Politik

Spahn findet #allesdicht­machen-Videos teilweise geschmacklos

  • Mittwoch, 28. April 2021
/picture alliance, dpa
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Berlin – In der Debatte um die Kampagne #allesdichtmachen hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Macher der umstrittenen Videos kritisiert. „Ich finde die Kritik in den Clips teilweise geschmacklos und häufig zu undifferenziert. Etwas anderes ließ der Kunstansatz wohl aber auch nicht zu“, sagt Spahn der Wochenzeitung Die Zeit (heute).

„Die Videos sind professionell gemacht. Ich verstehe aber, wenn manche sie zynisch finden; dass es zum Beispiel für Angehörige beatmeter Patienten verletzend ist, wenn da ein Schauspieler durch Atmen in die Tüte scheinbar ein Beatmungsgerät imitiert“, so Spahn weiter.

Der CDU-Politiker hatte kurz nach Erscheinen der Kampagne beteiligte Künstler zu einem Dialog einge­laden. Mit einem von ihnen, dem Schauspieler Jan Josef Liefers, führt er nun in der Wochenzeitung ein Streitgespräch.

„Es ist ja nicht so, dass ich alles, was wir machen, für perfekt halte“, sagt Spahn in dem Gespräch. „Was mich allerdings wirklich stört, ist die vielfach behauptete These, wir hätten in unserem Land gleichge­schaltete Medien, die nur die Regierung beklatschen. Das hat mich auch in Ihrem Video geärgert, Herr Liefers.“

Der Schauspieler erwidert: „Natürlich sind die Videos in ihrer Verkürzung undifferenziert. Und damit natürlich auch zum Teil ungerecht. Das ist aber in diesen kurzen Clips und auf der Ebene von Satire gar nicht anders möglich. Natürlich weiß ich, dass sich viele Journalisten in diesem Land um Neutralität bemühen“, so Liefers.

„Ich bin in der DDR groß geworden – ich bin damit aufgewachsen, dass es Wind von vorne gibt, wenn man sich zu Politik und Gesellschaft äußert", sagte der Schauspieler und fügte hinzu: „In der DDR wäre ich für so ein Video wahrscheinlich in den Knast gekommen. Aber auch das, was wir hier erleben, ist nicht schön.“

Heute steckten die Menschen in Meinungsblasen fest, ein echter Austausch finde nicht mehr statt. „Das führt zu einer nahezu totalitären Argumentation, bei der es ums Rechthaben, auch ums Zerstören des anderen Standpunkts geht.“

Spahn verwahrt sich gegen Forderungen, die Videos hätten nicht erscheinen dürfen: „Hinter jedem Tod steht ein Schicksal, das berührt. Persönlich halte ich aber nichts davon, den Tod als Argument einzu­füh­ren, um Diskussionen zu beenden.“

Die Hysterie in vielen Debatten, die häufig durch soziale Medien befeuert werde, schade mehr, als sie nutze, so der Minister: „Seit ich den Twitter-Account von meinem privaten Handy gelöscht habe, geht es mir jedenfalls viel besser. Und wirklich Relevantes verpasse ich auch nicht.“

Kritik an der Aktion der Künstler war auch aus dem Gesundheitswesen gekommen. Unter #Allemalne­schichtmachen rief die in Sozialen Netzwerken als „Doc Caro“ bekannte Ärztin Carola Holzner die Schau­spieler dazu auf, eine Schicht im Krankenhaus oder im Rettungsdienst zu übernehmen.

„Sie haben eine Grenze überschritten, und zwar eine Schmerzgrenze", sagt die Leitende Oberärztin am Universitätsklinikum Essen in einem Instagramvideo. Holzner bezeichnet diese Aktion als zynisch und sarkastisch. „In der aktuellen Situation haben, abgesehen von den vielen Erkrankten auf der Intensiv­station und in den Krankenhäusern, zynische Diskussionen, Sarkasmus und Ironie, meiner Meinung nach, nichts verloren“, erklärte sie.

kna

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