SPD, Grüne und FDP haben Koalitionsvertrag unterzeichnet
Berlin – Zweieinhalb Monate nach der Bundestagswahl haben SPD, Grüne und FDP ihr gemeinsames Regierungsprogramm besiegelt. Die Spitzenvertreter der Ampelparteien unterzeichneten dafür heute in Berlin ihren Koalitionsvertrag. Die SPD war als Sieger der Wahl hervorgegangen.
Morgen soll der designierte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Bundestag zum Kanzler gewählt und sein Kabinett vereidigt werden. Damit endet nach 16 Jahren die Ära von Angela Merkel (CDU), die bei der Wahl am 26. September nicht wieder kandidiert hatte.
Scholz sagte: „Das soll ein Morgen sein, bei dem wir aufbrechen zu einer neuen Regierung.“ Die Verhandlungsergebnisse der vergangenen Wochen machten Fortschritt möglich. Der Kampf gegen die Coronakrise werde zunächst die ganze Kraft der neuen Koalition erfordern.
Grünen-Chef Robert Habeck sagte, Ziel sei eine „eine Regierung für die Menschen in Deutschland“. Er betonte die Herausforderung, in der größten Industrienation Europas und viertgrößten Volkswirtschaft der Welt Klimaneutralität und Wohlstand zusammenzubringen. Grünen-Chefin Annalena Baerbock sprach von einem Koalitionsvertrag „auf der Höhe der Wirklichkeit, auf der Höhe der gesellschaftlichen Realität“.
FDP-Chef Christian Lindner sagte: „Jetzt beginnt die Zeit der Tat.“ Er erklärte, gemeinsames Ziel sei es, „mehr Fortschritt“ zu wagen. Lindner: „Wir geben uns keiner Illusion hin. Das sind große Herausforderungen, vor denen wir stehen.“
Scholz, Habeck und Lindner stellten sich im Anschluss an die Unterzeichnung den Fragen der Medien in der Bundespressekonferenz. Habeck ist in der neuen Bundesregierung als Wirtschafts- und Klimaschutzminister vorgesehen und übernimmt die Aufgaben des Vizekanzlers. Lindner übernimmt das Amt des Finanzministers.
Der designierte Bundeskanzler Scholz verteidigte dabei Einschränkungen für Ungeimpfte als notwendiges Mittel zum Brechen der vierten Coronawelle. „Das heute uns alle beeinträchtigende Infektionsgeschehen rührt von den Ungeimpften her“, sagte Scholz. „Darüber gibt es gar keinen Zweifel.“
Scholz sagte: „Viele von denen sind auch selbst bedroht, denn die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich infizieren, ist sehr, sehr hoch und deshalb ist es auch sehr wahrscheinlich, dass ein Teil davon erkranken wird und ein weiterer Teil auf den Intensivstationen um das eigene Leben wird ringen müssen.“ Ganz klar sei es deshalb, dass Einschränkungen für diejenigen, die sich nicht impfen lassen haben, nötig seien.
Bund und Länder hatten sich vergangene Woche darauf verständigt, dass der Zutritt zu Geschäften jenseits des täglichen Bedarfs auf Geimpfte und Genesene beschränkt wird. Auch Zugang zu Kultur- und Freizeiteinrichtungen und auch zu Restaurants soll es demnach nur noch für Geimpfte und Genesene geben, ausgenommen sind Kinder und Menschen, die sich nicht impfen lassen können.
„Wir müssen alles dafür tun, dass wir die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger schützen können und das wird nur gelingen, wenn sich sehr viele impfen lassen“, sagte Scholz. Es gebe bereits eine hohe Impfquote, Millionen Auffrischimpfungen kämen derzeit hinzu. Scholz bekräftigte das Ziel von 30 Millionen Impfungen bis Weihnachten.
„Wenn dann Fackelaufzüge vor dem Haus einer Gesundheitsministerin stattfinden, dann ist das als Bedrohung gemeint“, sagte Scholz weiter. Am vergangenen Freitag hatte es einen Fackelaufmarsch von Gegnern der staatlichen Coronapolitik vor dem Haus der sächsischen Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) gegeben. Scholz kündigte an, die Demokraten würden sich einem solchen aggressiven Agieren entschieden entgegenstellen.
Entsprechend äußerte sich FDP-Chef Christian Lindner. „Unser Staat ist eine wehrhafte Demokratie“, betonte Lindner. Der FDP-Chef vertrat die Ansicht, dass das durch die Ampelmehrheit im Bundestag geänderte Infektionsschutzgesetz zu einer gesellschaftlichen Befriedung beitragen könne. Denn wenn es auch künftig Grundrechtseingriffe im Kampf gegen Corona brauche, dann würden diese auf Basis von Parlamentsgesetzen vorgenommen und in öffentlicher Sitzung diskutiert.
Zur Unterzeichnung gab es auch heute wieder Stimmen aus dem Gesundheitswesen. IKK-Geschäftsführer Jürgen Hohnl ist der Koalitionsvertrag bei den wichtigen gesundheits- und pflegepolitischen Themen zu allgemein. „Es braucht jetzt eine rasche aktive Konkretisierung“, sagte er etwa mit Blick auf das Thema Finanzen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).
So sehe der Koalitionsvertrag zum Beispiel höhere Beiträge für ALG-II-Bezieher und eine regelhafte Dynamisierung des Bundeszuschusses vor. Das sei zwar positiv, reiche aber nicht aus, um die Finanzierung nachhaltig abzusichern. Darüber hinaus brauche es eine echte Strukturreform, um die Ausgaben in den Griff zu bekommen.
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