Suizidbeihilfe: Zwei Abgeordnetengruppen wollen ihre Konzepte fusionieren

Berlin – In die Debatte um eine Neuregelung der Suizidbeihilfe kommt Bewegung. Wie das RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND, heute) berichtet, wollen die beiden parteiübergreifenden Abgeordnetengruppen um Renate Künast (Grüne) und Katrin Helling-Plahr (FDP) offenbar ihre Gesetzentwürfe fusionieren.
Damit wollen sie die Chancen für eine liberalere Regelung gegenüber einem dritten Gesetzentwurf der Abgeordnetengruppe um Lars Castellucci verbessern, der auf das Strafrecht zurückgreifen will. Über Details wurde laut Redaktionsnetzwerk striktes Stillschweigen vereinbart.
Der Gesetzentwurf der Gruppe um Lars Castellucci (SPD), Ansgar Heveling (CDU), Kirsten Kappert- Gonther (Grüne), Petra Pau (Linke) und Benjamin Strasser (FDP) will die Suizidbeihilfe über das Strafrecht regeln und sieht ein grundsätzliches Verbot der geschäftsmäßigen, also organisierten Sterbehilfe vor. Verstöße sollen mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe geahndet werden können.
Nicht rechtswidrig wäre die geschäftsmäßige Sterbehilfe danach, wenn bestimmte Beratungspflichten und Wartezeiten erfüllt sind. Konkret sollen Sterbewillige im Regelfall mindestens zwei Untersuchungen durch Fachärztinnen beziehungsweise Fachärzte für Psychiatrie oder Psychotherapie sowie mindestens eine weitere Beratung absolvieren. Zudem ist ein Verbot für die Werbung für die Hilfe zur Selbsttötung vorgesehen. Dieser Gesetzentwurf wurde laut Redaktionsnetzwerk von 111 Abgeordneten unterzeichnet
Der Gesetzentwurf der Gruppe um Katrin Helling-Plahr (FDP) sieht den Aufbau eines Netzes von staatlich anerkannten Beratungsstellen vor, die Sterbewillige ergebnisoffen aufklären. Ärztinnen und Ärzten soll es frühestens zehn Tage nach einer solchen Beratung erlaubt sein, Medikamente zur Selbsttötung zu verschreiben.
Festgeschrieben werden soll auch, dass Dritte ein Recht haben, Menschen beim Suizid Hilfe zu leisten und sie bis zum Eintritt des Todes zu begleiten. Zudem soll niemand aufgrund seiner oder ihrer Berufszugehörigkeit untersagt werden dürfen, diese Hilfe oder Begleitung zu leisten. Dieser Entwurf hat bisher 69 Unterstützer.
Die Gruppe um Renate Künast und Katja Keul (beide Grüne) hat ein „Gesetz zum Schutz des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben“ vorgeschlagen. Darin wird verfahrenstechnisch unterschieden zwischen Sterbewilligen in einer medizinischen Notlage und jenen, die sich nicht in einer medizinischen Notlage befinden. Im ersteren Fall sollen Ärzte sowohl für die Verschreibung als auch für die Beratung zuständig sein.
Bei Sterbewilligen, die nicht in einer medizinischen Notlage sind, sollen die Betroffenen einen Antrag bei einer vom jeweiligen Land zu bestimmenden Stelle stellen. Weitere Voraussetzung ist unter anderem eine zweimalige Beratung in einer staatlich zugelassenen Beratungsstelle.
Der Entwurf sieht zudem Regelungen für das Wirken von Hilfsanbietern vor, etwa zur Abgabe der tödlich wirkenden Medikamente. Für Hilfsanbieter ist eine Zulassung erforderlich. Außerdem soll mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft werden, wer unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für andere oder zum Missbrauch für Straftaten eine Bescheinigung für die Abgabe des Betäubungsmittels zu erhalten. Als Ordnungswidrigkeit soll unter anderem die „grob anstößige“ Werbung geahndet werden können. Diesen Entwurf unterzeichneten bisher 45 Unterstützer.
In einem fraktionsübergreifenden Gruppenantrag setzen sich zudem zahlreiche Abgeordnete für eine Stärkung der Suizidprävention ein. Die Abgeordneten fordern eine Enttabuisierung und Entstigmatisierung von Suizidgedanken durch mehr Information und Aufklärung.
Durch verbesserte Lebensbedingungen müsse der Suizidalität vorgebeugt werden, etwa durch Armutsbekämpfung und Konzepte gegen Vereinsamung. Menschen mit Suizidgedanken bräuchten leicht erreichbare Angebote zur Beratung, Behandlung und Unterstützung am Lebensende. Zudem sollte der Zugang zu Suizidmitteln und -orten reduziert werden. Die Abgeordneten schlagen unter anderem einen bundesweiten Suizidpräventionsdienst vor, der Menschen mit Suizidgedanken und Angehörigen rund um die Uhr online sofortigen Kontakt mit geschultem Personal ermöglicht.
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