Politik

Streit ums Abtreibungsrecht: Parteien ringen um neue Verfassungsrichter

  • Montag, 7. Juli 2025
/picture alliance, dpa, Uli Deck
/picture alliance, dpa, Uli Deck

Karlsruhe – Im Bundestag sollen drei Posten neu am Bundesverfassungsgericht (BVerfG) besetzt werden. Für zwei von ihnen hat die SPD das Vorschlagsrecht, für einen die Union. Doch vor der für den kommenden Freitag geplanten Abstimmung im Bundestag gibt es offenbar Streit.

CDU/CSU wollen den Richter am Bundesarbeitsgericht Günter Spinner vorschlagen, die SPD möchte die Rechtsprofessorinnen Frauke Brosius-Gersdorf und Ann-Katrin Kaufhold ins Rennen schicken. Heute Abend will der Wahlausschuss im Bundestag über die Vorschläge beraten.

Stimmen aus der Union kritisierten nun allerdings den Vorschlag der Potsdamer Staatsrechtsprofessorin Frauke Brosius-Gersdorf. Dabei geht es offenbar vor allem um ihre Position zum Abtreibungsrecht.

Brosius-Gersdorf war Mitglied in einer von der früheren Bundesregierung eingesetzten Kommission, die empfahl, Schwangerschaftsabbrüche in den ersten zwölf Wochen zu legalisieren. Bislang ist ein Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich verboten, bleibt aber in den ersten drei Monaten nach einer Pflichtberatung straffrei.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtete, dass mehrere Landesminister der Union über den Vorschlag verärgert seien. Eine nicht namentlich genannte Landesjustizministerin der CDU sprach in der Zeitung von einer „polarisierenden Kandidatin“.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann rief die Unionsfraktion auf, trotz Vorbehalten die von der SPD vorgeschlagene Juristin Frauke Brosius-Gersdorf zu unterstützen. „Bei den Richterwahlen für das Bundesverfassungsgericht geht es um die Handlungsfähigkeit unserer Demokratie“, sagte Hoffmann der Augsburger Allgemeinen.

Die zweite, wahrscheinlich höhere Hürde ist die notwendige Zweidrittelmehrheit. Denn Union und SPD haben keine eigene Zweidrittelmehrheit im Bundestag, auch mit den Grünen reicht es nicht. Die FDP ist nicht einmal mehr im Bundestag vertreten. Linke oder AfD müssten also ebenfalls, zumindest zum Teil, für die Vorschläge stimmen.

Linken-Chef Jan van Aken forderte ein grundsätzliches Mitspracherecht bei den Vorschlägen. Auch seiner Partei solle eine Nominierung zustehen, sagte er der Rheinischen Post. Die Linke sei dann auch bereit, jemanden zu wählen, den die CDU vorschlage.

Linken-Politiker Dietmar Bartsch sagte der Welt, es sei „zwingend, dass die Union auf uns zukommt“. Allerdings gilt bei der CDU ein Unvereinbarkeitsbeschluss, der eine Zusammenarbeit mit der Linken ausschließt.

Sollte im Bundestag keine Zweidrittelmehrheit zustande kommen, wäre es auch möglich, dass schließlich der Bundesrat entscheidet. Eine Neuregelung seit dem Jahreswechsel sieht vor, dass der Bundesrat einspringen kann, wenn der Bundestag innerhalb von drei Monaten nach den Wahlvorschlägen des Gerichts niemanden wählte.

Die 16 Verfassungsrichterinnen und -richter in Karlsruhe sind nur auf Zeit gewählt. Ihre Amtszeit beträgt höchstens zwölf Jahre. Außerdem gibt es eine Altersgrenze von 68 Jahren. Verfassungsrichter Josef Christ wurde im November 68 Jahre alt, Ende November lief seine Amtszeit darum ab. Da es aber noch keinen Nachfolger für ihn gibt, ist er geschäftsführend noch im Amt.

Im vergangenen Monat feierte die Vizepräsidentin des Gerichts, Doris König, ihren 68. Geburtstag. Später im Jahr scheidet außerdem ein weiterer Verfassungsrichter aus. Darum gibt es in diesem Jahr gleich drei Vakanzen in Karlsruhe.

Die Verfassungsrichter werden je zur Hälfte von Bundestag und Bundesrat gewählt. Diesmal ist der Bundestag an der Reihe. Die Kandidaten müssen mindestens 40 Jahre alt und Volljuristen sein. Je drei Mitglieder in jedem der beiden Senate am Verfassungsgericht müssen außerdem zuvor für mindestens drei Jahre an einem Bundesgericht gearbeitet haben.

Bislang wechseln sich die Parteien mit Vorschlägen ab. Union und SPD haben jeweils das Vorschlagsrecht für sechs Posten, die Grünen und die FDP dürfen jeweils zwei Kandidaten vorschlagen. Die anderen Parteien sind nicht einbezogen.

Diesmal war die SPD mit zwei Vorschlägen an der Reihe und die Union mit einem. Die Vorschläge brauchen eine Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen, um angenommen zu werden. Nach ihrer Wahl werden die neuen Richter von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ernannt.

afp

Diskutieren Sie mit:

1

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Kommentare (1)

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung