gesamtausgaben der SPV lagen laut dem Bericht im Jahr 2023 bei rund 59,2 Milliarden Euro. Die Ausgaben für die ambulanten Leistungen beliefen sich auf rund 36,2 Milliarden Euro, für stationäre Leistungen lagen sie bei rund 19,7 Milliarden Euro.

„Auch in der Ausgabenstruktur der SPV spiegelt sich der Wunsch von Menschen wider, bei Pflegebedürftigkeit in der privaten Häuslichkeit versorgt zu werden“, schreibt das Autorenteam. Auffällig sei das Verhältnis von Leistungsempfangenden zu Leistungsausgaben im vollstationären Bereich: Die 13 Prozent vollstationär ver­sorg­­ten Pflegebedürftigen nähmen rund 34,5 Prozent der Gesamtausgaben in Anspruch.

Der demografische Wandel ist demnach eine besondere Herausforderung für das Umlageverfahren, weil künf­tig weni­ger Erwerbspersonen mehr Pflegebedürftige finanzieren müssen. Dem Bericht zufolge sind es insbe­son­dere drei „szenarienprägende Merkmale“, die den rechnerisch erforderlichen, ausgabendeckenden Bei­trags­satz bestimmen, also den Finanzbedarf der SPV.

Diese drei Merkmale sind die Lohnentwicklung, die Entwicklung der Pflegeprävalenz und die Leistungsdyna­mi­sie­rung. Letztere meint, dass die Beträge steigen, welche Pflegebedürftige von der SPV erhalten, damit der Leistungsumfang konstant bleiben kann und der Eigenanteil der Pflegebedürftigen nicht immer weiter steigt.

„Demografiebedingt und abhängig von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung wird im Teilleistungssystem mit werterhaltender Dynamisierung für pflegebedürftige Menschen langfristig eine Finanzierungslücke im Mittel von 1,4 Beitragssatzpunkten entstehen“, heißt es in der Unterrichtung.

Dies entspreche rund 24 Milliarden Euro. Auch ohne Dynamisierung – also ohne steigende Leistungsbeträge – könnte die Finanzierungslücke im Jahr 2060 bestenfalls immer noch 0,6 Betragsspunkte betragen. Dies würde aber bedeuten, dass die Leistungsausgaben auf dem heutigen Niveau eingefroren würden und wegen der steigenden Preise Pflegebedürftige immer höhere Eigenanteile zahlen müssten.

hil

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